Der FCA & TVT Sports: Wer den Sport mittlerweile finanziert

Als Club im professionellen Fußballgeschäft geht es auch darum, möglichst viel Geld von Werbepartnern einzutreiben, um den kostspieligen Geschäftsbetrieb zu finanzieren. Irgendwer muss ja dafür sorgen, dass die hohen Spielergehälter bezahlt werden können. Die Zuschauer in den Stadien alleine reichen dafür nicht aus. Und auch Investoren sind nicht bereit ohne Gegenleistung immer weiter Geld in einen Verein zu pumpen. David Blitzer hat bisher kein neues Kapital in den Profibetrieb des FC Augsburg eingebracht.

Der FC Augsburg arbeitet in der Akquise von Werbepartnern schon seit vielen Jahren mit der international agierenden Agentur Sportfive zusammen. In diesem Zusammenhang ist der Verein darauf angewiesen, dass die Agentur Partner an Land zieht, die seriös sind und zum Verein passen. Bei Handelseinigkeit schließt der FCA mit dem jeweiligen Sponsor einen Vertrag, der – mal mehr und mal weniger intensiv – von Sportfive vermittelt wurde. In einem dieser Fälle wird eine solche Partnerschaft nun zu Ende gehen und der FCA wird darüber recht froh sein, auch wenn ihm die entsprechenden Einnahmen erstmal fehlen.

Die Zusammenarbeit mit TVT Sports

Am 23.08.2021 verkündete der FC Augsburg, dass TVT Sports offizieller Regionalpartner des FC Augsburg in Asien geworden war. TVT Sports wird in der Pressemitteilung des FC Augsburg als Sport- und Unterhaltungsplattform bezeichnet. Beide Seiten gingen eine auf zwei Saisons angelegte grenzüberschreitende Markenkooperation ein. Der Rest der Pressemitteilung liest sich wie eine Bullshit-Bingo-Karte des internationalen Marketingsprechs. Der FCA ist toll. TVT Sports auch. Win-Win.

Für den FC Augsburg musste die Kooperation auch gar nicht auffällig wirken. Im gleichen Zeitraum schlossen viele Clubs aus der Bundesliga Verträge mit asiatischen Partnern ab. Es konnte der Eindruck aufkommen, die Bundesliga sei in Asien beliebter geworden und Firmen von dort wären nun auch interessiert daran, sich im Lichte der Clubs zu sonnen. Dem war auch so. Die Bundesligaclubs sollten ein seriöses Licht auf einige Unternehmen strahlen lassen. Allerdings eben auf welche, die mit illegalen Aktivitäten ihr Geld verdienen.

Komplize der organisierten Kriminalität?

Die 11Freunde hat in ihren Mai-Ausgabe einen erschreckenden Artikel veröffentlicht, der zeigt, wie die chinesische Wettmafia deutsche Bundesligisten instrumentalisiert.

Bundesliga-Klubs würden niemals mit chinesischen Wettanbietern kooperieren, die im gesamten asiatischen Raum illegal agieren und zum Teil von chinesischen Triaden kontrolliert werden. Beziehungsweise doch. pic.twitter.com/p6Sy4zHTcl— Philipp Köster (@philippkoester) April 21, 2023

Leider taucht in dem Beitrag auch der FC Augsburg auf, der sich wohl durch TVT Sports instrumentalisieren hat lassen. Basierend auf dem 11Freunde-Artikel kann man davon ausgehen, dass sich der FC Augsburg gegenüber der 11Freunde nicht geäußert hat. TVT Sports unterhält wohl Verbindungen zur organisierten Kriminalität in China. Sollten die Zusammenhänge wie dargestellt sein, kann man als Fan zweierlei erwarten: 1. Die Beendigung der Zusammenarbeit 2. Die Einführung von Kontrollprozessen, die solche Fehler in der Zukunft vermeiden. Die Recherchen von 11Freunde wirken so stimmig wie erschreckend.

Konsequenzen

Für die Geschäftsführung des FC Augsburg waren die Enthüllungen mit Sicherheit überraschend. Hier hatte sicher keiner vermutet, dass die organisierte Kriminalität solch ein geschicktes Vorgehen wählt, um seriös dazustehen. Für jeden Verein selbst waren die Vorgänge quasi nicht zu durchschauen. Die Rolle der Agenturen, bei denen in diesem Zusammenhang die Sachverhalte gebündelt bearbeitet werden, ist dabei schon schwerer zu beurteilen. Folgerichtig hat der FCA schon im letzten Sommer strukturell hier mehr Aufgaben zu sich selbst gezogen. Ein Schritt der sich mit Blick auf die Enthüllung rund um TVT Sports als strategisch wertvoll entpuppt.

Bzgl. der Reaktion des FCA stellen sich hier nun einige Fragen. Wie hat man auf die Enthüllung reagiert und warum der 11Freunde nicht geantwortet? FCA-Geschäftsführer Michael Ströll beschreibt die internen Vorgänge nach den Enthüllungen wie folgt: „Grundsätzlich werden Vertragspartner und deren Hintergründe vor Abschluss einer Partnerschaft geprüft. Das gilt für internationale wie nationale Partner gleichermaßen. Ebenso verpflichten wir uns bei abgeschlossenen Verträgen diese und unsere daraus resultierenden Pflichten zu erfüllen. Nach Bekanntwerden der Enthüllung haben wir uns nicht gegenüber den Medien zum Partner geäußert, da auch dies eine vertragliche Verpflichtung darstellte, sich nicht oder nicht schlecht über den Partner zu äußern. Selbstverständlich haben wir aber reagiert und die Partnerschaft nicht weitergeführt, so dass diese in der Zwischenzeit beendet ist.“

Für den FC Augsburg stellt sich natürlich auch die Frage, welche Konsequenzen man aus den Enthüllungen gezogen hat. Hierauf antwortete Michael Ströll wie folgt: „Wir haben nach den Enthüllungen Partnerschaften hinsichtlich des Wertefundaments des FC Augsburg erneut überprüft und werden zukünftige Partnerschaften einer noch detaillierteren Werteprüfung unterziehen.“

Blick in die Zukunft

Nachdem auch die Bundesliga immer internationaler platziert werden soll, werden sich Themen wie das obige häufen. Der (investigative) Journalismus auch als Kontrollinstanz wird hierdurch weiter an Bedeutung gewinnen.

In diesem Zusammenhang werden auch die Sorgfaltspflichten mit Blick auf Compliance für die Vereine immer wichtiger werden. Es kann nicht darum gehen, jedem Euro hinterherzurennen, sondern langfristige Partnerschaften mit Unternehmen aufzubauen, die über gemeinsame Werte und Vorstellungen verfügbaren. Der FCA scheint sich immer mehr in diese Richtung zu bewegen und entsprechend die Weichen zu stellen. Auf Grund der obigen Enthüllungen sollte einem nicht bange werden.

Der FCA vor dem Karren der CSU, Markus Söder im Sattel

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Hendrik Schiphorst, Executive Vice President Football Germany bei Lagardère Sports, ehemals bekannt unter dem Namen Sportfive, und zuständig für die Sponsorensuche beim FCA, teilte unter der Woche bzgl. der gestiegenen Außenwirkung des FCA mit, ein gewisser Abschluss in der jüngeren Vergangenheit zeige „(…) einerseits die in den letzten Jahren gestiegene Bedeutung und Wertschätzung des Vereins als etablierter Bundesligist und demonstriert andererseits, wie relevante Zielgruppen über die Plattform FCA auf sich verändernden Kommunikationswegen erreicht werden können.“ Insgesamt ist dies eine tolle Entwicklung, denn sie führt dazu, dass immer mehr Sponsoren angelockt werden und der FCA die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schaffen kann, um weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben. Auch wenn unser Etat einer der niedrigsten der Liga ist.

Wie groß die Abhängigkeit von unseren Sponsoren wirklich ist und zu welch Aktionen dies führt, zeigte sich unter der Woche als die Verlängerung der Exklusivpartnerschaft mit Lotto Bayern bekannt gegeben wurde. Keinen ganzen Monat vor der Bundestagswahl war der erste Gast, der auf der Pressekonferenz zur Verlängerung vorgestellt wurde, Markus Söder. Markus Söder ist nicht nur Fan des 1. FC Nürnberg sondern auch Staatsminister für Finanzen und ein paar andere Dinge. Und nachdem Lotto Bayern eine Organisation unter seiner Verantwortung ist, nutzte er unter der Woche die Gelegenheit, um sich in der Öffentlichkeit als großer Unterstützer des FCA zu inszenieren. „Wir wollen mithelfen, dass der FC Augsburg in der Bundesliga bleibt.“ war dort zu vernehmen. Die Staatsregierung will also ihren Einfluss nutzen, um uns zum Klassenerhalt zu verhelfen? Der Vertreter von Lotto Bayern musste bei der Pressekonferenz mit einem Platz im Publikum vorlieb nehmen. Der Minister in Person soll Lotto Bayern wohl zu mehr Werbewirksamkeit verhelfen. Schaut euch das Ganze ruhig selbst in Ruhe an:

Am Ende der Pressekonferenz wurde ein sportliches und repräsentables Foto auf dem Rasen des Lechfeldstadions geschossen. Dies war Söder am Ende der Pressekonferenz besonders wichtig und zwar sicherlich nicht nur, um Stefan Reuters Schuhe in den Vordergrund zu rücken (Sneaker! Aber ohne Socken?!). Das Problem an der Aktion war ausschließlich der Zeitpunkt der Verkündung. Nachdem ja immer wieder die Verlässlichkeit der Partnerschaft betont wurde, steht nur zu vermuten, dass die Absicht zur Vertragsverlängerung und die Konditionen schon länger beschlossen waren. Leider hatte der Herr Minister keine Zeit während der parlamentarischen Sommerpause oder an einem Termin noch davor, um den Vertragsabschluss abzusegnen und nutzte nun die Gelegenheit nach einem Abstecher an die Uni Augsburg. Ein Foto des Termins beim FCA  findet sich auf seinem Facebook- und Twitterprofil. Sein Profil geht in der CSU Social Media Seite auf. Und so bekommt der Termin vier Wochen vor der Bundestagswahl leider ein Geschmäckle.

Warum er überhaupt dabei sein musste, ist letztlich ein Rätsel. Seine Funktion bei Lotto Bayern ist doch eher aufsichtsrechtlicher Natur und ich bezweifle, dass er viel Zeit für das Tagesgeschäft dort aufwendet. Noch vor einigen Jahren regelte die gleiche Angelegenheit der Präsident von Lotto Bayern selbst. Mittlerweile übernimmt Söder diese Termine selbst. Es kann festgehalten werden, dass er in der Zeit, die er für diesen Termin aufwandte nicht für die Zukunft der Menschen in Bayern gearbeitet hat. Was für mich viel wichtiger ist: Der FCA hat dieses Spielchen mitgespielt. Es wäre so einfach gewesen, diesen Mist zu unterbinden, indem man einem Termin mit Söder ab 3 Monate vor der Bundestagswahl nicht mehr zugestimmt hätte. Danach wäre das Interesse wohl eventuell wieder erloschen. Vom Abschluss der Sponsorenvereinbarung in Würzburg im Januar findet sich bei Lotto Bayern selbst kein Foto. Rückfragen zum Zeitpunkt oder zur Partnerschaft an sich gab es von den bei der Pressekonferenz anwesenden Journalisten keine. Ein Jammer.

Denn – versteht mich nicht falsch – mein Groll richtet sich gegen unseren FCA. Söder wird sagen: Fragen kostet ja nichts. Er ist im Wahlkampfmodus wie alle Parteien und tritt auf mehreren Terminen täglich auf, um für die CSU zu werben. Mir ist im Prinzip auch egal, um welchen Politiker es sich handelt. Der FCA sollte, nein darf, sich von der Politik nicht vereinnahmen lassen. Fußball ist – über einer klaren antifaschistischen Grenze – dazu da, Menschen zusammenzubringen. Und mir gefällt dieser Anfang nicht, den der FCA unter der Woche gemacht hat. Vielleicht kann nun noch ein anderer prominenter Politiker die Stadionfassade anknipsen und sich dabei fotografieren lassen? Nachdem ich eingangs festgehalten habe, dass die Strahlkraft des FCA immer weiter wächst und ich mit Spiderman aufgewachsen bin, will ich an dieser Stelle einwerfen: „Aus großer Kraft folgt große Verantwortung“. Nutze sie richtig, lieber FC Augsburg.

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