Matchball

Der erste Matchball um den direkten Klassenerhalt steht heute Abend an, wenn im Schwabenderby der FCA beim VfB Stuttgart zu Gast ist. Hierbei rückt insbesondere Neu-Coach Markus Weinzierl (unfreiwillig) in den Mittelpunkt des Geschehens, da dieser eine lebhafte sportliche Vergangenheit bei beiden Clubs hat. Insbesondere die unrühmliche 6:0-Niederlage der Stuttgarter gegen den FCA im Jahr 2019 erhitzt noch heute Fan-Gemüter auf VfB Seiten und erfreut insbesondere die FCA-Fans unter uns.

Matchball: es geht um viel und die Anspannung ist hoch (Foto: Peter Schatz / Pool via Imago)

Um die besondere sportliche Brisanz der Partie einzuordnen und auch die Rückkehr von Weinzierl in die Bundesliga zu thematisieren, konnte RoGaz-Autorin Irina im Vorfeld die beiden VfB Fans Steffen (Twitter: @Bruddelei) und Benjamin (@VfBenito) sowie die FCA-Anhänger Leandro (@leandro1907_) und Chris (FCA_Chris1907) für einen virtuellen Austausch gewinnen.

Ein kleiner Tipp noch am Rande: Steffen führt selbst einen Blog und einen Podcast unter dem Namen Bruddelei. Schaut/lest doch mal rein!

Schwabenwechsel

Zu Beginn erst einmal die Frage an die beiden FCA Fans, was sie denn vom ablösefreien Abgang des gebürtigen Stuttgarters Rani Khedira halten. Es wurde zuletzt offiziell vom FCA bekannt gegeben, dass Rani beim FCA nicht verlängert, sondern sich im Sommer Union Berlin anschließen wird:

Leandro wird vor allem Rani Khedira als Mensch vermissen: „Sportlich ist dies sicherlich verschmerzbar. Rani ist nicht unersetzlich beim FCA. Menschlich finde ich es dennoch sehr schade, da Rani ein sympathischer Spieler ist. Ich hoffe aber auf einen guten Nachfolger im FCA-Dress.“ Chris ergänzt noch, dass der FCA in Rani einen sehr mannschaftsdienlichen Spieler verliert, der sich immer den Augsburger Zielen untergeordnet hat. Dafür sind wir alle dankbar und möchten uns für vier erfolgreiche Jahre zusammen bedanken. Viel Erfolg in der Hauptstadt!

Wenn wir schon von Schwaben sprechen, dann darf der gebürtige Ulmer Erik Thommy – als ehemaliges Augsburger Eigengewächs – nicht fehlen. Derzeit steht er (noch) beim VfB Stuttgart unter Vertrag. Allerdings weist derzeit vieles auf eine Trennung im Sommer hin, so sagt VfB-Anhänger Steffen, dass Erik Thommy seit jeher einen schweren Stand bei den Stuttgartern hat. Zuletzt hatte er nach einer auskurierten Ellbogenverletzung Schwierigkeiten, in den Kader zu rücken. Dies liegt möglicherweise an dem überragenden Flügelspieler Borna Sosa als direkten Konkurrenten auf der Position: „Sosa ist derzeit einer der besten Linksaußen der Liga“, so Steffen. Für den VfB wäre der Ausfall von Sosa also eine deutliche Schwächung, Benjamin meint hierzu: „Seine grandiosen Flanken würden uns fehlen. Einen richtigen Ersatz für Borna haben wir bis dato nicht.“

Immerhin droht Sosa für die Partie gegen den FCA auszufallen. Erik Thommy wäre vermutlich erster Ersatz für den agilen Kroaten. Es könnte demnach ein Wiedersehen mit seinem Heimatverein geben!

Ein dritter (Augsburger) Bekannter steht derzeit im Tor des VfB Stuttgart – und ist dort sportlich nicht mehr wegzudenken. Der Schweizer Keeper Gregor Kobel stand in der Rückrunde der Saison 2018/19 im Tor des FCA, man kennt sich also. Auch hier gibt es möglicherweise ein Wiedersehen mit einem alten, gern gesehenen Bekannten. Um den sich weiterhin hartnäckig Wechselgerüchte ranken – unter anderem ist wohl der BVB am 23jährigen dran. Steffen schiebt dem Wechsel auf jeden Fall einen deutlichen Riegel vor, „er darf nicht gehen!“ Für Kobel könnte der VfB möglicherweise an seine Schmerzgrenze gehen. Der BVB müsste also, genauso wie alle anderen Interessenten, tief in die eigene Tasche greifen.

Zurück am Lech -„Pech“ beim VfB

Markus Weinzierl wird – wie eingangs schon angemerkt – am Freitagabend im Mittelpunkt stehen. Zumindest vor Anpfiff. Der neue-alte FCA-Trainer stand in seiner Laufbahn als Trainer schon an beiden Seitenrändern. Für die Augsburger ist es nun die zweite Amtszeit Weinzierls – die meisten Fans bejubeln dies auf den Social Media Kanälen.

Auch Leandro sieht die Rückkehr von Weinzierl positiv: „Ich bin richtig glücklich über die Rückkehr von Markus Weinzierl. Er kennt die Strukturen, das Umfeld und einige Spieler noch aus seiner ersten Amtszeit hier am Lech. Es ist wohl kaum Einarbeitung nötig und wenn man die erste PK von ihm gesehen hat, merkt man die Identifikation mit dem FCA deutlich!“

Auf die Frage hin, ob der Wechsel gegebenenfalls nicht sogar schon zu spät gewesen ist und ob Weinzierl wirklich zum FCA passt, entgegnet der Wahl-Österreicher Chris: „Die Ergebnisse haben einfach zuletzt nicht mehr gestimmt! Der Wechsel – von Heiko Herrlich zu Markus Weinzierl – war an sich nun ein notwendiger und wichtiger Schritt, aber meiner Meinung nach schon etwas zu spät. Markus Weinzierl passt aber als Niederbayer sehr gut zum FC Augsburg als Verein, er ist ein super Kerl und ein ebenso guter Trainer!“

In Stuttgart hingegen hat man den heute 46jährigen Coach gar nicht gut in Erinnerung: „Weinzierl ist – wenn man auf die Ergebnisse zu Beginn schaut – nicht gut in seine Amtszeit beim VfB gestartet. Davon hat er sich nie richtig erholt. Insgesamt war dies aber vom VfB Stuttgart generell keine gute Saison. Ich habe keine positiven Erinnerungen an Weinzierl“, meint Benjamin rückblickend. Steffen stimmt Benjamin hier unumwunden zu, ergänzt weiterhin noch, dass Markus Weinzierl mit einer sehr weltmännischen Art im Ländle aufgetaucht ist, da er zuvor bei ManCity hospitiert hatte. „Er hat sich ein wenig selbst überschätzt. Ich habe Markus immer – ehrlich gesagt – für ein wenig zu soft für den Profifußball gehalten.“

Weinzierl und der FCA – das passt. Auch aus VfB-Sicht, so sagt Steffen beispielsweise: „Weinzierl braucht als Trainer offensichtlich ein ideales Umfeld und das hatte er damals in seiner erfolgreichen Zeit beim FC Augsburg. Da waren aber auch eher umgängliche Typen dabei, so zumindest meine Wahrnehmung als Außenstehender, keine schwierigen Charaktere. Das hat einfach sehr gut funktioniert.“

Beim VfB hingegen habe er nie eine richtige Handschrift seitens des Trainers gesehen, Formationen wurden häufig gewechselt, Spieler positionsfremd eingesetzt. Alles in allem war die damalige 6:0 – Klatsche gegen den FCA, die in der Entlassung Weinzierls mündete, der unrühmliche Höhepunkt einer eher unglücklichen Liaison. Steffen wäre aber trotz allem nicht abgeneigt, mit der Privatperson Markus Weinzierl ein Bierchen oder zwei zu trinken, denn ein netter Typ sei er allemal.

Markus‘ Auftrag

Was Weinzierl in den nächsten drei Spielen noch bewirken kann, das steht (noch) in den Sternen. Spielerisch wird er wohl keine großen Veränderungen vornehmen können, aufgrund der Kürze der Zeit, meint Leandro. „Aber in diese blutleere Truppe ein wenig Leben reinbringen, das kann er“, weiß der 18jährige Augsburger. Sowohl Chris, als auch Leandro (und auch die Autorin des Beitrags) erhoffen sich die Rückkehr der berühmt-berüchtigten „Augsburg DNA“. Oder wie es Twitter-User @Urbster zuletzt kompakt in einem Post ausdrückte:

Weinzierl selbst kündigte indes bereits an, auf altbewährte Kräfte und ihm aus erster Amtszeit noch bekannte Spieler zu setzen, wie beispielsweise André Hahn, Jan Moravek oder Alfred Finnbogason. „Mit den Spielern, die ich noch kenne, verbinde ich viele positive Erlebnisse“, sagte Markus Weinzierl zuletzt gegenüber der Augsburger Allgemeinen.

Chris wünscht sich von Markus Weinzierl, dass er den Klassenerhalt – mit bewährten Kräften – gegen den VfB Stuttgart bereits eintütet. „Danach könnten wir Perspektivspieler, wie Civeja, Berisha und Cheon, eine Chance geben, Bundesligaluft zu schnuppern“. Er habe die Hoffnung, dass Markus Weinzierl als moderner Trainer längerfristig am Lech bleibt, trotz des in Anführungszeichen „nur“ einjährigen Arbeitspapiers. „Der FCA braucht nach Herrlich eine Art Kur. Die Länderspielpause kam genau richtig, das Team konnte sich nun über knapp zwei Wochen hinweg finden, der Trainer noch kurzfristig was einstudieren“, resümiert er.

Der Gegner

Am Freitagabend stehen sich zwei Teams gegenüber, deren Gemütslage derzeit nicht unterschiedlicher sein könnten. Während der FCA in der Selbstfindungsphase steckt und derzeit nicht gerade auf einer Erfolgswelle surft, strotzt Stuttgart mit genugtuendem Blick auf die Tabelle vor Selbstbewusstsein. Der VfB Stuttgart ist wieder wer! Trotz aller internen Machtkämpfe hat die Mannschaft immer abgeliefert. Nicht nur in Augsburg nimmt man dies anerkennend wahr.

„Der VfB Stuttgart hat ein geiles Team, ich mag vor allem Wataru Endo, den würde ich sofort zum FCA holen“, sagt Leandro, während Chris sich insbesondere vom jungen Torjäger Sasa Kalajdzic beeindruckt zeigt. So ein Knipser fehlt dem FCA in dieser Saison. Ein Spieler, auf den der FCA – neben den bereits genannten – besonders achten sollte, ist laut VfB-Fan Steffen der offensive Mittelfeldspieler Philipp Förster: „Förster ist ein sehr guter Box-to-Box-Spieler, zudem einer der lauffreudigsten Spieler der Liga.“

Förster ist einer der Spieler, auf den der FCA im Spiel besonders achten sollte (Foto: A2 Bildagentur/Peter Hartenfelser via Imago)

Wie die Aufstellung des VfB gegen den FCA aussehen könnte, beantwortet Stuttgart-Anhänger Benjamin:

Kobel - Mavropanos, Anton, Kempf - Castro (C), Endo - Sosa, Förster, Massimo, Klimowicz  - Kalajdzcic 

Hinter Keeper Kobel steht derzeit noch ein Fragezeichen. Ausfallen werden laut PK des VfB sicher Kapitän Castro, Kaminski, Mangala und Gonzalez. Wünschen würde sich Benjamin, dass das Nachwuchsjuwel Mohamed Sankoh ein paar Spielminuten erhält. Denn für den VfB geht es tabellarisch nicht mehr um allzu viel. Der erst 17jährige Stürmer kam vor der Saison von Stoke nach Schwaben und gilt als vielversprechendes Talent.

Benjamin und Steffen sind sich einig: „Der Blick auf die Tabelle ist richtig entspannt.“ Steffen hofft, dass man in den letzten drei Spielen den Lernprozess weiter vorantreiben kann, tabellarisch erhofft er sich indes nicht mehr viel. „Mir macht nicht mal eine Klatsche was aus, um ehrlich zu sein. Es geht um die spielerische Weiterentwicklung, um den Lernprozess des Teams“. Mit Blick auf den FCA glauben beide an den direkten Klassenerhalt. Benjamin prognostiziert, „es wird Bremen und Hertha neben S04 erwischen, der FCA hält die Klasse.“

Begehrter Udo

Die Hiobsbotschaft gab es dann schon ein paar Tage vor dem Spiel: Felix Uduokhai fällt für die letzten drei Saisonspiele verletzt aus, benötigt sogar eine OP. Ausgerechnet ebenjener Uduokhai, der innerhalb der letzten Saison beim FCA sogar zum Nationalspieler gereift ist. Das ist bitter! Wir wünschen Felix gute Besserung an dieser Stelle. Leandro beantwortete via Twitterpost dann auch gleich die Frage, wer ihn ersetzen darf – Spoiler: Es ist NICHT Marek Suchy.

Insbesondere Felix Uduokhai hat’s unseren beiden VfB Stuttgart Anhängern angetan. Wenn sie einen Augsburger nach Stuttgart lotsen dürften, würde die Wahl der beiden wohl auf „Udo“ fallen. „Er ist ein fairer Sportsmann und ein richtig guter Abwehrspieler“, so Benjamin. Steffen ergänzt: „Er ist ein wirklich sympathischer Typ, den würde ich mit Kusshand nehmen. Meine Nummer zwei vom FCA wäre dann noch Ruben Vargas.“

Felix fällt die restlichen Saisonspiele aus – bittere Nachricht für den FCA. Er wird uns sehr fehlen!

„Hässliches Unentschieden“

So ganz klar ist die taktische Ausrichtung des FCA gegen den VfB noch nicht. Markus Weinzierl lässt sich verständlicherweise nicht in die Karten blicken, möchte nicht preisgeben, auf wen er setzt. Es wird – wie bereits vermutet – eine Mischung aus altbewährten und altbekannten Kräften sein. Die Aufstellung des FCA könnte also wie folgt aussehen:

Gikiewicz - Framberger, Gouweleeuw, Oxford, Gumny - Moravek, Gruezo - Vargas, Richter, Hahn - Niederlechner

Aufpassen müssen insbesondere Jeff, Framberger, Gruezo, Strobl und Gumny. Jeff geht mit neun, Framberger, Strobl, Gruezo und Gumny mit je vier gelben Karten in die Partie gegen die „anderen Schwaben“. Bei einer weiteren Karte müssten diese also in der so wichtigen Partie gegen den direkten Konkurrenten aus Bremen pausieren. Alfred Finnbogasons Einsatz ist nach wie vor fraglich. Laut Markus Weinzierls Aussagen in der PK vor dem Spiel wird man alles versuchen, um den verletzungsanfälligen Isländer bis Freitagabend fit zu kriegen. Ein Startelfkandidat ist der somit aber eher weniger.

Zuletzt wurde natürlich nach den Tipps zum Spiel gefragt. Und hier gingen die Meinungen teilweise auseinander: Während Benjamin sich weit aus dem Fenster lehnt und ein souveränes „4:2 für den VfB“ prognostiziert, tippt Steffen auf ein „hässliches 0:0“. Auch Leandro tippt auf ein Remis – ein „hässliches 1:1“. Chris schließt sich an und setzt auf ein Unentschieden, jedoch auf ein torreiches. Sein Tipp lautet 3:3 – erstauntes Schweigen und die verdatterte Nachfrage von Leandro „wer soll denn die Tore beim FCA schießen?“ waren die Folge. Die Antwort darauf ist bis heute noch nicht gefunden. Möglicherweise wird sie nie ans Licht kommen.

Matchball!

RoGaz Autorin Irina – auch bekannt als Miss 2:1 – bildet den Schlusspunkt: Ich tippe ganz standesgemäß und sehr mutig auf einen 2:1 Erfolg für den FCA. Warum? „Weil ich ganz arg an den Impuls des Trainerwechsels glaube. Und weil ich denke, dass dies Kräfte in der Mannschaft freigesetzt hat.“

Matchball Nummer 1 liegt bereit – möge das bessere Team gewinnen. In diesem Fall hoffe ich, dass der Bessere der FCA ist. Auf gehts Augsburg, kämpfen & siegen.

Danke zum Schluss noch an Steffen, Benjamin, Leandro und Chris für das Interview! Gut Kick!

Von Oberbayern nach Schwaben

In unserer Serie #ImmernochOriginal1907 erzählt heute Andi, wie er zum FCA gekommen ist. Allgemeine Infos zur Serie und Aktion gibt es hier. Vorher hatten schon IrinaStefanStephan, Sebastian, Franzi und Andy berichtet. Ihr habt auch eine Augsburger Fangeschichte zu erzählen? Dann meldet euch gerne bei uns und haltet die Serie am Leben (kontakt@rosenau-gazette.de). Viel Spaß beim Lesen und ein gutes und vor allem gesundes neues Jahr!

Seinen Verein kann man sich nicht aussuchen heißt es oft. Doch genau das habe ich getan. Ich habe großen Respekt für Menschen, die von Geburt an ein und demselben Klub ihre Treue schwören. Augsburg-Fan seit Tag eins. Das trifft auf mich jedoch nicht wirklich zu. Den FCA fand ich über Umwege.

Seit meiner Geburt Ende der Neunziger spielt der Fußball in meinem Leben eine omnipräsente Rolle. Schuld daran ist mein Vater. Ein fußballverrückter Kerl, der selbst im Kreißsaal die Bundesliga-Konferenz verfolgte und als Trainer der D-Junioren seines Heimatortes im Spiel um die bayerische Meisterschaft mal nur 2:0 gegen die Auswahl des FC Bayern verlor. Bis heute ist er als Coach aktiv und lebt den Fußball. Dabei ist er vielmehr Fan des Sports als von einer bestimmten Mannschaft. Er hat sehr große Sympathien für die brasilianische Nationalmannschaft – ist selbst in Spielen gegen Deutschland für die Selecao -, aber ansonsten keinen Verein, für den sein Herz schlägt. Über meinen Vater bin ich also zum Fußball gekommen, allerdings nicht zum FCA.

Gemeinsam im Sport1-Doppelpass: Mein Vater trägt einen Brasilien-, ich einen FCA-Pulli. (Foto: privat)

FC Augsburg? In meiner Heimat kein Thema

Ich bin im Süden Oberbayerns aufgewachsen. Dort gibt es fast ausschließlich Bayern-Fans, abgesehen von den wenigen verrückten Sechzgern. (In den letzten Jahren hat sich dieses Bild etwas verändert. Immer mehr FCA-Fans kommen mittlerweile aus meiner Region.) Mein erstes Trikot war von Bastian Schweinsteiger, das erste Spiel im Stadion in München. Bayern gegen Sporting Lissabon. Champions League. Mein Nachbar, glühender FCB-Fan mit Dauerkarte, hatte mich mitgenommen. Über die Jahre kamen noch ein paar Spiele und Fan-Accessoires hinzu und die Beziehung zum FC Bayern wurde größer. Ich war damals noch ein kleines Kind und es war sicherlich sehr angenehm, Anhänger eines Vereins zu sein, der jede Woche gewinnt.

Je mehr ich mich allerdings mit Fußball beschäftigte, desto kritischer wurde ich. Ich hinterfragte mein Fan-Sein und kam irgendwann zu dem Entschluss, dass es doch sehr langweilig ist, wenn es stets quasi nur um die Höhe des Sieges geht. Parallel zu diesem Prozess stiegen die Sympathien für den FC Augsburg, der damals noch in der 2. Liga spielte. Wohl auch weil der Verein – auch wenn das einige Schwaben nicht gerne lesen – aus Bayern kam. Ich verfolgte den FC Augsburg schließlich immer intensiver und war am Boden zerstört, als er in der Relegation am 1. FC Nürnberg scheiterte. Aber es sollte ja ein Jahr später klappen.

Wie mich eine Niederlage zum Fan machte

Als Rot-Grün-Weiß in die Bundesliga aufstieg, war ich 13 und bezeichnete mich immer noch als Bayern-Fan. Der kleine FCA nahm jedoch einen immer größeren Platz in meinem Herzen ein und zwei Jahre später durfte ich dann endlich das erste Mal ins Stadion. Freitagabend. Flutlicht. Schalke. Dieses Spiel hat mich endgültig gepackt. Mit welcher Leidenschaft sich Tobi Werner, Dani Baier & Co. in die Zweikämpfe warfen und dafür vom Publikum in der ausverkauften Arena gefeiert wurden, imponierte mir sehr. Das kannte ich vom FC Bayern nicht. Auch wenn der FCA nach einem Doppelpack von Klaas-Jan Huntelaar mit 1:2 verlor, ging ich mit einem Lächeln aus dem Stadion. Das will ich wieder erleben, dachte ich mir.

Jubel dreier FCA-Größen: Tobias Werner brachte Augsburg mit 1:0 in Führung, ehe Schalke die Partie noch drehte. (Foto via imago)

Vielfalt statt Einfalt – der FCA verbindet

Und so setzte ich mich immer häufiger in den Zug, um die zwei Stunden von meinem Heimatort in die Fuggerstadt zu fahren. Oft mit Freunden oder Familienangehörigen, manchmal aber auch alleine. Das machte mir nichts aus, denn einsam war ich bei Spielen des FCA nie. Ich war anfangs überrascht, wie schnell man mit anderen Fans ins Gespräch kommt, liebte es aber immer mehr, mit eigentlich fremden Menschen zu jubeln. Diese verbindende Funktion des Fußballs das erste Mal zu spüren, war beeindruckend. Aus Fremden wurden irgendwann Freunde. Ich lernte immer mehr Menschen kennen, mit denen ich später gemeinsam ins Stadion gehen sollte. Bis heute.

Wie der Fußball allgemein verbindet auch der FC Augsburg. „Und in das Stadion dieses Vereins dürfen keine Nazis rein. Denn hier drinnen gibt es nur Fußballfieber pur. So was Großes gibts nur bei unserm FCA.“ Für mich ging es damals also vom Triple-Sieger zum Bundesliga-Underdog. Das mag für manche unverständlich klingen, war für mich jedoch eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Auch wenn ich nicht mit allen Dingen rund um den Verein einverstanden bin, kann ich mir ein Leben ohne den FCA nicht mehr vorstellen.

Und so kamen im Laufe der Jahre etliche schöne FCA-Spiele hinzu. Am Tag des Ticketverkaufs für die Heimspiele in der Euro-League schwänzte ich die Schule, um an Karten zu gelangen. Ich hatte Fieber. FCA-Fieber. Leider war ich damals noch zu jung für die Auswärtsfahrten nach Bilbao, Alkmaar, Belgrad und Liverpool. Das hätte ich sehr gerne live im Block erlebt. Ohnehin sind es vor allem die Spiele in fremden Stadien, die mich begeistern. Je älter ich wurde, desto öfter verfolgte ich den FCA auch außerhalb Schwabens.

Zu Gast im Borussia-Park: Meiner Meinung nach eines der schönsten und stimmungsvollsten Stadien der Bundesliga. (Foto: privat)

Viele meiner Auswärtsfahrten endeten dabei ernüchternd. Nicht selten ging der FCA als Verlierer vom Platz: Pokalaus in Magdeburg, Last-Minute-Niederlagen in Mainz oder Dortmund, 5:1-Klatsche in Gladbach, 6:0-Packung in München. Nur um ein paar Beispiele zu nennen. Nichtsdestotrotz setzte ich mich immer wieder in Bus und Bahn, um den FCA zu unterstützen. Die enorm engagierten Jungs und Mädels von Fanfahrt.de begleiteten mich dabei regelmäßig. Gemeinsam mit anderen Augsburg-Fans durch die Bundesrepublik zu reisen, war und ist für mich das größte. Selbst die Berlin-Fahrt an einem nasskalten Dezember-Dienstag konnten die unermüdlichen Ray Hartung und Jens Schwarz zu einem Erfolg machen. Vielen Dank, dafür. Die schönste Auswärtsfahrt war gewiss der Sonderzug nach Dortmund. Jau, wurde da gefeiert.

Trotz Last-Minute-K.o. durch Paco Alcacer ein unglaublich schöner Tag. Das 4:3 im Dortmunder Westfalenstadion. (Foto: privat)

Zurück ins Stadion – die Sehnsucht wächst

Generell fehlt mir das Stadionerlebnis sehr. Das 1:1 gegen Freiburg war mein letztes Spiel, das ich vor Ort gesehen habe. Es war am 15. Februar. Auch wenn es eine eher maue, ereignisarme Bundesligapartie war und Tomas Koubek mal wieder schlecht bei einem Gegentor aussah, habe ich sehr schöne Erinnerungen an diesen Tag. Ich stand zusammen mit meinem Mitbewohner, dessen und meinem Bruder im M-Block und sorgte so dafür, dass sie den FCA hautnah erleben konnten. Es hat ihnen sehr gefallen und sie wollen wieder kommen. Mit meinem Bruder war ich zuvor schon öfter im Stadion. Auch er war in Kinderjahren Bayern-Fan, fand durch mich aber zum FC Augsburg. Seit etwa fünf Jahren schlägt sein Herz für Rot-Grün-Weiß. Er wird im Januar 16 Jahre alt, zu Weihnachten schenkte ich ihm eine Mitgliedschaft beim FC Augsburg. Ich bin stolz darauf, ihn auf den richtigen Pfad gebracht zu haben. Gemeinsam mit ihm dem FCA zu unterstützen, bedeutet mir sehr viel.

Vor etwa einem Jahr waren wir im Stadio Renato Dall’Ara in Bologna. Natürlich in FCA-Montur, was am Ende dann auch im Stadionkurier zu lesen war. (Fotos: privat)

Immer noch Original 1907

Ich habe den rasanten Aufstieg des FC Augsburg vom ambitionierten Zweitligisten bis hin zum etablierten Bundesligisten erlebt. Für die weniger ruhmreiche Vergangenheit in profifußballfernen Zeiten bin ich mit meinen 22 Jahren zu jung. Leider. Es muss bombastisch gewesen sein, im ausverkauften Rosenaustadion zu stehen. Für FCA-Fans, die den Klub schon damals unterstützten, habe ich übrigens größten Respekt. Ihr seid das Fundament dieses Vereins.

In den vergangenen Jahren ist der FCA sehr gewachsen. Mitgliedszahlen, finanzielle Möglichkeiten, Ausbau von Stadion, Geschäftsstelle und NLZ. Augsburg ist in der höchsten deutschen Spielklasse angekommen. Dennoch bedeutet es mir jedes Jahr enorm viel, wenn der Klassenerhalt endlich perfekt gemacht werden kann. Denn Augsburger Bundesligafußball ist nach wie vor nicht selbstverständlich. Trotz der positiven Entwicklung des Vereins. Das sollte man nicht vergessen.

Natürlich habe auch ich nichts dagegen, wenn der FCA sportlich auf der Erfolgswelle surft und der Blick vielmehr nach Europa als in den Tabellenkeller geht. Aber letztlich – und das ist doch das wunderschöne – bleiben wir alle auch nach den heftigsten Niederlagen, Patzern und Fehlentscheidungen der Chefetage Fan. Fan eines Vereins, der eine enorm integrative Funktion hat. Wir alle sind #ImmernochOriginal1907 – und werden es für immer bleiben. Nur der FCA!

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