Ein bleibender Eindruck?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette bei presse-augsburg.de.

Als Fan des FC Augsburg sind es momentan nicht die schlechtesten Zeiten. Der Club steht mit 16 Punkten aus 13 Partien zwei Wochen vor Weihnachten im Mittelfeld der Tabelle. Ja, man kann noch abrutschen. Das Tabellenbild hat mir aber schon mal mehr Schrecken eingejagt als momentan. Dazu kommt, dass Verlieren momentan beim FCA nicht sehr häufig vorkommt. Gegen die Bayern in der Allianzarena musste man in der zweiten Halbzeit die Flügel strecken. Die Niederlage zuvor war am 19.10. in Freiburg. Ergebnisseitig kann man sich nun nicht beschweren.

In dieser Woche ist zudem etwas passiert, was in Augsburg Seltenheitswert hat. Der FCA ist ins Viertelfinale des DFB-Pokals eingezogen. Glorreich ging es weder zu Hause gegen Schalke noch nun auswärts in Karlsruhe zu. Der FCA hatte sogar einiges an Glück, um in der Nachspielzeit der Verlängerung noch auszugleichen und dann im Elfmeterschießen zu gewinnen. Bei diesem Erlebnis überlagert bei mir als jemand, der im Stadion live im Gästeblock war, die Euphoriewelle und das seelige Gefühl nach dem Ende, den Frust und Ärger über die sportlich ungenügende Leistung.

Zwischen Frust und Zufriedenheit

Dieser Zwischenraum zwischen „Ach, passt schon“ und „Was spielen die eigentlich wieder für einen Scheiß“ ist dann auch das momentane, tägliche Brot des FCA-Fans. Einerseits hat man sich gegen die Bayern gut gehalten, andererseits kam man in der zweiten Halbzeit kaum mehr aus der eigenen Hälfte raus. Einerseits hat man gegen Bochum gewonnen, andererseits war es offensiv sehr mau und man brauchte einen Elfmeter für das einzige Tor. Einerseits hat man gegen Hoffenheim einen Punkt geholt, andererseits war der Gegner nicht in der besten Verfassung und es hätte auch mehr sein dürfen.

Diese Liste ließe sich nun beliebig fortführen. Einerseits haben wir beim FCA schon schlimmere Zeiten erlebt, andererseits hat doch selbst Michael Ströll im Sommer von Sexyness gesprochen. Und hat nicht Jess Thorup immer vom „Offensive Mindset“ gesprochen? Die Erinnerungen verschwimmen schon ein bisschen, und man mag es nicht mehr so ganz glauben, wenn man all die Spiele in der letzten Zeit gesehen hat.

Das Selbstbewusstsein wächst, und bleibt hoffentlich. (Photo by Alex Grimm/Getty Images)

Die Entwicklung

Derweil ist die sportliche Entwicklung schlüssig, wenn man sie mit ein bisschen Abstand betrachtet. Nach der ersten guten Rumpf-Saison unter Jess Thorup und dem großen personellen Umbruch im Sommer war der Trainer wohl sehr darauf aus, sportlich direkt bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Einzig, defensiv wollte es so gar nicht funktionieren. Heidenheim, Leipzig beides Desaster. Zu Hause gegen Mainz und Bremen Gegentore ohne Ende. Ja, auch in Freiburg sah es nicht gut aus.

Der Fokus rutschte also auf die Defensive. Hinten gut stehen, den Gegner zu Fehlern zwingen. Und man gewann mit dieser Devise gegen Dortmund und Bochum. Punktete gegen Hoffenheim und auswärts in Wolfsburg. Not too bad, wie man heutzutage sagt. Aber abseits aller Pokaleuphorie ja auch recht traurig, was man da so auf dem Rasen beobachten durfte.

Warum habe ich diese Woche nicht nur theoretisch Hoffnung? Weil ich am Samstag in Frankfurt vor Ort war. Und dort war es defensiv gut, als auch offensiv mit Plan. Tietz/Essende wirkten wie ein eingespieltes Sturmduo und legten sich gegenseitig die Bälle auf. Wolf konnte über rechts immer wieder mit nach vorne stoßen. Und man schoss in Frankfurt 2 Tore und konnte beim 2:2 einen Punkt mitnehmen. Verdient, auch weil Labrovic ein Granatenrückhalt im Moment ist (Ja, es war die Woche der Torhüter. Grüße gehen raus an den Elfmeter-Killer Finn Dahmen nach seinem Pokalauftritt. Liebe für euch beide).

Zementieren

Zwei Spiele sind es jetzt noch bis zur Winterpause. Gegen Leverkusen und Kiel. Und die Ausgangslage ist eindeutig. Der FCA muss gegen Leverkusen erneut diesen Mut zeigen, der gegen Frankfurt so viel Spaß gemacht hat. Und -auch wenn Jess Thorup, das vor dem Spiel gegen Kiel wieder klein reden wird – in Kiel auswärts kontrolliert gewinnen. Und damit den positiven Eindruck und die Tendenz zementieren, die ich zumindest in dieser Woche habe. Es geht – gefühlt – voran. Genug? Die nächsten beiden Wochen werden es zeigen.

Die fast perfekte Woche

In der letzten Woche war der FC Augsburg ungewohnt busy. Englische Wochen kennt unser Verein nur aus vereinzelten Erzählungen. Im Europa Pokal hat man lange nicht mehr gespielt und auch im Pokal ging es lange nicht über die ersten beiden Runden hinaus.

Die Gefühlslage vor dieser Woche war nun nicht mit Euphorie übersät. Zu Hause war der FCA zwar in dieser Saison immer in der Lage mitzuspielen, auf der Ergebnisseite hatte man aber schon einige Punkte liegen gelassen. Auswärtsspiele hatten zudem in dieser Saison immer Katastrophenpotential und viele der zu vielen Gegentore hatte sich der FCA in der Fremde gefangen.

Als Fußballfan neigt man ja dazu, entweder an die Meisterschaft zu denken oder direkt den Abstieg zu prophezeien. Vor der letzten Woche tendierte die Stimmung eher zu Zweiterem. In der Nachschau kann man nun konstatieren, dass der FCA nicht nur Ergebnisse eingefahren hat sondern auch auf dem Platz wichtige Schritte nach vorne gemacht hat. Eine Zusammenfassung von aus meiner Sicht wesentlichen Punkten:

Eklig ist sexy

Die Partien zeigen vor allem auch: mit Intensität kann der FCA regelmäßig Ergebnisse einfahren. Michael Ströll hatte im Sommer ausgesagt, dass der FCA sexy werden wolle. Die Ansichten darüber, was als „sexy“ empfunden wird, gehen bekannterweise deutlich auseinander. In der wwk Arena wird es regelmäßig als sexy betrachtet, wenn der Gästeblock verstummt, weil der FCA auch über Zweikampfführung und Intensität im Spiel qualitativ besseren Gegnern die Nerven raubt. Das hat man gegen Dortmund wieder gezeigt. Gezieltes offensives Pressing und aufopferungsvolle Defensivarbeit waren die Grundlage auch für gezielte Ballbesitz- und Offensivphasen. Nur so geht es und ja, ich finde das sexy.

Nedi Labrovic musste in den letzten Spielen nicht mehr so oft hinter sich greifen. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Ergebnisse über die Zeit gebracht

Am Ende gegen Dortmund als auch gegen Schalke kam man dann doch etwas in Bedrängnis. In beiden Fällen konnte man – analog zum Heimspiel gegen Mönchengladbach – die Ergebnisse über die Zeit bringen. Die Mannschaft wurde nicht unruhig und hat zu Hause sich viel Selbstvertrauen und eine breite Brust erarbeitet und weiß, dass sie auch schwierige Phasen überstehen kann. Bei einer Mannschaft, bei der man in den vergangenen Wochen auch mal über mentale Themen nachgedacht hatte, zeigt sich, dass dies in manchen Aspekten aber nicht grundsätzlich ein Thema ist.

Auswärts stabiler

Zum Abschluss der Woche stand dann das Auswärtsspiel in Wolfsburg an. Nachdem in Freiburg die ersten 30 Minuten der Auswärtspartie recht stabil waren, hielt der FCA nun länger durch und stand grundsätzlich defensiv stabil. Man konnte sogar selbst einen Wolfsburger Fehler für sich nutzen und 1:0 in Führung gehen. Für 3 Punkte reichte es am Ende dann doch nicht, weil Wolfsburg eine der eigenen Chancen doch noch nutzen konnte. Die Auswärtsniederlagenserie ist dennoch gebrochen und der FCA hat zumindest in der Fremde mal wieder einen Punkt geholt. Darauf kann man in den kommenden Auswärtspartien aufbauen.

Am Ende der Woche steht das Weiterkommen im Pokal auf dem Zettel, inklusive der Zulosung eines Zweitligisten in der nächsten Runde. Der FCA könnte realistisch im Pokal überwintern und uns dadurch positive Aufregung in der Rückrunde verschaffen. Dazu kommen vier Punkte für die Bundesligatabelle, die zumindest kurzfristig dafür sorgen, dass der FCA sich wieder im Mittelfeld der Tabelle einsortiert und nicht weiter hinten reinrutscht. Insgesamt ist das natürlich alles eine Momentaufnahme. Gerade die Partie gegen Hoffenheim wird zeigen, wie nachhaltig die Entwicklung ist. Aber zumindest heute kann man festhalten, dass man eine positive Entwicklung erkennen kann.

Kurz vor der Ratlosigkeit

Wer FCA-Cheftrainer in diesen Tagen beobachtet, der wird erkennen, dass sich das ein oder andere wiederholt. Hatte man vor dem Spiel in Leipzig noch gehofft, dass die Leistung in Heidenheim ein einmaliger Ausrutscher war, so wurde man durch die erneute 0:4 Klatsche eines Besseren belehrt. Wenn man sich die Abwehr als einzelnen Mannschaftsteil nimmt, dann wurden Probleme nun über mehrere Wochen nicht gelöst.

Der FCA kassiert einfach zu viele Gegentore. Und immer wieder ist man zu Beginn des Spiels und nach der Halbzeitpause nicht voll da. War es Thorup nach seiner Ankunft noch gelungen, der Mannschaft wieder Selbstvertrauen einzuhauchen, so gelingt es seinem Team nun mehr nicht mal mehr Flanken ordentlich zu verteidigen. Oder konzentriert zu Beginn einer Spielperiode auf dem Platz zu stehen. Trübsal ist in Augsburg angekommen.

Einfache Fehler

Was dabei besonders auffällt: die Mannschaft scheitert nicht an komplexen Themen. Es sind die kleinen Dinge, die jeder Profi auf einem gewissen Niveau beherrscht, die momentan nicht abgerufen werden. Die zuvor genannten Flanken resultieren z.B. aus Einwurfsituationen, die schlecht verteidigt werden. Der FCA ist insgesamt im letzten Drittel zu passiv. Vom Thorupschen „Offensive Mindset“ ist ein Jahr nach seiner Ankunft nicht mehr viel zu sehen.

Als Ausrede lässt sich momentan noch verwenden, dass die Mannschaft sehr stark durcheinander gewürfelt wurde. 40 Transferbewegungen gab es auf dem Papier in diesem Sommer. Die halbe Stammelf wurde getauscht. Von den 5 Spielern in Abwehr und Tor sind 4 neu. Man kann also schon nachvollziehen, warum noch nicht alles perfekt läuft. Warum es trotzdem so viele einfache Fehler gibt, die leicht abstellbar sein sollten, verstehe ich persönlich nicht mehr. Wenn man die schlechte Schlussphase der letzten Saison noch zusätzlich mit beachtet, wird es Zeit den Kreislauf der negativen Ergebnisse langsam aber sicher mit einer kleinen Serie zu durchbrechen.

Konkurrenzkampf vs. Vertrauen

Dafür müssen Fehler aber auch Konsequenzen haben. Einerseits hat Jess Thorup in den letzten Wochen immer mal wieder darauf hingewiesen, dass er im Kader eine gewisse qualitative Breite zur Verfügung hat. Auf der anderen Seite hat er nun in der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Gladbach betont, wie jeder seiner Spieler seine Rolle im Kader kennt und weiß, was von ihm erwartet wird. Über die Woche will er den Spielern das notwendige positive Gefühl und Vertrauen geben, so dass sie ihre Leistung abrufen können.

Einerseits bin ich kein Freund von erratischen Kaderreaktionen. Nur weil mal ein Fehler passiert, heißt das nicht, dass es ein Spieler grundsätzlich schlecht macht. Wenn nun aber eine personelle Konstellation, wie die in der Abwehr des FCA, über Wochen keine guten Leistungen abliefert und anscheinend nicht dazu führt, dass Spieler ihr Leistungsmaximum erreichen, muss sich etwas ändern. Es liegt dann am Trainer auch mal zu wechseln und nicht immer wieder die gleichen Spieler von Anfang an spielen zu lassen. Darauf warte ich bei Jess Thorup gerade. Oder seine Mannschaft straft uns alle, in dem sie nun endlich mal konstant ihre Leistung abruft.

Jeffrey Gouweleeuw fällt momentan – wie die gesamte Abwehr – mehr durch Schiedsrichterdiskussionen auf als durch gelungene Klärungen. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Systemfrage

Was bis dahin auch nicht verschwinden wird: die Systemfrage. Thorup wechselt bei den Grundformationen von 4er Kette auf 3er Kette und wieder zurück, Immer wieder stellt er um, ohne dass sich die Leistung dauerhaft verändert. In der Pressekonferenz wurde er nun diese Tage gefragt, wohin das führen soll und was sein langfristiger sportlicher Plan an dieser Stelle ist. Leider konnte er die Frage nicht so beantworten, dass ich verstanden hätte, wohin er langfristig will. Kurzfristig soll wohl die beste Elf spielen unabhängig vom System. Das kann ja im Umkehrschluss nur bedeuten, dass er entweder kein Wunschsystem hat, von dem er überzeugt ist, oder hierfür nicht die richtigen Spieler.

Alles in allem führt die Systemwechselei aus meiner Perspektive nur zu mehr Problemen. Ich hatte schon an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass bei diesen vielen Transferbewegungen zu viele taktische Variabilität jetzt am Anfang nicht sinnvoll ist.

Welche Impulse kommen?

Thorup hat weiterhin ein Arsenal an Möglichkeiten zur Verfügung, um der Mannschaft einen Schubs zu geben. Er könnte sich auf ein taktisches System festlegen, um schneller Automatismen zu schaffen und hierdurch vielleicht schneller Ergebnisse zu erzielen. Er könnt aber auch schlicht Spieler wechseln und anders einsetzen, so dass es besser klappt. Muss Jeffrey Gouweleeuw in der 3er Kette die mittlere Innenverteidiger-Position besetzen oder wäre Keven Schlotterbeck hierfür evtl. besser geeignet?

Es wird auf jeden Fall Zeit, dass der FCA aus der Passivität erwacht. Es muss ein Ende haben mit den schlechten Starts in die Halbzeiten. Das Team muss zeigen, dass es hellwach und bereit ist für die Aufgabe. Ansonsten wird der FCA nicht drum herum kommen – auch wenn Thorups Vertrag gerade erst verlängert wurde – die jährliche Trainerdebatte intern zu führen, ob die Impulse nicht von jemand anders kommen müssten. Das Geschäft ist an dieser Stelle sehr vorhersehbar. Im Gegensatz zum letzten Jahr bin ich in diesem Jahr noch nicht überzeugt, dass der Zeitpunkt schon gekommen ist. Enno Maaßen hatte 5 Punkte gesammelt bis zu seinem Abschied. Thorup hat momentan 4 Punkte auf dem Konto. Die weiteren Berechnungen dürft ihr selbst unternehmen.

Hat sich viel verändert?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne “Einwurf aus der Rosenau Gazette” bei presse-augsburg.de. 

In knapp einer Woche startet der FCA in Berlin im Pokal in die neue Saison. Kommt da Vorfreude auf? Anscheinend schon. Fans besuchten zuhauf das Freundschaftsspiel gegen Leicester in Kempten, beim Familientag gibt es lange Schlangen für Autogramme. Die neuen Trikots erfahren prinzipiell positiven Zuspruch, das Römer-Trikot geht durch die Decke, und auch der Dauerkartenverkauf zeigt weniger verfügbare Tickets als noch im Vorjahr. Dazu kommt, dass der FCA mit einigen Sponsoren neu abschließen oder verlängern konnte. Es sind kaum Gründe vorhanden, Trübsal zu blasen. Wie viel Euphorie ist dennoch berechtigt?

Tore, Tore, Tore

Am Ende sind es Tore, die in allen Ligen für Punkte sorgen werden. Mit Ermedin Demirovic hat der FCA seinen besten Offensivspieler abgegeben. Ob Mounié und Essende adäquater Ersatz sind, wird sich erst noch zeigen. Wenig förderlich ist zu diesem Zeitpunkt auch die ungeklärte Zukunft von Ruben Vargas, der sich den nächsten Schritt und einen Abgang vom FCA gut vorstellen kann, wofür es aber noch ein adäquates Angebot bräuchte – und evtl. dann auch weiteren offensiven Ersatz.

Was in diesem Zusammenhang im Vergleich zur Vorsaison auch flöten geht: die Chemie zwischen Tietz, Vargas und Demirovic. Die drei konnten einfach gut miteinander, hatten sich dazu entschlossen, miteinander die Gegner vor Probleme zu stellen. Auch diese Chemie zwischen den neuen Kollegen wird Zeit benötigen, bis sie wieder vorhanden ist. Sie wird allerdings notwendig sein, um für den FCA für genüg Tore zur sorgen.

Negative Vibes

Der FCA nimmt aus der alten Saison auch eine schlechte Serie mit. Zum Ende der Saison hat er fünfmal verloren. Teilweise hat er auch sehr schlecht gespielt, obwohl es gegen Leverkusen, die schon sicher Meister waren, am letzten Spieltag nicht die befürchtete Katastrophe gab. Dies führt nun nicht dazu, dass der FCA in das neue Jahr geht und auf die eigene Stärke vertrauen kann. Das Selbstbewusstsein ist sich mühevoll neu zu erarbeiten.

Dazu kommt, dass der FCA momentan im Kader schon noch ein paar Spieler hat, die mit ihrer jetzigen Situation nicht zufrieden sind. Irvin Cardona darf sich seit kurzem leihweise für Espanyol Barcelona betätigen und so ist zumindest diese Personalie gelöst. Er war mit seinen Abwanderungsgedanken aber nicht alleine. Zudem suchen Felix Uduokhai und Ruben Vargas nach neuen Herausforderungen. Die Frage ist mal wieder, ob sie sie finden. Für den FCA wird es wichtig sein für die Abgänge den Weg zu ebnen, um einerseits Ruhe zu schaffen und Ressourcen für Zugänge zu generieren.

Auf der Suche nach dem richtigen System

Und während man dann die Testspiele verfolgt, fragt man sich, in welchem System Jess Thorup seine Elf antreten lassen will. Einerseits wirkt das nach vorne, aus den oben genannten Gründen, immer noch nicht abgestimmt. Aber auch hinten kommt zumindest für den ein oder anderen Fan immer noch zu viel Unruhe auf. Dies liegt an Jess Thorups Hartnäckigkeit immer wieder eine 3er Kette aufzubieten.

Auf der Suche nach Lösungen: Ob es wieder so gut gelingt wie in manchen Phasen der letzten Saison? (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Warum diese 3er Kette nicht funktioniert? Es mag am Personal liegen. Jess ist auch in der personellen Besetzung wieder zu Jeffrey Gouweleeuw zurückgekehrt, der in seiner Karriere ein klassischer Innenverteidiger in einer 4er Kette war. Er wird als Kapitän nun noch mehr gesetzt sein, als sowieso vermutet. Auch Felix Uduokhai hat eine Präferenz zur 4er Kette geäußert. Patric Pfeiffer, eher geeignet für die zentrale 3er Ketten Position, kam bisher nicht überzeugend zum Zug und auch bei ihn wurde von Abwanderungsgedanken geschrieben. Es wird an Jess liegen, hieraus die richtigen Schlüsse zu ziehen und entweder zu zeigen, dass die 3er Kette funktioniert oder endlich komplett davon abzulassen.

Die Wahrheit liegt auf dem Platz

Und so kommt rund um den FC Augsburg momentan noch nicht die große Euphorie über die sportliche Entwicklung auf. Dies liegt dann nicht nur daran, dass weiterhin – wie zu diesem Zeitpunkt üblich – am Kader gebastelt wird. Nein, es stellt sich auch die Frage, ob sich der FCA überhaupt verstärkt hat mit Blick auf die kommende Saison und dem qualitativ großen Abgang von Ermedin Demirovic.

Dazu kommt, dass Jess Thorup für sein Personal nach dem richtigen System sucht. Und spätestens an dieser Stelle, fragt man sich, ob sich vor dieser Saison so viel geändert hat im Vergleich zu davor, außer dass es mit dem ein oder anderen Neuzugang vergleichsweise früher geklappt hat (zum gleichen Zeitpunkt suchte man letztes Jahr noch einen Rechtsverteidiger). Enno Maaßen hat auch nach den richtigen Ansätzen gesucht (und sie leider nicht gefunden).

Wer Spannung mag, kommt damit mal wieder voll auf seine Kosten. Sportlich wird der FCA zeigen müssen, dass es besser läuft als im letzten Jahr und nach 5 Spieltagen in der Bundesliga werden wir alle mehr wissen. Alleine, die Wahrscheinlichkeit, dass Jess Thorup nach diesen immer noch Trainer ist, ist in dieser Saison wohl höher.

Euphorisch, aber…

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6 Spiele sind unter Jess Thorup mittlerweile gespielt. Dazu kommt eine Länderspielpause, die er Zeit hatte, um mit der Mannschaft zu arbeiten. Der bayrische Rundfunk hatte zuletzt Thorup und Jurendic als das neue Erfolgsduo beim FC Augsburg betitelt. Bei 3 Siegen und 3 Unentschieden sind das Worte, die zumindest treffend sind, wenn man nur die letzten Ergebnisse betrachtet. Für ein langfristiges Urteil ist es noch zu früh. Nach so kurzer Zeit ist es schwerlich möglich eine Aussage zu den langfristigen Aussichten von Jurendic und Thorup zu treffen, so sehr ich mir den Erfolg selbst wünsche. Und so sehr ich heute auf die Tabelle schaue und grinse.

Diese ersten Ergebnisse bringen vor allem: Ruhe. Was nun nach dieser ersten Phase auch auftaucht sind kleinere Widersprüche. Schwerpunkte, die anders gesetzt werden als vor 6 Spielen. Themen, die nun einen anderen Zungenschlag erhalten haben. Was an manchen Stellen erstmals sehr vielversprechend aussah, ist stellenweise etwas eingetrübt. Fußball ist ein Ergebnissport und ich freue mich über die Siege. Aber klar, wir wären nicht in Augsburg, wenn nicht der ein oder andere – in diesem Fall ich – den Blick direkt auf das mögliche Verbesserungspotential lenken würde.

Offensive Mindset oder Clean Sheet?

Das Erlebnis des Auswärtsspiels in Heidenheim hat sich bei mir eingebrannt. „Offensive Mindset“ war das Stichwort. In der zweiten Halbzeit nachzulegen und nicht die eigene Offensive zu vernachlässigen, obwohl man in Führung liegt. Gegen Frankfurt hat man es erneut gut gemacht und überzeugt. Hat nachgelegt und Demi hätte den FCA sogar mit 3:0 in Führung bringen können.

Gerade vor dem Spiel gegen Union Berlin sah es da schon anders aus. In seinem Eingangsstatement auf der Pressekonferenz vor dem Union-Spiel hob Jess Thorup selbst ein paar Verbesserungen hervor, die ihm mit der Mannschaft gelungen waren. Er betonte u.a. wie die Gegentore pro Spiel gesunken waren, dass die Mannschaft mehr Zweikämpfe gewinnt und, dass nun einmal zu null gespielt werden müsste. Das „Clean Sheet“, das „zu Null“-Spiel, ist die goldene Gans, der der FCA hinterherjagt. Aber warum eigentlich? Die „zu Null“-Spielen werden kommen, wenn der FCA weiterhin mit „Offensive Mindset“ attackiert.

Die verpatzte Bewährungsprobe

Im Spiel gegen Union kam es dann auch zum Schwur. Jess Thorup entschied sich, defensiv nachzurüsten als er 1:0 in Führung lag. Es ging nicht darum, die Offensive zu verstärken und das Spiel zu entscheiden. Thorup machte aus der 4er Kette eine 5er Kette. Der FCA konnte weiterhin keinen Zugriff aufs Spiel finden und Union kam kurz vor dem Ende zum Ausgleich.

Am Ende geht der Blick auf diesen späten Ausgleich. Auf seine Wechsel angesprochen, erklärte Thorup nach dem Spiel seine Entscheidung mit Blick auf die Unioner Offensivbemühungen. An sich mag ich bei der Beurteilung der Entscheidung auch nicht einfließen lassen, wie das Spiel am Ende ausging. Es ist für mich allerdings klar erkennbar, dass Thorup in dieser Situation konservativer agiert hat als noch vor ein paar Wochen und ich heiße das persönlich nicht gut. Da lobe ich mir die Spielentwicklung gegen Frankfurt. Da wünsche ich mir jetzt Konstanz in diesen Entscheidungen.

In der Systemfrage variabel?

Eine andere Frage die sich im gleichen Atemzug auftut: ist der Trainer systemflexibel, so wie er bei seiner Ankunft dargestellt wurde. Thorup hat einen Kader der deutlich auf 5er Kette ausgerichtet ist mit Mbabu und Iago oder Pedersen auf den Außen. Alleine die vielen Innenverteidiger im Kader sprechen schon für dieses System ohne im Übermaß geeignete Außenverteidiger für die 4er Kette zu haben.

Jess Thorup hat sein Team bisher zu positiven Ergebnissen getrieben. Reicht das langfristig? (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Gegen Union Berlin begann der FCA erneut mit 4er Kette. Warum? Man hätte den Gegner überraschen können nach der Länderspielpause. Derweil stellte man erst in der zweiten Halbzeit um und zeigte die eigenen Karten. Ein möglicher Überraschungseffekt ist nun verpufft. Was sich in diesem Zusammenhang zeigen wird: Ist Thorup in der Systemfrage wirklich variabel oder ist er nicht doch ein 4er-Ketten Trainer? Maaßen hat die 5er Kette jedenfalls nicht stabil aufgesetzt bekommen. Thorup schwenkte gegen die Eintracht zur 4er-Kette zurück. Bleiben wir nun dabei?

Jugend adé?

Freddy Jensen fehlte krankheitsbedingt gegen Union. Ansonsten bleibt der FCA weiterhin von schwereren Verletzungen verschont in dieser Saison. Und für die eigene Jugend ist dann kein Platz im Kader. An dieser Stelle mag man sich einmal fragen, ab wann man als Fan zumindest einzelne Minuten einzelner Spieler sehen will, um dem FCA wieder abnehmen zu können, dass er sich auf den eigenen Nachwuchs fokussiert.

Von einzelnen Minuten sind wir aber weit weg, wenn noch nicht einmal ein einziger Spieler aus dem eigenen Nachwuchs es bis in den Kader schafft. Was ist hier die Idee und wie lange soll es brauchen? Im 13. Bundesligajahr ist der FCA dann mal wieder ohne Talente aus dem eigenen Nachwuchs unterwegs. Komplett ohne. Das ist für das 13. Jahr schlichtweg zu wenig, gerade wenn man sich die Investitionen in die Infrastruktur vor Augen führt. Das ist ein Punkt an dem Jurendic und Thorup anpacken müssen. Lieber früher als später.

Identität gesucht

Es bleibt dann an dieser Stelle auch eine Wiederholung, dass man beim FCA momentan noch nicht genau weiß, wo die sportliche Reise hingeht. Die Verantwortlichen sind noch frisch beim Verein und brauchen Zeit. Auf der anderen Seite gilt es bei Fehlentwicklungen früh den Finger zu heben. Scheiß auf „zu Null“-Spiele. Geht auf den Sieg. Unsere Vereinswerte enthalten eben „Mut“ und wenn der abhanden kommt, dann werde ich meckern.

Auf der anderen Seite bin ich mit Blick auf die eigene Jugend die Hinhalterei einfach leid. Zehnter und Kömür sollen eine faire Chance erhalten. Erst war Weinzierl Schuld, der angeblich keinen Bock hatte. Maaßen kam als Jugendförderer und auf einmal fehlte der Jugend die Qualität und Maaßen der Mut. Ich will wissen, woran wir an Thorup bei diesem Thema sind.

Insgesamt ist es Zeit für den FCA, nicht weiter sportliches Chamäleon zu spielen. Welche sportliche Ausrichtung priorisieren wir und warum? Wie leben wir dabei unsere Werte. Es wird Zeit, dass wir uns festlegen. Die Ergebnisse der letzten Phase sollten uns die Sicherheit geben, jetzt direkt Entscheidungen in dieser Hinsicht zu treffen. Aus der Sicherheit heraus und nicht erst, wenn es wieder brenzlig wird.

Nicht schon wieder

Auswärts, Samstag 15:30 Uhr, gegen die Hertha aus Berlin. Eine Hertha, die sich dieses Jahr meist schwertat und deutlich hinter dem FCA stand. Und natürlich, wenn man sich die Ergebnisse des FC Augsburg dieses Jahr anschaut, ging es in die Hose. Der FCA verlor 0:2. Recht sang- und klanglos. Ab Minute 55 ließ man sich das Spiel etwas aus der Hand nehmen. Schnee von oben, Gegentore für Giki. Dass Marco Richter das erste besorgte und ausgelassen jubelte, war da nur das schmerzvolle Tüpfelchen auf dem i für Fans der Fuggerstädter. Wie schon in der Hinrunde zeigt die Partie gegen Hertha Mängel der Mannschaft gnadenlos aus. Und man kommt sich vor wie bei „Und täglich grüßt das Murmeltier“.

Die ganze Vorstellung, nachdem Enno Maaßen auf der Pressekonferenz vor dem Spiel erklärte, man hätte „alles“ umgestellt. Das Ziel war es neue Reize zu setzen, um sowohl samstags um 15:30 Uhr als auch auswärts wieder in die Spur zu kommen. Besprechungen wurden nicht durchgeführt, Abläufe geändert, und am Ende steht erneut eine ernüchternde Niederlage. Man reibt sich die Augen, wie es auch in dieser Form dazu kommen konnte.

Marco Richter mit dem ersten Stich ins Augsburger Herz. (Photo by Reinaldo Coddou H./Getty Images)

Die Bedeutung des Spiels

Was Enno Maaßen auf der Pressekonferenz vor dem Spiel auch herausstellte, war die Bedeutung des Spiels. Das Spiel wurde von ihm als wichtig bezeichnet, abseits davon, dass das nächste Spiel immer das Wichtigste ist. Das gegen Hertha war noch etwas wichtiger. Nach dem Spiel sagte Jeffrey Gouweleeuw aus: „Ich weiß nicht, ob jedem die Wichtigkeit des Spiels bewusst war.“ Vielleicht doch, aber es fehlten die Mittel.

Spieler verlieren Spiele ja nun nicht absichtlich. Aber Spieler gehen mit Drucksituationen unterschiedlich um. Die einen spornt Druck zusätzlich an, andere brechen darunter zusammen oder machen Fehler, die sie sonst nicht machen würden. Nicht zuletzt deswegen arbeiten Teams mittlerweile regelmäßig mit Psychologen zusammen, die sie in diesem Bereich unterstützen. Was subjektiv am Samstag beobachtet werden konnte: Es wurde etwas ungemütlicher und fing an zu schneien, Hertha ging in Führung, der FCA konnte nicht dagegen halten. Das gilt es aufzuarbeiten.

Fehlende Torgefahr

Was dabei mittlerweile ins Gewicht fällt: Der FC Augsburg kann aus dem Spiel heraus nicht für genügend Torgefahr sorgen. Hertha, mit kurzfristigem Ausfall in der Innenverteidigung, zeigte, dass es sich bei Ihnen um eines der eher besser verteidigenden Teams in der Liga handelt. Da tut sich der FC Augsburg nun allgemein schon schwer, Torgefahr aus dem eigenen Spiel zu entwickeln. Gegen Hertha ging da nach vorne nicht viel zusammen.

Einerseits ist hier die Erwartungshaltung an Enno Maaßen vielleicht höher, als dies berechtigt ist. Allerdings bezeichnet er sich selbst auch als einen Trainer, der es bisher immer geschafft hat, seinen Teams ein System mit dem Ball zu vermitteln. Andererseits haben die Winterneuzugänge ihre erste Wirkung auch schon wieder verpufft. Beljo saß am Samstag auf der Bank, Mbuku ward noch nicht auf dem Feld gesehen und auch Kelvin Yeboah hatte einen gebrauchten Tag. Weder das System noch die Einzelleistungen sorgten für entscheidende offensive Momente. So wird das dann halt nichts.

Nicht gut genug war die Leistung, um sich gegen engagierte Herthaner durchzusetzen. (Photo by Reinaldo Coddou H./Getty Images)

Hinten zu löchrig

Und wenn dann nach vorne schon nicht viel geht und vielleicht auch ein bisschen Glück dazu gehört hätte, dann ist das halt hinten manchmal einfach zu löchrig. Richter schließt mit dem zweiten Ball ab. Beim zweiten Gegentor sieht es dann schon wieder arg aus wie gegen Mainz. Man ließ Berlin in der Situation halt einfach machen und verteidigte mehr den freien Raum als den Gegner.

Niklas Dorsch sieht man an, dass er noch nicht bei 100 % ist. Gefährlich waren gegen Hertha vor allem seine Ballverluste im Spielaufbau. Insgesamt leistete sich der FCA zu viele individuelle Fehler, als dass man sich über 90 Minuten beschweren könnte, das Spiel verloren zu haben.

Und jetzt?

Einerseits ist dies überhaupt kein Zeitpunkt, um den Kopf in den Sand zu stecken. Der FCA steht immer noch gut da zu diesem Zeitpunkt in der Saison und ist ein Gegner der ganz grundsätzlich unbequem zu bespielen ist. Nicht jeder Gegner kann sich genügend gut darauf einstellen. Andererseits reicht das halt nicht, um sich mal ins Mittelfeld abzusetzen und durchzuschnaufen. Misslich.

Ich wünsche mir für die nächsten Spiele wieder etwas mehr Unberechenbarkeit, gerade auch im Offensivspiel. Ich bin dafür, die Rotation und den Konkurrenzkampf nochmal anzuheizen. Gibt es rechts offensiv keine Option mit mehr Dynamik als Arne Maier? Ist Niklas Dorsch im defensiven Mittelfeld so weit, wieder von Anfang an zu spielen oder lassen wir vielleicht doch mal das junge Doppel Vieiga/Engels ran? Und haben wir nicht genügend Optionen für links vorne, so dass Ermedin Demirovic in die Spitze rücken könnte? Wenn sich zeigt, dass jemand nicht voll da ist, dann sollte es mittlerweile Alternativen geben. Es liegt nun an Enno Maaßen, die richtige Mischung zu finden. Noch sind wir anscheinend nicht so weit.

Besser


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Der Start in die Rückrunde gleicht dem in die Hinrunde recht genau, wenn man sich nur die Ergebnisse des FC Augsburg anschaut. Erst verlor man gegen Freiburg und dann gewann man gegen Leverkusen. Und jetzt also die Wiederholung. Aber nicht nur der zweite Sieg gegen den vormaligen Angstgegner Bayer 04 Leverkusen führt zu intensivem Augenreiben. Der FCA ist im Vergleich zur Hinrunde kaum wiederzuerkennen. Und das liegt noch nicht mal nur an den vielen Neuzugängen, die noch nicht alle eine Rolle gespielt haben. Ich will nachfolgend einen Blick auf die Gründe werfen

Auf dem Platz

Die Mannschaft hat unter Enno Maaßen im Verlauf der Zeit sichtbar besser Fußball spielen gelernt. Auch wenn, wie gegen Freiburg deutlich zu sehen, die individuellen Fehler nie ganz abgestellt werden können, ist doch eine klare Handschrift zu erkennen. Gegen Freiburg war man lange auf Augenhöhe gegen ein Top-Team der Liga. Wo man in der Hinrunde in der zweiten Halbzeit auseinander brach, war man nah dran am Ausgleich. Gut, am Ende fängt man sich noch eins, aber was soll’s. Die Mannschaft wirkt dazu wie eine Einheit in der jeder seine Rolle annimmt.

Gegen Leverkusen blieb man bei deutlich mehr Ballbesitz geduldig, erarbeitete sich Standards und gewann auf diese Weise. Abgezockt. Die Abgezocktheit fehlt Mergim Berisha in manchen Situationen noch, die sportliche Qualität des Stürmers sticht allerdings momentan hervor. Torbeteiligung um Torbeteiligung machen ihn in dieser Phase zum wichtigsten Augsburger Feldspieler getreu dem Motto: Keine Tore, keine Punkte.

Mit seinen Toren ein Punktegarant: Mergim Berisha. (Photo by Adam Pretty/Getty Images)

Transfers

Mit Niederlechner und Gruezo hat man in der Winterpause zwei Stammspieler aus der Hinrunde abgegeben. Bei beiden war nicht klar, wie der Ersatz einschlagen würde. Neben Ersatz hat man aber bewusst in die junge Breite investiert und so eine Basis geschaffen, damit Enno Maaßen bei seinem energieintensiven Spiel auch genügend Wechselalternativen hat. Wer aus dem Stand alle sieben Neuzugänge aufzählen kann, der ist zu bewundern. Zusatzpunkte gibt es für die passenden Rückennummern. Wenn nun noch der ein oder andere wieder gesundet (Iago oder Reece Oxford) bzw. zu Form findet (Niklas Dorsch), dann hat der Trainer auf einmal die Qual der Wahl.

Neben der Breite hat sich – überraschenderweise – auch direkt etwas in der Spitze des Kaders getan. Man of the Match war am Samstag Arne Engels. Der FCA wurde zum Schnäppchenpreis in Belgien fündig und hat – Stand jetzt – ein Juwel aufgetan. Der Trainer vertraut dem Jungen und dieser zahlt es ihm mit Zinsen zurück. Mit solchen Transfertreffern wird alles leichter. Stefan Reuter kann sich beim Lesen ein Grinsen nicht verkneifen.

Mut

Mit dem Selbstvertrauen kehrt dann doch der Mut ein und man zeigt sich lernfähig. Hatte Enno Maaßen gegen RB Leipzig noch gekniffen und Aaron Zehnter in der Schlussphase nicht eingewechselt, war es nun gegen Leverkusen so weit. Wieder war eine knappe Führung zu verteidigen, wieder brauchte es links schlicht eine Alternative. Aaron durfte ran und der FCA hielt die Führung. Mut hat uns in dieser Saison schon immer weiter gebracht (gerade die mutige Umstellung vor dem Spiel in Bremen). Es sollte eine Maaßensche Routine werden: Im Zweifel, sei mutig.

Mutig in die Zweikämpfe und weiter intensiv in der Spielführung, dann bleibt dieses Team auch erfolgreich. (Photo by Adam Pretty/Getty Images)

Das wird es nun auch vereinfachen, Rückschläge besser zu verarbeiten. Denn die werden weiterhin kommen. Die Mannschaft ist weiterhin dabei sich zu entwickeln. Der Weg bis hierhin macht allerdings viel Mut.

Euphorie

Schlussendlich ist der FCA momentan ein Team, gegen das sich jeder Gegner Punkte hart erarbeiten muss. Sportlich wissen die Jungs, was sie zu tun haben und können die ambitionierten Pläne ihres Trainers umsetzen. Es macht Spaß den einzelnen Akteuren zuzuschauen, wie sie sich reinhauen und zudem den ein oder anderen sehr gepflegten Ball spielen.

Vielleicht habe ich sie ausgeblendet, die vorherigen euphorisierten Phasen. Für mich persönlich fühlt es sich seit langem an, als ob wir uns wieder in die richtige Richtung bewegen. Der sportliche Stillstand ist dank Maaßen und veränderter Kaderpolitik aufgebrochen. Der FCA gewinnt seine Anziehung zurück. Ich fiebere wieder mehr mit. Und der nächste Gradmesser steht schon bevor. Ich war auch das letzte Mal auswärts in Mainz dabei. Spätestens am Samstag wird dann vielleicht auch der Letzte erkennen, dass diese Mannschaft nicht nur besser geworden, sondern auch, wie gut sie schon ist.

Auf dem richtigen Weg


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette bei presse-augsburg.de.

Es war nach dem Hertha-Heimspiel, als selbst die hartgesottenen und leidgeprüften Anhänger des FCA anfingen zu zweifeln. Was sollte das noch werden? Die Mannschaft hatte es erneut nicht geschafft, nach einem Rückstand in ein Spiel zurückzukommen. Hatte Enno Maaßen das Zeug zum Bundesligatrainer? Oder war der von Stefan Reuter zusammengestellte Kader einfach zu schlecht? Schlicht, es passte nicht. Und Fragen kamen auf.

Danach kam die positive Wende. Der FCA vermied es schlicht in Rückstand zu geraten. Giki war immer zur Stelle. Auch als es unmöglich schien. Und nach vorne konnte man sich endlich auch Chancen erarbeiten. Und zweimal den Führungstreffer erzielen. Und so gewann der FCA sowohl gegen den SV Werder als auch die Bayern und konnte sich im Mittelfeld der Tabelle platzieren, bevor es in die Länderspielpause ging, aus der – oh Wunder – alle Nationalspieler unverletzt zurückkamen. Im Spiel gegen Schalke ließ man sich nun auch von einem zwischenzeitlichen Ausgleich der Knappen und einer Unterzahl aus der Ruhe bringen. Es könnte sich das Gefühl einschleichen, dass es beim FCA in die richtige Richtung geht. Dieses Gefühl lässt sich unterfüttern:

Punkte, unersetzlich

Du kannst so gut oder schlecht spielen in dieser Liga, so lange du Punkte holst. Jede sportliche Entwicklung bringt nichts, wenn Spiele nicht gewonnen werden. Ruhe kommt deshalb rein, weil man 3er gegen Bremen und die Bayern geholt hatte. Nach dem glücklichen Sieg gegen Leverkusen war man hernach in der Tabelle abgerutscht und stand zwischenzeitlich schon unter den letzten drei. Sich aus dieser Lage dann erstmal wieder zu befreien und ein kleines Polster aufzubauen ist Gold wert. Und vielleicht später den Klassenerhalt.

Das ermöglichte es, in der Länderspielpause in Ruhe zu arbeiten und das Konzept zu verfeinern. Und sorgt zusätzlich dafür, dass die Mannschaft Selbstbewusstsein tanken konnte. Gerade wenn der Gegner dann mal Druck erzeugt, wie Schalke nach dem 0:1 atmet es sich dann viel lockerer durch die Hose. Die Jungs lassen sich dann momentan nicht aus der Ruhe bringen. Anstatt dessen fahren sie ganz cool einen Konter und stellen auf 2:0. Und selbst nach dem Ausgleich und der gelb-roten Karte für Mergim Berisha stellt der FCA dann mit vorher besprochenen spielerischen Ansätzen auf 3:2. Und sammelt weiter Punkte.

Mit einem Punktepolster im Rücken lässt sich erleichtert aufspielen und weitere Punkte holen (Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Tore und die Gefahr, diese zu erzielen

Punkte gibt es nicht ohne Tore. Die beste Abwehrleistung nützt nichts, wenn man als Mannschaft nicht in der Lage ist Tore zu erzielen. Auch hier gab es kurzfristig Besserung. 1,78 xG gegen Bremen und 2,21 xG gegen die Bayern waren jeweils neue Saisonbestwerte für den FC Augsburg. Man hätte entsprechend gegen beide Clubs auch mehr Tore erzielen können. Die Chancen dafür waren da.

Und das gibt Hoffnung. Hoffnung darauf, auch in der näheren Zukunft Torgefahr erzeugen zu können. Und dabei nicht auf Teufel komm raus auf Ballbesitz setzen zu müssen. Auch gegen Schalke war erneut der Plan, lange Bälle zu spielen und die zweiten Bälle zu erobern. Man überließ dann gerne auch Schalke mehr die Initiative. Und nützte im Konter die Lücken in deren Defensive eiskalt aus. Torgefahr, so wichtig, egal wie man sie erzeugt (wir blenden in der Euphorie der Situation aus, dass die Torgefahr gegen Schalke mit einem xG Wert von 1,48 wieder etwas gesunken ist. Drei Buden für ein Hallerluja).

Spieler mit positiver Entwicklung

Damit das funktioniert, müssen auch die Spieler persönlich ihre Leistung bringen. Und hier ist es am Trainerteam. Die Spieler sollen sich individuell verbessern und ihr maximales Leistungsvermögen ausschöpfen können. Einerseits hat Enno Maaßen Neuzugänge zur Verfügung gestellt bekommen, die schon ihre Qualität zeigen konnten. Berisha, Demirovic und Rexhbecaj sind aus der Mannschaft momentan nicht wegzudenken. Und Maxi Bauer wurde irrsinnig gut integriert und avancierte direkt zum absoluten Leistungsträger.

Aber auch bei anderen Spielern sieht man schon einen Formanstieg gegenüber der Vorsaison. Zuvorderst darf man hier Rafal Beton Gikiewicz nennen. Selbst bei all der Kommunikation im Vorfeld der Saison liefert der Pole absolute Weltklasse-Leistungen ab und hat sich gesteigert. Maaßen wird mit seiner Kommunikation einen Teil dazu beigetragen haben. Es gibt zudem weitere Überraschungen. Einerseits war hier rechts hinten zuletzt Robert Gumny zu nennen (und wir sehen über den einen groben Patzer gegen Schalke vor dem 2:2 einmal hinweg, da er gegen Schalke trotzdem statistisch der stärkste Mann in der Viererkette war und einen Assist zum Siegtor lieferte). Gegen die Bayern stand er defensiv sehr solide, hatte in der Viererkette die zweitmeisten Ballkontakte und die zweitbeste Passquote. Und auch im defensiven Mittelfeld konnte man sich verwundert die Augen reiben. Statistisch gesehen hat Carlos Gruezo gegen die Bayern eine bessere Partie abgeliefert als Elvis Rexhbecaj, wenn man Who Scored glauben mag. Für Arne Maier bleibt da momentan nur die Bank. Gerade diese Entwicklungen auch bei einzelnen Spielern machen mir Hoffnung, dass es nachhaltig voran geht.

Mit der Kurve im Rücken vorwärts. Es ist ein gutes Gefühl. (Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

El Presidente

Und wer hat den Schalter umgelegt? Die Unterschiede gerade in der Bundesliga sind manchmal minimal. Jeder positive Einfluss ist herzlich willkommen. Max Krapfs Serie der Siegesspiele als Präsident hält weiterhin an. Seitdem er vor dem Bremen-Spiel das Ruder übernahm und die Mannschaft adressierte, läuft es. Das mag nur purer Zufall sein, aber auch am Sonntag war er gegen Schalke wieder vor Ort. Der FC Augsburg wollte nie ein Maskottchen haben. Jetzt haben wir gerade Glücksbringer Krapf.

Der hat über seine pure Präsenz hinaus durch seine Amtseinführung und auch den darauf folgenden Mitgliederabend gezeigt, dass er anpacken und den FC Augsburg voran bringen will. Und zwar so, dass sich viele der Anhänger damit identifizieren können. Bei vielem wird sich noch zeigen, wie nachhaltig die Entwicklung ist (genau wie bei der sportlichen Entwicklung der Mannschaft). Zumindest Hoffnung auf bessere Zeiten hat sich bei mir wieder eingeschlichen. Ist es diesmal vielleicht nicht nur eine Aufwärtskurve in der typischen Augsburger Achterbahn? Für den Moment mag ich es gerne glauben.

Power durch Maaßen

Der Saisonstart unter Enno Maaßen hat erst einmal keine Jubelstürme hervorgerufen. Nach 5 Spielen standen 3 Punkte zu Buche und auf Grund der mageren Chancenanzahl war auch nicht viel mehr drin. Offensive Gefahr war oft nicht vorhanden. Und in Rückstand zu geraten war schon spielentscheidend, weil die Mannschaft nicht zurückfand. Danach nun 2 Siege. Zweimal 1:0. Zuerst in Bremen gegen den Aufsteiger. Danach daheim gegen die Bayern. Bedeutet zwischenzeitlich 9 Punkte und Mittelfeld.

Kurz durchschnaufen und dann weiter arbeiten in der Länderspielpause. Was kann man aus den zwei letzten Partien Positives mitnehmen?

Ein Team

Wer sich auf FCA TV die Interviews nach dem Bayernspiel anschaut, der erkennt schnell bei allen befragten Spielern ein Motto: Das Team steht im Mittelpunkt. Maxi Bauer, Elvis und Giki verweisen alle aufs Team. Enno Maaßen hatte gemeint, er habe in der Vorbereitung ein Teamgefühl etabliert. Ich würde sagen, es hat bis nach dem Hertha-Spiel gebraucht, dass dieses Gefühl zu etwas belastbaren geworden ist. Wie bei einer Kastanie ist die Schale aufgegangen und es hat sich eine Bundesligamannschaft gezeigt. Anstatt braun, glänzt sie rot-grün-weiß und macht uns alle Ehre.

Es war in der Presse die Rede von einem entscheidenden Meeting nach dem Hertha-Spiel. Sachliche Kritik auf den Punkt, die nicht alles hinterfragt sondern klar Positives wie Negatives benennt, vermute ich in diesem Meeting. Keine Panik. Aber auch klare Ansagen, mit welchen zusätzlichen Schritten man sich Erfolgserlebnisse sichern will. Zusammen. Einer für den anderen. Enno Maaßen hatte den nächsten Schritt auch schon vor der Saison benannt: jetzt musst du das Geschaffene zusammen halten. Das Teamgefühl weiter festigen. Es kommt mir jetzt schon stärker vor, als es lange war.

Eine auf 3 Punkte fokussierte Mentalität hat wieder Einzug erhalten. (Photo by Leonhard Simon/Getty Images)

Für 3 Punkte

Es gibt eines, dass ich bei Manuel Baum immer besonders positiv fand. Manuel Baum wollte jedes Spiel gewinnen. Auf Sieg spielen. Diese Herangehensweise hat aus meiner Sicht zwei Aspekte: 1. Fußball wird gespielt, um zu gewinnen. Das ist das grundsätzliche Ziel des Spiels. Es ist schon fast philosophisch. Aber auch wenn es kurz vor Schluss noch unentschieden steht, ändert sich nichts am Ziel. 2. Durch die 3-Punkte Regel werden Mut und Siege überproportional belohnt. Wer es schafft zu gewinnen, wird in dieser Liga die Klasse halten und Erfolg haben. Zwischenzeitliche Rückschläge muss man ausblenden können.

Ich freue mich sehr, dass die Fokussierung aufs Gewinnen – auch wenn man der Außenseiter ist – unter Enno Maaßen wieder zurück ist. Elvis hat im Interview nach dem Bayern-Spiel dann auch schon den Blick nach vorne gerichtet: Man fahre auf Schalke, um zu gewinnen. Aber hallo. Genau das! Wenn das bedeutet, dass wir wieder mit vier Offensiven anlaufen, immer gerne. Wenn wir Schalke auf andere Weise überraschen können, her damit. Einzige Devise: Angriff!

Anpassungsfähigkeit

Hier zeigt sich dann auch schon die nächste wichtige Eigenschaft, die ein Trainer in der Bundesliga braucht. Er muss Lösungen finden, auch wenn es dazu führt bestehende Systeme zu hinterfragen. Das Abrücken von der 4er-Kette hat Markus Weinzierl letzte Saison gerettet. Jetzt wo Uduokhai und Oxford ausfallen, war es gerade die Rückkehr zur Viererkette und das Spiel auf den zweiten Ball in der Offensive, das den FCA unter Enno Maaßen wieder zurück in die Spur gebracht hat.

Das wird nun nicht dazu führen, dass Enno Maaßen seine Prinzipien über den Haufen wirft. Es verschafft ihm allerdings Zeit, um in Ruhe an der sportlichen Weiterentwicklung der Mannschaft zu arbeiten. Ich gehe entsprechend davon aus, dass die Taktik offensiv nicht dauerhaft diese Fixierung auf die zweiten Bällen behalten wird. Ein funktionierendes Element, um das er herum bauen kann, hat er aber damit zumindest schon mal gefunden.

Mit breiter Brust nach vorne. Ob die Mannschaft jetzt auch Rückstände ab kann? (Photo by Leonhard Simon/Getty Images)

Selbstbewusstsein vs. Rückschläge

Funktionierende Elemente hin oder her und bei aller Euphorie vor der Länderspielpause: es werden auch wieder Rückschläge kommen. Und genau dann wird sich zeigen, was diese kleine positive Welle Wert sein wird. Kann die Mannschaft nach einem Rückstand zurück ins Spiel kommen mit dem jetzt gestärkten Selbstbewusstsein und Vertrauen auf ihre Stärken? Werden sich in den schwierigen Momenten Führungsspieler auf dem Platz zeigen, an denen sich die Mannschaft aufrichten kann?

An dieser Stelle bleibt es spannend und manche offene Frage lässt sich noch nicht beantworten. Das kann ja aber auch gar nicht anders sein, weil die Entwicklung der Mannschaft noch lange nicht am Ende ist. Die Arbeit geht weiter, das kurze Zwischenhoch steigert ist aber doch sehr förderlich fürs Gemüt.

Auch am Druck hat sich nichts geändert. Mit den Partien gegen Schalke, Wolfsburg in der derzeitigen Verfassung und Köln kommt jetzt eine Phase der Saison, die wegweisend sein wird. Mit einer gesunden Punkteausbeute könnte sich das Team in die Lage versetzten, nicht dauerhaft im Abstiegskampf zu stecken. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich jetzt nicht doch träume nach den letzten Jahren. Bisher war es mal wieder die typische FCA-Achterbahn, zumindest so lange, wie die Siegesserie nicht weiter ausgebaut wird. So weit hätte ich vor wenigen Wochen noch gar nicht zu träumen gewagt. Zumindest im Moment ist nicht auszuschließen, dass diese Saison nicht doch noch gut wird. Komisch, oder nicht?

Macht den Karren wieder flott

Markus Weinzierl stand für den FC Augsburg am Samstag gegen Freiburg, bei der (vielleicht vermeidbaren) 1:2 Heimniederlage nicht am Seitenrand. Corona hatte ihn erwischt und er ist weiterhin in Quarantäne. Es ist müßig zu diskutieren, ob es etwas geändert hatte. Was sicher ist: schon nach den Partien gegen Leverkusen und Gladbach war er in die Kritik geraten. An vielen Stellen wird sich gefragt, wo denn die sportliche Entwicklung geblieben ist. Der FC Augsburg ist weiterhin das Maß an fehlender Konstanz. In diesem Zusammenhang ist das Team unschlagbar. Natürlich fällt dies auch auf den Trainer zurück. Wer aber trägt hierfür neben ihm die Verantwortung?

Keiner übernimmt Verantwortung

Teaminterne Prozesse im Fußball sind eine komplizierte Angelegenheit. Versuche ich selber kurz vor Ende des Spiels den Lucky Punch zu landen oder spiele ich lieber nochmal ab? Oft ist beim Fußball die Teamleistung mehr als nur die Summe aller Einzelleistungen. Spieler müssen sich für das Wohl des Teams hinten an stellen. Das Team muss Vorrang haben. Dafür muss jeder Verantwortung für das Team übernehmen und das persönliche Vorankommen vielleicht auch hinten anstellen.

Der Trainer und sein Team sind in diesem Zusammenhang das regulierende Kollektiv. Sie müssen glaubhaft das langfristige Wohl des Teams im Auge haben und auch schwierige Entscheidungen z.B. bzgl. Startelfnominierungen treffen. Und das Team bestehend aus vielen Einzelspielern muss diesen Entscheidungen Folge leisten. Nun sieht das beim FCA schon seit längerem nicht nach einem eingespielten Team aus. Nach individuellen Fehlern fehlt das gegenseitige Aufbauen. Es fehlen die Antreiber. Es fehlt, das Spieler auch nach außen sichtbar Verantwortung übernehmen. Es wird noch nicht einmal benannt, wer im Mannschaftsrat ist. Selbst im Trainerteam wird die Verantwortung weggeschoben. Reiner Maurer sagte in der Pressekonferenz vor dem Spiel: „Ich fühle mich genau so verantwortlich, wie wenn der Markus dabei ist.“ War er halt nur nicht. Kollektives Wegducken.

Die lahme Ente

Dieser Prozess endet allerdings nicht beim Trainerteam oder Markus Weinzierl. Unter der Woche gab es eine Medienrunde mit Stefan Reuter. Im Gegensatz zur Pressekonferenz nicht öffentlich. Dazu kommt, dass Stefan Reuter sich zur Zukunft von Markus Weinzierl nicht abschließend äußern will. Weggeduckt hat er sich zuletzt bei Tom Scharnagl bei a.tv. Wo ist das Problem mag sich der ein oder andere fragen? Das Problem ist Markus Weinzierls vertragliche Situation. Sein Vertrag läuft zum Saisonende hin aus und wurde bisher nicht verlängert.

Und am Ende war wieder der Trainer verantwortlich für die fehlende sportliche Entwicklung? (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

In den USA nennt man das eine „lame duck„, übersetzt eine lahme Ente. Damit ist gemeint, dass in diesem Fall der Trainer keine Durchsetzungskraft mehr hat, weil ihm die Rückendeckung fehlt. Die Spieler glauben vielleicht selbst nicht mehr an einen Verbleib des Trainers. Entsprechend folgen sie den Vorgaben und Weisungen vielleicht nicht mehr zu 100%. Bewusst oder unterbewusst spielt dann schon keine Rolle mehr. Es gibt eine Ausrede. Wegducken wurde hiermit legitimiert.

Handelt jetzt, zefix!

Das kann so nicht bleiben. Die Verantwortlichen beim FC Augsburg, Stefan Reuter und Klaus Hofmann in allervorderster Front, müssen sich schleunigst klar werden, was sie von den Leistungen von Markus Weinzierl halten. Ich kann mir kaum vorstellen, dass eine Vertragsverlängerung an Markus Weinzierl scheitern würde. Und wenn, dann wäre das auch ein klares Zeichen. Weinzierls Optionen in der Bundesliga werden auf Sicht äußerst begrenzt sein. Er lebt mittlerweile nur noch von seinen längst vergangenen Augsburger Lorbeeren.

Wenn man von der Arbeit von Markus Weinzierl überzeugt ist, dann ist es Zeit den Vertrag schleunigst zu verlängern und dies sofort zu kommunizieren. Wenn die Überzeugung fehlt, dann ist es jetzt Zeit „Servus“ zu sagen. Laut und deutlich. Und mit Überzeugung und Stärke in das letzte Drittel der Saison einzubiegen. Wo liegt hier das Problem?

Die Alternativen

Für mich ist das Problem recht deutlich. Sollte man sich von Markus Weinzierl trennen, dann braucht es eine Alternative. Und um den passenden Trainerkandidaten bestimmen zu können, braucht es ein Anforderungsprofil und bestehende Kontakte. Nach Weinzierls erstem Abgang hatte man sich für Dirk Schuster entschieden, weil er aus wenig viel gemacht hatte in Darmstadt und dort auch die „Augsburger Tugenden“ auf dem Platz sichtbar machte. Danach übergab man an Manuel Baum, um die eigene Jugend besser zu integrieren und sich sportlich zu entwickeln. Und seitdem ist keine klare Strategie bei den Trainerverpflichtungen mehr erkennbar. Martin Schmidt war spielerisch auf Umschaltspiel begrenzt und die Mannschaft zerfiel regelmäßig. Zu Heiko Herrlich habe ich damals schon viel geschrieben und lasse das an der Stelle lieber. Ich habe selten eine weniger überzeugende Führungspersönlichkeit erlebt. Reuter, Hofmann und Co. haben in den letzten Jahren eine Trainerfahrkarte nach der anderen geschossen. Alte Bekannte, die dem FC Augsburg jetzt vielleicht auf dieser Position helfen könnten, sind ihnen vielleicht ausgegangen. Deshalb war ja schon im letzten Jahr Markus Weinzierl der letzte Rettungsanker.

Spoiler Alert: Wahrscheinlich wird man Klaus Hofmann in den kommenden Wochen wieder mehr öffentlich wahrnehmen. Es ist der übliche Prozess. (Photo by Stefan Puchner – Pool/Getty Images)

Und was will die Führungsspitze in Augsburg denn von einem Trainer? Defensive Stabilität und Augsburger Tugenden? Ausgeprägtes Ballbesitzspiel mit in Ruhe vorgetragenen Angriffen und hoher Torquote? Alles getragen von mindestens 5 Eigengewächsen? Alles zusammen? Zwischen den Wünschen und Ansprüchen und der Realität scheint eine kleine Lücke zu klaffen. Die fehlende Fokussierung auf Kernaspekte führte in den letzten Jahren zur Beliebigkeit. Wir sind zur grauen Maus verkommen. Negativ in diesem Sinne: die Teams kommen gerne nach Augsburg, weil es nicht mehr ganz so ungemütlich ist, gegen uns zu spielen.

Was es jetzt braucht

Der FC Augsburg muss sich endlich klar werden, was er sportlich will. Eindruck in den USA schinden und eine Marke aufbauen, oder sportliche Lücken für den Klassenerhalt stopfen? Ach, die Transferphase ist schon vorbei. Wie schade. (Ich zügle den Sarkasmus gleich wieder). Trotzdem ist es noch nicht zu spät. Auch in dieser Phase der Saison hat der Club noch alles selbst in der Hand. Sobald er denn weiß, was er will. Klarheit diesbezüglich sollte schnellstens geschaffen werden.

Auf Basis dieser Analysen sind schon jetzt die Kernpositionen im Club zu besetzen. Angefangen beim Trainer und seinem Trainerteam. Und mit vollster Überzeugung und breiter Brust muss der FCA dann das letzte Drittel der Saison angehen. Alle in die Pflicht nehmen. Zusammenhalten. Dann habe ich zumindest viel Hoffnung, dass die Leistungen des Teams konstanter werden und wir die Klasse halten. Ab nächster Saison wird es dann vielleicht etwas besser.

(Alternativszenario – die realistische Variante)

Wir dümpeln weiter so vor uns hin. Gegen Dortmund wehren wir uns vor eigenem Publikum und verlieren knapp genau wie gegen Bielefeld auswärts. Ach, vielleicht holen wir sogar 1 oder 2 Punkte. Das Management und auch Klaus Hofmann werden in den nächsten Wochen – wie vor dem Abgang von Heiko Herrlich – medial präsenter werden. Es wird – erneut – die fehlende sportliche Entwicklung kritisiert werden. Klaus Hofmann wird fluchend ins Kameralicht rücken auf den Tribünen der Republik. Am Ende wird man Markus Weinzierl freistellen und versuchen dem Team einen neuen Impuls zu geben, um die Klasse zu halten. Die Konkurrenz ist dieses Jahr deutlich stärker und so reicht es vielleicht ausnahmsweise nicht oder wir müssen in die Relegation. Die Verantwortlichen werden sagen, dass ja klar war, dass es uns irgendwann erwischen hatte müssen. An diesem Punkt, sollten wir an diesen Zeitpunkt in der Saison zurückdenken. Noch ist es vermeidbar. Und die Verantwortung hört längst nicht beim Trainer auf.

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