Jetzt ist die Saison des FC Augsburg gestartet und das Ergebnis gegen den SC Freiburg ist nun nicht entscheidend für eine weitere Prognose, so schmerzlich diese 0:4 Niederlage zum Auftakt auch gleich ist. Der FC Augsburg wurde mal wieder von vielen Experten, und Didi Hamann macht hier schon fast einen Sport daraus, als Absteiger getippt. In Augsburg ist die übliche Reaktion hierauf: dann kann doch nichts mehr schief gehen. Und das Abstiegsgespenst brauchen wir nun auch gar nicht geistern zu lassen. Dafür ist es wahrlich viel zu früh.
Dennoch sind die Bedenken externer Experten Ernst zu nehmen. Es ist korrekt, dass Enno Maaßen vor seiner Verpflichtung durch den FC Augsburg keinerlei Bundesligaerfahrung als Trainer gesammelt hat und es sich erst noch zeigen wird, ob er die Eignung für diese Liga mitbringt. Andererseits muss Enno Maaßen mit dem Kader arbeiten, der ihm durch Stefan Reuter und Team zusammen gestellt wurde. Und hier stellt sich zum Saisonstart dann doch noch die ein oder andere Frage.
Kaderstärke insgesamt
Wenn man die Kaderstärke der Bundesligamannschaften aus einer objektiven Brille betrachten will, dann hilft es @Goalimpact auf Twitter zu folgen. Der Account liefert regelmäßig Einschätzungen zur Stärke der Mannschaften inkl. einer Prognose über das Abschneiden in der Saison. Das Ergebnis vor Saisonstart: Platz 17 für den FC Augsburg mit einer Kaderstärke von 135,9. Knapp hinter uns nur noch der VfB Stuttgart. Vor uns mit ca. 4 Punkten Abstand eine Gruppe mehrerer Teams zwischen Platz 10 und 16. Ein Abgleich mit den Kaderwerten von vor 2 Jahren zeigt ein gewisses Abrutschen auf. Vor 2 Jahren kurz nach dem Deadline-Day lag der Wert bei 138,9 und der FCA lag in den Prognosen im Mittelfeld der Liga.
Dieser Eindruck spiegelt dann auch die Arbeit des Managements über den Sommer wieder. Der FC Augsburg hat mit Finnbogason und Gregoritsch Spieler abgegeben, die (bei Finnbo schon eine Weile zurück liegen) für einige Entscheidungen zu Gunsten des FCA gesorgt haben. Demirovic soll sich zu einem Faktor entwickeln, ist ein solcher aber noch nicht. Und auch die Verpflichtung von Elvic Rexhbecaj stopft vorerst nur das Verletzungsloch im Kader, dass durch Dorschs Mittelfußbruch entstanden war.
Kaderveränderungen
Das Gefährliche: Die Konkurrenz schläft nicht. Gerade die Kaderentwicklungen bei Bochum, Freiburg und Co. haben dafür gesorgt, dass der FC Augsburg im Ranking abgefallen ist. Der FCA-Wert vor der letzten Saison bei 135,2 und somit herrscht im Vergleich zur Vorsaison fast Stillstand. Der Kader ist somit zwar minimal besser geworden, allerdings in geringerem Maße als bei der Konkurrenz. Dabei ist die Startelf des FC Augsburg ausgeglichen besetzt und weißt in Bestformation keine großen Lücken auf.
Die Schwachstellen liegen woanders. Die ausgeglichene Besetzung bedeutet auch, dass kein Spieler oder vielleicht auch mehrere deutlich hervorstechen. Auch gehen dem FCA nach dem Abgang von Gregerl ein bisschen die Unterschiedsspieler aus. Entsprechende Zugänge waren hier diesen Sommer nicht zu verzeichnen. Eine weitere Schwachstelle ist die Bank/Tribüne. Hier wird es beim FCA dann schon recht schnell eng und die Qualität fällt ab. Deswegen war der Rexhbecaj-Wechsel jetzt auch so wichtig. Die Transferperiode endet aber nun ja doch auch irgendwann und die Spieler müssen auch erst noch in die Mannschaft integriert werden.
Spielerverbesserungen
Ist Enno Maaßen dem Ganzen nun hilflos ausgeliefert? Oder kann er auf den Kader Einfluss nehmen? Momentan liegt sehr viel am Trainer und seiner Arbeit mit den Spielern. In ihren jungen Jahren können Spieler ihren Goalimpact-Score regelmäßig steigern, weil sie sich sportlich verbessern (Freiburg, wir sehen dich). Abgänge werden durch Verbesserungen der anderen Spieler aufgefangen. Wunderdinge sind hier allerdings nicht zu erwarten, wie sich schon in der ersten Partie deutlich gezeigt hat.
Solche Verbesserungen waren jetzt auch in der letzten Saison nicht im benötigten Maße ersichtlich. Sollte es Enno Maaßen gelingen aus dem vorhandenen Spielermaterial mehr als seine Vorgänger heraus zu kitzeln, dann wird nicht nur der Goalimpact-Score steigen, sondern er auch die entsprechende Prognose übertreffen.
Ein schlechtes Zeugnis
Für Stefan Reuter ist die Situation bis dato allerdings ein schlechtes Zeugnis. Er hat es bis Saisonbeginn nicht geschafft seinem Cheftrainer eine Mannschaft zur Verfügung zu stellen, die – auf Basis der objektiven @Goalimpact-Werte und nicht nur meiner persönlichen Meinung nach – im Bereich zwischen den Tabellenplätzen 10-16 konkurrenzfähig ist. Nach so langer Bundesligazugehörigkeit fällt das Team hinter der Konkurrenz ab und vom Trainerneuling in der Bundesliga wird direkt erwartet, über den eigenen Möglichkeiten abzuliefern. Gerade über die letzten zwei Jahre hinweg ist hier ein schleichender Abfall zu erkennen.
Und bevor nun der ein oder andere wieder mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten kommt. Diese begründen nun wohl nicht, dass wir von Bochum überholt wurden. Es erwartet hier niemand Wunderdinge. Warum der Kader schlechter als vor zwei Jahren dasteht, ist zumindest erklärungsbedürftig, wo doch auch teure Transfers getätigt wurden.
Ausblick
Was sich neben der Prognosen der Experten nicht verändert hat: es wird ein hartes Stück Arbeit für den FC Augsburg in der Liga zu bleiben. Etwas härter vielleicht, als es der ein oder andere erwarten würde und es kann ganz schnell sein, dass die leichte Euphorie und die gute Stimmung, die vor Saisonstart geherrscht haben, schwinden. Ja, das erste Spiel ist hier schon ein erstes deutliches Indiz. Kurzfristig würde es sehr helfen, wenn Stefan Reuter doch noch 1-2 Unterschiedsspieler an den Lech locken würde, die uns sofort helfen.
Über die Saison hinweg liegt unser Schicksal nun in den Händen von Enno Maaßen, der weiter mit der Mannschaft daran arbeitet, seine Art des Fußballspiels umzusetzen und das geformte Team zusammenzuhalten. Nur, wenn Spieler über ihre derzeitige Leistungsfähigkeit hinauswachsen, klappt es mit dem Klassenerhalt. Goalimpact meint, dass wir zu 30% direkt absteigen. Zu 20% landen wir allerdings auch auf einem einstelligen Tabellenplatz. Zu keinem Zeitpunkt in der Saison ist die Aufregung so hoch, wie die Saison verläuft. Hoffen wir, dass das Desaster ausbleibt.
Samstag, 23.07.2022… Es lief die 43. Spielminute gegen Stade Rennes, als Niklas Dorsch plötzlich am Seitenrand verletzt liegen blieb. In der Pressekonferenz nach der Partie teilte Trainer Enno Maaßen der Presse und den Fans die Schockdiagnose mit: angebrochener Mittelfußknochen. Reine Ausfallzeit: 4 bis 6 Wochen. Hinzu kommt noch eine gewisse Reha- und Aufbauzeit. Schon vor der Verletzung Dorschis wünschte sich Enno einen weiteren Box-to-Box-Spieler im zentralen Mittelfeld. Jetzt wurde der Wunsch zu einem zwingenden Muss. Sportdirektor Stefan Reuter handelte schnell, indem er mit Elvis Rexhbecaj vom VfL Wolfsburg einen Spieler verpflichtet, der bereits einiges an Erfahrung in der Bundesliga vorweisen kann. Doch wer ist der 24 Jahre alte Mittelfeldspieler? Wir haben uns seine Vita mal ein bisschen genauer angeschaut und heißen ihn in unserer schönen Fuggerstadt herzlich willkommen.
Erste Schritte im Fußball
Elvis Rexhbecaj wurde am 01. November 1997 in Đonaj (Gjonaj) geboren. Das liegt im heutigen Bezirk Prirzren im Kosovo. Zum Zeitpunkt seiner Geburt war das noch ein Teil der Bundesrepublik Jugoslawien, in der über die ganzen 90er Jahre hinweg Krieg herrschte. Als Elvis gerade einmal 2 Jahre alt war, zog die Familie Rexhbecaj nach Deutschland, wo sie sich zuerst in Spremberg und anschließend in Brandenburg an der Havel niederließen.
Mit dem Fußball begann der zentrale Mittelfeldspieler in der F-Jugend seines Heimatvereins, dem Brandenburger SC Süd 05. Dort spielte er bis 2010. Schon damals wurde er aufgrund seines herausragenden Talents von einigen Bundesligisten umworben. Doch damit er nicht in ein Internat muss und seine Familie ihn begleiten konnte, entschied er sich für den VfL Wolfsburg. Sein Vater erhielt bei den Wölfen sogar eine Anstellung als Platzwart.
Von 2010 bis 2016 durchlief Rexhbecaj sämtliche Jugendmannschaften des VfL, bevor er schließlich Teil der zweiten Mannschaft wurde, die damals in der Regionalliga Nord spielte. Sein Debüt gab er im Oktober 2016, als er gegen Eintracht Norderstedt in der Startelf stand und 55. Minuten lang auf dem Platz sein Können unter Beweis stellen durfte. Für Wolfsburg II lief er bis 2019 in insgesamt 47 Partien auf und steuerte 12 Tore bei.
Wolfsburger Profiluft
Doch bereits in der Saison 2017/18 gehörte Elvis Rexhbecaj auch dem Profikader der Wölfe an, denn am 20.08.2017 erhielt er seinen ersten Profivertrag mit einer Laufzeit von 3 Jahren. Am 28.01.2018 durfte er sich schließlich über sein Bundesligadebüt freuen – unter einem Trainer, den wir in Augsburg nur allzu gut kennen. Unser schweizerischer Ex-Coach Martin Schmidt stand nämlich damals an der Seitenlinie der Wölfe. Allerdings nur bis zum 19.02.2018, bevor er freiwillig zurück trat. Die Partie in Hannover endete im Übrigen mit einem 1:0-Sieg für die Gäste.
Auf Martin Schmidt folgte Bruno Labbadia, der den Mittelfeldspieler keinen Monat nach seinem Antritt das erste Mal durchspielen ließ. Zwar war das vielen Verletzten im Wolfsburger Kader geschuldet, doch Elvis wusste so sehr von sich zu überzeugen, dass er in der Folgesaison nahezu zum Stammspieler avancierte. In wettbewerbsübergreifend 26 Partien stand er bei den Wölfen auf dem Platz. Zudem durfte der geborene Kosovo-Albaner auch über seine ersten Bundesligatreffer jubeln. Am 18. Spieltag der Saison 2018/19 traf er per Abstauber zum zwischenzeitlichen 1:1 auf Schalke. Das Ergebnis – 2:1 für die Hausherren – trübte die Freude aber letztendlich ein wenig.
Im Mai 2019 verlängerte der damals 21Jährige schließlich seinen 2020 auslaufenden Vertrag um weitere 3 Jahre bis 2023.
Elvis hat sich in den vergangenen Jahren toll und vor allem kontinuierlich entwickelt und den Sprung vom Jugend- zum Bundesligafußballer geschafft, ohne den Fokus für die wesentlichen Dinge zu verlieren. Er arbeitet hart, ist sehr lernbegierig und noch nicht am Ende seiner Entwicklung angekommen. Wir freuen uns daher sehr, dass er seinen bei uns eingeschlagenen Weg fortsetzen wird.
Bestimmt hatte der junge Mittelfeldspieler große Hoffnung, sich bei seinem Heimatverein langfristig durchzusetzen. Doch sein Förderer Bruno Labbadia wollte seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängern. Und das, obwohl er mit dem VfL souverän Rang 6 und damit die Europa League erreicht hatte. Es übernahm der Österreicher Oliver Glasner, der nicht mehr auf Rexhbecaj setzte. In der Hinrunde der Saison 2019/20 standen nur 5 Einsätze für ihn zubuche – davon 3 bei der zweiten Mannschaft, einer in der Europa League und einer im DFB Pokal. In der Bundesliga bekam der Kosovo-Albaner nicht eine einzige Minute Spielzeit.
Also ließ sich Elvis Rexhbecaj im Januar 2020 für 1,5 Jahre an den 1. FC Köln verleihen. Die Kölner steckten tief im Abstiegskampf. Mit gerade einmal 17 Punkten nach 17 Spieltagen drohte auf Rang 15 auch noch der direkte Abstieg. Rexhbecaj selbst aber schlug ein wie eine Bombe. Schon in der Rückrunde 2019/20 konnte er 4 Torvorbereitungen beisteuern und half somit dabei, dass die Kölner letzten Endes mit 36 Punkten auf Rang 14 die Saison beenden konnten. Übrigens punktgleich mit dem FCA, aber aufgrund des besseren Torverhältnisses auf der besseren Tabellenplatzierung.
Die darauffolgende Spielzeit 2020/21 war Rexhbecajs bisher mit Abstand stärkste. In insgesamt 33 Partien trug er das Trikot mit dem Geißbock auf der Brust und erzielte dabei 7 Treffer, was ihn zusammen mit Ondrej Duda auf Platz 1 der vereinsinternen Torjägerliste beförderte. In der kompletten Zeit wurde er von den Coaches Markus Gisdol und anschließend Friedhelm Funkel im kompletten Mittelfeld eingesetzt – defensiv, zentral und offensiv. Elvis Rexhbecaj ist hier sehr flexibel.
Zwar mussten die Kölner den Weg über die Relegation nehmen, doch am Ende setzten sie sich gegen Holstein Kiel durch und hielten die Klasse. Elvis selbst verpasste die beiden Partien aufgrund eines Pferdekusses, was bisher seine einzige Verletzung in seiner gesamten Karriere gewesen ist.
Zu gerne hätte ihn der Club aus NRW damals behalten und die vereinbarte Kaufoption gezogen, doch letztendlich scheitere der Deal, da 7 Millionen einfach nicht stemmbar waren. Doch die Fans der Geißböcke werden Elvis wohl immer als den Derby-Helden in Erinnerung behalten. In der Auswärtspartie gegen den Erzrivalen Borussia Mönchengladbach schoss der Mittelfeldspieler die Kölner durch zwei Treffer zum verdienten 1:2-Sieg.
Weiter ging’s in Bochum
Zurück in Wolfsburg wartete mit Mark van Bommel wieder ein neuer Trainer, doch auch er wollte nicht auf den damals 23Jährigen setzen. Die Konkurrenz im Mittelfeld war mit Maximilian Arnold, Xaver Schlager, Josuha Guilavogui und Yannick Gerhardt einfach zu groß. Also ließ sich Elvis zum Ligakonkurrenten VfL Bochum verleihen. Das Kuriose dabei: Wolfsburg gegen Bochum lautete gleich mal die Partie am 1. Spieltag. Elvis stand gegen seinen Heimatclub in der Startelf, doch als Sieger konnte er nicht vom Platz gehen. Denn am Ende gewann Wolfsburg mit 1:0.
In Bochum traf unser neuer Spieler auf einen alten Bekannten. Mit Trainer Markus Reis hatte Rexhbecaj nämlich schon in der U19 der Wolfsburger das Vergnügen. Insgesamt dürfte es eine zufriedenstellende Saison für den 24 Jahre alten Spieler gewesen sein. In 32 Bundesliga- und allen 4 Pokalpartien stand er auf dem Platz und bekam das, was sich jeder Spieler wünscht: Einsatzzeit! Zwar konnte er keinen eigenen Treffer für die Bochumer erzielen, aber er steuerte im Pokal 2 Torvorlagen bei. Allerdings nicht gegen uns, sondern erst im Achtelfinale gegen Mainz und im Viertelfinale gegen Freiburg, wo sich der VfL schließlich nach der Verlängerung mit 1:2 geschlagen geben musste.
Durch seine Leistungen avancierte Elvis Rexhbecaj am Ende sogar zum Fanliebling an der Castroper Straße. Allerdings stand von vorneherein fest, dass Bochum den Mittelfeldspieler nicht würde halten können. Die geforderte Ablösesumme konnte sich der Verein schlichtweg nicht leisten.
Ein Blick auf die Leistungsdaten
Noch immer ist die Konkurrenz bei den Wölfen zu groß, sodass Elvis nun in Augsburg eine neue Herausforderung sucht. Die Ablöse liegt dem Vernehmen nach bei 1,75 Millionen Euro zuzüglich anfallender Boni wie die Bild berichtet. Der gebürtige Kosovo-Albaner unterschreibt einen 4-Jahres-Vertrag bis 30.06.2026 und erhält die Rückennummer 13. Die kann nur Glück bringen, denn immerhin trug sie einst unsere Vereinslegende Tobi Werner.
Ich persönlich halte diesen Transfer für sehr sinnvoll. Das Mittelfeld ist nach wie vor eine große Baustelle und mit dem Ausfall von Niklas Dorsch ist sie größer als je zuvor. Elvis Rexhbecaj ist ein Spieler, der uns sofort helfen kann. Bereits seit 2018 konnte er einiges an Erfahrung in der Bundesliga sammeln.
Gerade seine Leistungen in Köln waren sehr stark. Diese lagen vor allem im offensiven Bereich. So landete er mit durchschnittlich 1,47 Balleroberungen pro Spiel auf Rang 24 aller betrachteten Spieler laut Ligainsider. Mit 1,2 Torschussvorlagen in einer Partie erreichte er den 60. Rang und schoss selbst 0,97 Mal auf den gegnerischen Kasten. Seine Schussgenauigkeit lag bei sehr starken 75 %. Genauer gesagt: 21 seiner 28 Torschüsse gingen direkt aufs Tor. Das bedeutet Rang 14 innerhalb der Bundesliga. Bester Augsburger Spieler in dieser Saison war André Hahn mit einer Quote von 67,4%.
In Bochum konnte er vor allem mit seiner Zweikampfstärke überzeugen. Insgesamt waren es 239 gewonnen Duelle und damit eins mehr als André Hahn, der bei uns vereinsintern auf Rang 4 in dieser Kategorie liegt. Zudem ist er ein recht starker Läufer. Für die Bochumer rannte er in der abgelaufenen Saison 320,7 km über das Feld. Innerhalb der Liga erzielten nur 25 Spieler bessere Werte, worunter im Übrigen kein Augsburger ist. Unser Spieler mit den meisten abgespulten Kilometern war in der letzten Saison Reece Oxford mit 309,8 km – allerdings in 30 Partien.
Was außerdem noch positiv hervorzuheben ist, ist seine Verletzungshistorie. Von bisher insgesamt 214 Fußballpartien in unterschiedlichsten Wettkämpfen verpasste er lediglich 3 Stück am Ende der Saison 2020/21. Die reine Ausfallzeit lag hier aber nur bei 12 Tagen. Das liest sich schon sehr gut. Hoffen wir, dass es bei uns genauso positiv verläuft wie zuvor.
Schlussworte
Das gesamte Team der Rosenau Gazette heißt Elvis an dieser Stelle herzlich willkommen. Wir freuen uns schon sehr darauf, ihn im Augsburg-Trikot in der WWK Arena begrüßen zu dürfen. Natürlich wünschen wir ihm viel Glück, Erfolg und dass er verletzungsfrei bleibt.
Elvis selbst freut sich im Übrigen schon auf seine Zeit bei uns. In der offiziellen Pressemeldung sagte er:
„Nach meinen zwei Leihstationen in Köln und Bochum, die meiner Entwicklung sehr gut getan haben, bin ich nun sehr froh, langfristig hier in Augsburg zu sein. Die Gespräche mit den Verantwortlichen waren super und ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit dem Team und dem neuen Trainer, dessen Philosophie gut zu meiner Spielweise passt.“
Und auch Geschäftsführer Sport Stefan Reuter ist von dem 24jährigen Mittelfeldspieler überzeugt.
„Wir haben Elvis schon sehr lange beobachtet. Deshalb sind wir sehr froh, dass der Transfer nun geklappt hat. Ich bin mir sicher, dass Elvis mit seinen Qualitäten unserer Mannschaft sehr gut tun wird und er unsere Fans mit seiner dynamischen, aggressiven und mitreißenden Spielweise begeistern wird.“
Begeistert sind die Fans tatsächlich. Zumindest habe ich bisher nur sehr positive Stimmen zu diesem Wechsel gelesen. Und nicht nur die Verpflichtung an sich konnte überzeugen, sondern auch die Arbeit der Social Media Abteilung. Die Ankündigung fand ich persönlich sehr gelungen.
Wer weiß… Vielleicht dürfen wir ja in den nächsten Tagen noch einmal solche Posts sehen. Wir würden uns sehr darüber freuen und warten schon gespannt darauf.
Es ist manchmal etwas schwierig, den Verantwortlichen des FC Augsburg zu folgen. So vom Verständnis her. Einerseits hat man eine Phase der neuen Offenheit eingeleitet. Offenheit wird als wichtiger Wert benannt. Auch ich hatte das gefordert, in dem ich die sogenannte Wagenburg einreißen lassen wollte. Stefan Reuter war im Interview bei der Augsburger Allgemeinen, Enrico Maaßen bei a.tv (Ausstrahlung Mittwoch 18:45 Uhr oder auf Abruf in der Mediathek), Christoph Janker als Überraschungsgast beim Podcast Feuer & Flamme (seit diesem Montag abrufbar). Naiv wäre der, der jetzt glaubt, damit würde alles besser. Ich frage mich derweil: Warum erst jetzt? Und hält das an, auch wenn die Kritik, die es massenhaft an den Verantwortlichen in diesem Sommer gab, wieder etwas abklingt? Oder ist es vielleicht nur eine große Beruhigungs-Show?
Andererseits ist es doch auch interessant, was die Verantwortlichen, denn bei all der Offenheit so kommunizieren. Sie geben zu, dass in der jüngsten Vergangenheit nicht alles optimal lief (eine leichte Untertreibung, wenn man den Vorgängen folgt). Es fällt ihnen dennoch schwer Fehler konkret zu benennen. Dies möchte ich gerne an einer Entscheidung festmachen: der Verpflichtung von Markus Weinzierl zum Ende der vorhergegangen Saison.
Der FCA unter Markus Weinzierl
Ja, Markus Weinzierl hat in den letzten Spielen der Saison 2020/21 mit dem FCA die Klasse gehalten. Mit mehr Glück als Verstand. Gegen Bremen bedurfte es eines dummen Platzverweises auf Bremer Seite. Und es war meiner Meinung nach ein Fehler, den FCA unter Heiko Herrlich überhaupt in diese Situation schlittern zu lassen.
In 2021/22 wurde es unter Markus Weinzierl nun nur noch schlimmer. Spieler wie Ruben Vargas fielen in ein spielerisches Loch. Die Mannschaft stagnierte bestenfalls. Es gab weiterhin Spiele, in denen sie einbrach. Insgesamt etablierte Weinzierl weder ein erfolgsversprechendes Spielsystem noch war eine deutliche spielerische Entwicklung zu sehen. Träume zerplatzten. Und Weinzierl ergriff die Flucht nach vorne, in dem er nach dem letzten Spieltag selbst verkündete nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Eine Anschlussbeschäftigung ist kurzfristig nicht in Sicht.
Was sich im Nachhinein allerdings als noch viel tragischer erweisen könnte, sind die mangelhaften Entwicklungschancen vieler Jugendspieler, die Markus Weinzierl diesen bot. Tim Civeja blieb komplett ohne Kadernominierung, genau wie einige andere, und hat den FCA schon per Leihe nach Ingolstadt verlassen. Mit Dejan Pejcinovic sah das größte Talent des FCA-Nachwuchsleistungszentrums keine ausreichende Perspektive beim FCA und wird dem FCA wohl in diesem Sommer den Rücken kehren. Ansonsten hätte man die Vertragsverlängerung wohl schon längst unter Dach und Fach bringen können und Pejcinovic in den ersten Vorbereitungsspielen gesehen. Es war klar, dass Weinzierl schon in seiner ersten Phase kein Trainer war, unter dem die Jugendspieler groß Chancen bekamen. Und trotzdem nahm man es in Kauf, dass hier Porzellan unwiederbringlich zerschlagen wird.
Die andauernde Rechtfertigung
Und so bildet sich zumindest bei mir der Eindruck, dass es besser gewesen wäre Markus Weinzierl gar nicht erst zu verpflichten. Heiko Herrlichs Schwächen waren offensichtlich. Im Nachhinein hätte man auf der Trainerposition schon früher etwas ändern müssen, und wäre dann nicht darauf angewiesen gewesen, mit Weinzierl jemanden zu holen, der Club und Umfeld schon kennt. Oder man hätte Weinzierl als reinen Retter geholt und im Sommer dann mit jemand komplett Frischen den Neustart gewagt. Und nachdem man sich nun angeschaut hat, was man von einem Trainer will und wie Enno Maaßen dargestellt wird: wie hätte man da nach eingehender Analyse mit Markus Weinzierl weitermachen wollen?
Im Interview mit der Augsburger Allgemeinen wurde Stefan Reuter explizit gefragt, ob es ein Fehler war, Markus Weinzierl zurückzuholen. Die Antwort: „Nein, damals war es genau richtig. Der Zeitpunkt war extrem spät in der Saison, es waren nur noch drei Spiele zu absolvieren. (…)“. Ja, ja, der Zeitpunkt. Als ob er bei Monopoly die Trainer-Wechsel-Dich-Karte gezogen hätte. Hat er halt nicht. Der Zeitpunkt war selbst gewählt. Die Entscheidung im Nachhinein keine Gute.
Was bleibt?
Außer viel Gerede bisher nicht viel. Mit Enrico Maaßen hat die Führungsspitze zwar einen Trainer gefunden, der im Gegensatz zu so manchem Vorgänger ein guter Kommunikator ist. Seine Erstligareife muss allerdings auch er erst noch beweisen. Dies gilt auch für den Kader. Mit dem drohenden Abgang von Michael Gregoritsch, mit dem man sich anscheinend nicht auf eine Vertragsverlängerung verständigen konnte, gehen dem FCA so langsam die offensiven Unterschiedsspieler aus. Finnbogason und Gregoritsch zu ersetzen, bei gleichzeitiger Formschwäche von Florian Niederlechner wird eine weitere Mammutaufgabe.
Und derweil fallen den Verantwortlichen weiter die einfachen Dinge schwer. Fehler konkret zu benennen und einzugestehen zum Beispiel. Ob die Änderungen im Kommunikationsverhalten nachhaltig sind, wird sich auch zeigen, je nachdem wie sich die sportliche Lage entwickelt. Es bleibt somit spannend rund um den FC Augsburg, der weiter Perfektion nach außen vorgibt, dem ein paar Ecken und Kanten mehr allerdings besser zu Gesicht ständen.
Montag, 20. Juni 2022… Das lange Warten hatte endlich ein Ende, denn es war Trainingsauftakt. Das heißt unsere Jungs starteten – mit Ausnahme der Nationalspieler – in die Vorbereitung für die kommende Saison. Dabei stand natürlich der obligatorische Laktattest auf dem Programm, bei dem alle Spieler ihre Runden in unserer altehrwürdigen Rosenau drehen durften. Aber halt… Alle? Nein, zwei Spieler waren definitiv nicht dabei, denn im Laufe der letzten Woche fällten Sportdirektor Stefan Reuter und Neu-Trainer Enrico Maaßen die Entscheidung, die Verträge von Alfred Finnbogason und Jan Morávek auslaufen zu lassen. Das Team von der RoGaz möchte daher an dieser Stelle den Beiden ihren Dank für ihre jahrelange Treue und ihre Leistungen aussprechen.
Nachvollziehbar
Rein sportlich gesehen kann man den Entschluss der Verantwortlichen natürlich nachvollziehen. Gerade in den letzten Jahren fielen sowohl Jan als auch Alfred immer wieder aufgrund schwerer Verletzungen aus. Sieht man sich nur mal die letzten drei Spielzeiten an, dann kommt unser Finntorgason auf ganze 391 Ausfalltage und 45 verpasste Spiele. Die Art der Verletzung war dabei ziemlich breit gefächert. Mal war es die Schulter, dann das Knie und dann das Sprunggelenk. Auch von muskulären Problemen hat man sehr oft gehört. Daraus resultierte natürlich Trainingsrückstand, denn jede Blessur wirft einen Spieler automatisch zurück.
Bei Jan Morávek sah das Ganze relativ ähnlich aus. In 3 Jahren verpasste er 29 Spiele und fiel für insgesamt 235 Tage aus. Insgesamt betrachtet ist die Verletzungshistorie des gebürtigen Tschechen wahrlich beeindruckend. In seiner kompletten Zeit beim FC Augsburg stand Jan in nur 133 Spielen mit der Zirbelnuss auf der Brust auf dem Platz.
Das sind natürlich Dinge, die ein Trainer und ein Sportdirektor bedenken müssen. Gerade wenn man den Kader verkleinern möchte, wie Stefan Reuter es in seinem Interview mit der Augsburger Allgemeinen bereits angekündigt hat. Dass man mit den beiden Urgesteinen nicht verlängert hat, erklärt er so:
Wir schätzen Jan Morávek und Alfred Finnbogason sehr. Aber sie sind beide schon über 32 Jahre alt, waren häufig verletzt und haben so einen Kaderplatz besetzt, den ein junger Spieler auch einnehmen kann. Daher war auch das ein Grund. Aber wir wollten diese Personalien zuerst mit dem neuen Trainer besprechen. Darum hat es etwas gedauert. Wir wollen unseren Kader tendenziell etwas verkleinern. Während der Corona – Zeit war es wichtig, einen etwas größeren Kader zu haben, aber wir müssen jetzt schauen, dass jeder Spieler eine Wertigkeit und Wichtigkeit bekommt.
Sieht man jetzt rein das Sportliche oder auch die wirtschaftlichen Aspekte dann kann man die Entscheidung von Stefan Reuter und Enrico Maaßen zu 100 Prozent nachzuvollziehen. Wie unser Geschäftsführer Sport richtig erklärt, sind sowohl Jan als auch Finnbo in einem Alter, wo es leider langsam aber sicher schwieriger für einen Spieler wird, den Spirit vollkommen auf dem Platz zu bringen. Zudem möchte man beim FC Augsburg den Kader nicht nur verkleinern, sondern auch nach und nach noch weiter verjüngen. Vielleicht sogar mit Spielern aus dem eigenen Nachwuchs. Und hier würden die Beiden einen Kaderplatz besetzen. Wenn sie dann noch regelmäßig ausfallen würden, wäre das natürlich ärgerlich.
Starke Leistung trotz Verletzungspech
Trotzdem blutet mir das Fanherz, wenn ich mir vorzustellen versuche, wie es ohne Alfred und Jan sein wird. Die zwei gehören für mich zum FC Augsburg wie der Tipp des Kasperls vor jedem Heimspiel. Unser isländischer Torgarant war immerhin 6,5 Jahre in der Fuggerstadt zuhause und sein tschechischer Mitspieler sogar 10,5 Jahre. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber mir tut der Abgang trotz allen Verständnisses sehr weh. Daher habe ich mir das zum Anlass genommen, die Geschichte von Finnbo und Jan noch einmal kurz Revue passieren zu lassen.
Beginnen wir mit Jan Morávek. Der Wechsel des in Prag geborenen Mittelfeldspielers wurde bereits Ende Dezember 2011 von Ex-Manager Andreas Rettig eingefädelt. Der damals gerade einmal 21Jährige stand beim FC Schalke 04 unter Vertrag, wo er aber aufgrund der starken Konkurrenz und muskulärer Probleme in der Hinrunde 2011/12 auf gerade einmal 144 Einsatzminuten kam. Und so ließ sich Jan zu unseren Fuggerstädtern ausleihen und auch ohne Kaufoption wurde man sich im Sommer schließlich über eine feste Verpflichtung einig.
Ich denke, wir alle wissen, dass Jan Morávek von diesem Zeitpunkt an vom Pech verfolgt gewesen ist. Niemand verletzt sich mit Absicht, denn Schmerzen zu haben oder auch mal krank zu sein, ist alles andere als toll. Immerhin hat er mehr Spiele verpasst – 136 an der Zahl – als gespielt. Trotzdem fand ich Jan immer einen sehr beständigen und vor allem auch sicheren Spieler, wenn er auf dem Platz stand. Viele mögen mir da widersprechen, da er nicht unbedingt ein auffälliger Spieler ist, der mit vielen Toren oder Torchancen aufwarten kann. In seiner kompletten Augsburger Zeit kommt er nämlich auf 10 Scorer – 2 Tore und 8 Torvorlagen.
Doch zum Fußball gehört so viel mehr als das. Das Spielverständnis, das Teamplaying, die Erfahrung, das Spiel mit und gegen den Ball, die Art und Weise auch mal die Passwege zuzustellen oder einen Ball nach vorne in die Spitze zu befördern. All dies hat Jan verinnerlicht und definitiv auch zeigen können. Ich persönlich halte ihn nicht nur für einen hervorragenden Techniker, sondern auch für einen sehr sympathischen Menschen, der äußerst wichtig für das Team gewesen ist. Auch solche Spielertypen braucht es in einer Mannschaft. Typen, die sozusagen das Bindeglied sein können und für ein ordentliches Teamgefüge sorgen. Oder eben auch Spieler, die ihre Erfahrung an die jüngere Generation weitergeben.
All diese Eigenschaften hat Jan Morávek in sich vereint. Zu gerne hätte ich ihn noch weiterhin bei uns im Verein gesehen. Vielleicht nicht in der Profimannschaft als Spieler, aber vielleicht als Coach, Motivator etc. im Nachwuchsleistungszentrum, der seine Erfahrung mit in die Nachwuchsförderung einbringen kann. Wer weiß, vielleicht geht dieser Wunsch ja irgendwann in Erfüllung. Schließlich sollte man niemals „Nie“ sagen.
Ein Wikinger im Augsburger Schwabenländle
Führungsspieler, Sprachtalent, Torgarant… Das sind die 3 Worte, mit denen ich Alfred Finnbogason beschreiben würde. Natürlich fiel auch er immer wieder verletzungsbedingt aus, doch für die Mannschaft war er aus meiner Sicht immer ein sehr wichtiger Faktor. Gerade für die Bindung zwischen den Spielern untereinander auf und neben dem Platz. Alfred war nicht umsonst Teil des Mannschaftsrats und zuletzt hinter Jeffrey Gouweleeuw zweiter Kapitän. Gerade seine ruhige Art und dabei trotzdem sein sehr sicheres Auftreten fand ich immer sehr beeindruckend.
Alfreds Vita war schon nicht zu verachten, als ihn der FC Augsburg im Januar 2016 erst einmal per Leihe verpflichtete. International bekannte Vereine wie der SC Heerenveen, Olympiakos Piräus und Real Sociedad San Sebastiàn tauchen dort unter anderem auf. Auch die Erfolge, die der gebürtige Isländer bis dato verbuchen konnte, hatten es in sich. U21-Eredivisie-Sieger, isländischer Meister und Pokalsieger, schwedischer Superpokalsieger, belgischer Pokalsieger, griechischer Meister und zweimaliger Torschützenkönig – einmal in der Besta Deild und einmal in der Eredivisie.
Dass er dann tatsächlich zu uns ins beschauliche Augsburg wechselt, hat mich damals doch ein wenig überrascht, auch wenn wir zum damaligen Zeitpunkt natürlich in der Europa League gespielt haben.
Es ist ein Traum, die Chance zu haben, in der Bundesliga spielen zu können. Ich freue mich unheimlich auf die Herausforderung beim FC Augsburg. Die Gespräche mit den Verantwortlichen haben mir gezeigt, dass der FCA genau der richtige Verein für mich ist.
Bereits in der Rückrunde 2015/16 zeigte er, warum man ihn zurecht verpflichtet hatte. In 14 Auftritten in der deutschen Bundesliga traf unser Wikinger 7 Mal und legte zudem auch noch 3 Tore auf. Man kann sich also vorstellen, dass der Wunsch der Augsburger Fans sehr groß gewesen ist, den in Reykjavík geborenen Alfred Finnbogason zu behalten. Und ihr Bitten sollte von der sportlichen Leitung erhört werden, denn Alfred blieb und wurde zu einer waschechten Identifikationsfigur.
Insgesamt lief unser isländischer Mittelstürmer in 122 Partien für den FCA auf. Dabei schoss er 39 Tore und bereite von selbigen noch 14 vor. Mit 37 Treffern ist er vor André Hahn (30) und Michael Gregoritsch (29) derzeit noch der Augsburger Toptorschütze im deutschen Oberhaus.
Letzte Worte
Ich könnte jetzt noch viel mehr über die Beiden schreiben. Ja, meines Erachtens hätten sie trotz all ihrer Verletzungen wahre Lobeshymnen verdient. Denn seien wir mal ehrlich: Welche Spieler sind heutzutage so sehr mit ihren Vereinen verwurzelt, dass sie ihnen so lange treu bleiben, wie es Alfred und Jan getan haben? Leider sieht man das im europäischen Fußball nur noch selten, da andere Dinge für viele Spieler im Vordergrund stehen. Geld, Ruhm und sportlicher Erfolg wiegen mehr als Vereinstreue, Freundschaft und eine Familie zu sein. Natürlich ist das nichts unnormales, doch es zeigt, dass sich unsere beiden Urgesteine doch sehr mit dem FCA verbunden gefühlt und diesen auch gelebt und geliebt haben.
Am Mittwoch, 15.06.2022, gab der Verein schließlich bekannt, dass man die Verträge des Stürmers und des zentralen Mittelfeldspielers nicht verlängern würde. Sportdirektor Stefan Reuter sagt hierzu in der offiziellen Pressemitteilung:
„Wir haben uns diese Entscheidungen alles andere als leicht gemacht, sind mit unserem neuen Cheftrainer aber übereingekommen, einen neuen Weg einschlagen zu wollen und neue Impulse zu setzen. Jan Morávek, der seit 2012 das FCA-Trikot getragen hat, und Alfred Finnbogason haben durch ihre Leistungen auf, aber auch außerhalb des Platzes, einen wichtigen Anteil daran, dass wir nun schon in unser zwölftes Jahr in Serie in der Bundesliga gehen können. Gleiches gilt für Tobias Zellner und Reiner Maurer, auch wenn sie nicht ganz so lange für unseren FCA tätig waren. Für ihren Einsatz bedanken wir uns bei allen recht herzlich und wünschen Ihnen alles erdenklich Gute für ihre sportliche und persönliche Zukunft.“
Ich gebe hiermit offen zu, dass ich ganz schön schlucken musste, als ich das gelesen habe. Wie oben schon, geschrieben kann ich die Entscheidung absolut verstehen. Doch wenn zwei so verdiente Spieler den Verein verlassen, ist das immer schwierig.
Auch Jan Morávek und Alfred Finnbogason meldeten sich noch einmal zu Wort. „Zehn Jahre ununterbrochen bei einem Verein zu spielen, ist in der heutigen Zeit etwas ganz Besonderes. Ich bedanke mich bei allen FCA-Verantwortlichen, meinen Trainern und Teamkollegen sowie allen Fans, dass ich die Möglichkeit hatte, so lange das FCA-Trikot tragen zu dürfen. Meine Familie und ich haben uns in Augsburg und beim FCA sehr wohl gefühlt und werden diese lange Zeit sehr positiv in Erinnerung behalten. Ich wünsche dem FCA nur das Beste und drücke für die weitere Zukunft in der Bundesliga die Daumen“, sagte Jan zu seinem Abschied.
Besonders bewegt hat mich allerdings Finnbos Abschiedspost, den er in den sozialen Medien geteilt hat. Hier schreibt er:
Danke !
Für…..
-die 7 Saisonen gemeinsam!
-Die unglaubliche Fans von FCA! Danke für alles!
-alle Mitspieler, Trainer, co-Trainer und staff die ich auf den Platz und die Kabine teilen dürfte!
-Alle Mitarbeiter von FCA! Danke!
-die Unterstützung in die gute Zeiten und auch in die Schwierige Zeiten
-das ich die Toren mit euch feiern dürfte
Ich bin einer von euch geworden und FCA wird immer in meinen Herzen sein und auch von meiner Familie!
Haltet mich für ein Sensibelchen, aber mir kamen dabei die Tränen!
Time to say Goodbye
Doch nun ist es Zeit für uns, das Team der Rosenau Gazette, Auf Wiedersehen zu sagen. Dies hier ist kein Lebwohl, sondern ein Bis bald, denn wir hoffen sehr, dass wir sowohl Jan, als auch Alfred wieder einmal in Augsburg begrüßen dürfen. Sei es nun als Teil des Teams oder einfach nur als Zuschauer in der WWK-Arena. Wir sind uns sicher: Man sieht sich immer zweimal im Leben!
Doch an dieser Stelle möchten wir ein paar persönliche Worte an die beiden richten.
Birgit: Lieber Alfred und lieber Jan! Worte können nicht ausdrücken, wie dankbar ich bin, dass ihr ein Teil der FCA-Familie ward und immer sein werdet! Vielen Dank für euren immerwährenden Einsatz, eure Treue und eure Liebe zu unserem Verein! Ihr werdet für immer in unseren Herzen bleiben und ich hoffe sehr, dass ihr immer mit einem Lächeln auf den Lippen an die wunderschöne Zeit in Augsburg zurückdenken werdet. Bis hoffentlich sehr, sehr bald!
Irina: Aus Fansicht tun mir beide Abgänge sehr weh und machen (wohl nicht nur mich) äußerst wehmütig. Gehen doch die zwei letzten verbliebenen Galionsfiguren der erfolgreichsten Augsburger Bundesligazeit. Aus sportlicher Sicht sind beide natürlich ersetzbar und es war wohl richtig, einigen Jungspunden die freiwerdenden Kaderplätze anzubieten. Aber menschlich werden beide brutal fehlen, beide sind und waren zu jeder Zeit angenehme Zeitgenossen und total bodenständige Mitmenschen. Von Herzen vielen Dank für die Bereicherung unseres Vereins und die geile Zeit gemeinsam, euren Einsatz und eure Leidenschaft für diesen Club und diese Stadt. Ich werde euch beide nie vergessen und sage final nur noch: man sieht sich immer zweimal im Leben! (Vielleicht dann in anderer Rolle hier am Lech)
Andi: Afram Island, pu ert frabaer. Auf geht’s Island, du bist super. Diesen Satz habe ich einmal vor einem FCA-Training gelernt und ihn recht stolz zu Finnbogason gesagt. Er hat etwas auf isländisch zurückgesagt, das ich nicht verstanden habe und wir haben beide gelacht. Mit Finnbogason konnte man eigentlich ja auch auf deutsch sprechen. Nach weniger als einem halben Jahr in Deutschland gab er seine erste Pressekonferenz auf deutsch. Eine Randnotiz, die aber zeigt, wie professionell der Stürmer seine Aufgabe beim FCA verstanden hat. Dasselbe gilt für Jan Moravek. Keiner war so lange da, keiner hat es so gut verstanden, Ruhe in Spiel und Klubumfeld zu bringen. Einer der unterschätzten Spieler der Liga. Ach, wenn er doch nicht so oft verletzt gewesen wäre. Alles Liebe euch beiden. Bleibt fit und lasst es euch gut gehen!
Andy: Jan und Alfred, ihr habt euch in das Geschichtsbuch des FC Augsburg eingetragen. Aber all die Jahre, Partien und auch Tore sind nicht das wichtigste. Ihr seid zwei überaus sympathische und bodenständige Menschen, die auch im persönlichen Kontakt heraus ragten. Danke für alles und hoffentlich auf bald!
Auch ich hatte vom FCA als der grauen Maus in der Bundesliga geschrieben, und das ist nun gar nicht lange her. Bis vor kurzem konnte ich mir eine solche Unruhe, wie sie kurz vor dem Ende der abgelaufenen Saison durch den Rücktritt von Klaus Hofmann und den Abschied von Markus Weinzierl aufgekommen war, nicht vorstellen. Wo Weinzierls Abschied zwar in der Sache nicht vollkommen überraschend war, war die Art und Weise ein Paukenschlag. Und fällt auch auf die weiterhin Verantwortlichen des FC Augsburg zurück.
Und gab es in der Hinrunde der Saison, gerade nach der Partie in Mainz, Diskussionen über die Person des Sportdirektors, so bauten sich diese nun zu einem Sturm der Entrüstung in seine Richtung auf. Selten waren in den sozialen Medien in Augsburg so viele eindeutige Kommentare zu lesen. Der Sog des Shitstorms und der Entrüstung zog viele in seinen Bann. Mit ein paar Tagen Abstand war uns klar, dass wir nicht einfach nur „Reuter raus“ mit brüllen wollten. Das Handeln unseres Managers in über 10 Jahren Tätigkeit für den FC Augsburg in unterschiedlichen Konstellationen machte aus unserer Sicht eine detaillierte Auseinandersetzung in seiner Serie von Artikeln notwendig. Diese schließen wir hiermit ab, nachdem wir uns Stefan Reuters Arbeit in Bezug auf Trainer, Transfers, Kommunikation und Jugend angeschaut haben. Sorgfältig und mit Bedacht haben wir uns ein Bild gemacht.
Das Positive
Stefan Reuter ist mit dafür verantwortlich, dass der FC Augsburg über so viele Jahre hinweg in der Bundesliga tätig ist und bisher den Abstieg in die zweite Liga vermeiden konnte. Einerseits hat er zu Beginn seiner Amtszeit an Markus Weinzierl festgehalten und damit die sportlich erfolgreichste Phase des FC Augsburg in seiner Geschichte eingeleitet.
Er hatte auch in vielen Fällen ein geschicktes Händchen auf dem Transfermarkt und der Baba-Transfer hat das Zeug für eine Legendengeschichte. Aber auch die Verpflichtung von Spielern, die sich nachhaltig beim FCA verbessern konnten und hier den Sprung zu Größerem geschafft haben, gelang in vielen Fällen sehr gut. Stefan Reuter hat zudem in der Phase des Übergangs von Seinsch zu Hofmann für Stabilität gesorgt. Kaum eine Person im Club steht nach außen mehr für Kontinuität als Stefan Reuter.
Der Verbesserungsbedarf
Zuallererst sind hier die Trainerentscheidungen hervor zu heben. Nach Weinzierl kam Schuster. Und nach Baum kamen Schmidt und Herrlich, als auch Weinzierl zum zweiten Mal. Außer unter Manuel Baum hat es nach Markus Weinzierl unter keinem Trainer mehr etwas länger gepasst. Die Quote ist schlecht, zumindest für Augsburger Verhältnisse. Man kann nur hoffen, dass Enrico Maaßen uns hier positiv überraschen wird.
Aber auch bei anderen wichtigen Entscheidungen lag Reuter mal daneben. Hier ist dann auch so manch teurer Transfer zu nennen, mit Tomas Koubek an vorderster Front. Gerade weil der FC Augsburg nicht oft viel Geld in die Hand nimmt, müssen gerade diese Transfers dann sitzen. Bei Hinteregger hat man nur einen minimalen Transfergewinn erwirtschaftet und bei Ricardo Pepi wird man noch sehen müssen. Alles in allem ausbaufähig.
Der Knackpunkt in diesem Bereich ist die Kommunikation. Der FCA und Reuter selbst reagieren auf Kritik sehr abwehrend. Gerade in Zeiten der Unruhe wird nicht bis kaum kommuniziert. Für die vielgepriesene FCA Familie gibt es anstatt klarer Kommunikation, die Vorstellung der Gastro Partner über Social Media. Das ist schlicht nicht ausreichend.
Wie geht es weiter?
Unter Walther Seinsch hat es sich eingebürgert, dass zwischen Trainer, Manager und Präsident Einigkeit bestehen muss, bevor gehandelt wird. Zu dieser bestehenden Troika hat sich nun in den letzten Jahren mit dem Geschäftsführer Finanzen Michael Ströll eine weitere Person gesellt. Zuletzt wirkte es eher so, als ob die vielen Köche den Brei verderben würden. Es fiel gar das Wort „Machtkampf“. Nun ohne Präsident und mit einem neuen, selbst-ausgesuchten Trainer sollte die Handlungsfähigkeit wiederhergestellt sein und Stefan Reuter zeigen können, welche Impulse er selbst setzen kann.
Insgesamt ist Reuters Schicksal nun sehr mit der Arbeit von Enrico Maaßen verknüpft. Sollte Maaßen Scheitern mag man sich gar nicht vorstellen, was aus der gerade abebbenden Welle der Kritik dieses Sommers erneut werden würde. Es scheint schwer vorstellbar, dass Reuter sich dann halten könnte, ohne dass eine deutliche Entfremdung von den Fans und Mitgliedern rapide voranschreiten würde. Einem Präsidenten ist die Entscheidung in jedem Falle nicht anzulasten.
Konstanz vs. Veränderung
Interessant ist in jedem Fall der Blick auf andere, vergleichbare Vereine. Einerseits sei hier Mainz zu nennen, die auch ihr Tal an sportlichen Krisen durchschreiten mussten, bevor nun mit Heidel und Schmidt bekannte Gesichter zurück in der Verantwortung sind. Andererseits ist Freiburg zu nennen, die weiterhin mit Christian Streich, die Trainerpersönlichkeit der Bundesliga an vorderster Front haben. Hier zeigt sich, dass manchmal eine mehr an Kontinuität auch ein Mehr an mittel- und langfristigem Erfolg bringt. Ein Blick nach außen zeigt auch, dass der FCA bei weitem immer noch nicht der größte Chaosclub des Landes ist, auch wenn es uns selbst so vorkommen mag. Die Hertha und andere stechen hier noch viel mehr hervor.
Andererseits erreicht man in manchen Konstellationen manchmal, auch ohne dass man es selbst realisiert, die Grenzen seiner Möglichkeiten. Vielleicht sind wir mit Stefan Reuter hier angekommen und es braucht einen neuen Impuls. Die Frage ist nun, wie viele Versuche man dem Ganzen noch gibt, bevor man die Flinte ins Korn wirft. Und hinterher ist man dann immer schlauer. Zumindest für die Saison 2022/23 gibt es jetzt mindestens noch einen Versuch mit Stefan Reuter als Sportdirektor.
Was die Zukunft bringt, sehen wir dann früh genug. Und gegrantelt wird ja sowieso. Einzig sollten wir schauen, dass unser Zweifel und Vorbehalte sich nicht auf die Mannschaft übertragen. Ich bin zumindest gespannt, was Maaßen und Team mit der Unterstützung der Fans auf den Rasen bringen können und freue mich jetzt schon auf den Start der neuen Saison. Aber ich bin halt an mancher Stelle auch ein hoffnungslos Hoffnungsvoller. Es wird Zeit, dass der FCA mal wieder positiv überrascht, damit mir das nicht irgendwann vergeht.
Aus der Augsburger Kaderschmiede gingen bekannte Namen wie Bernd Schuster (später u.a. Europameister 1980 und Europapokal der Pokalsieger 1982), Helmut Haller (WM-Zweiter 1966, 3x Italienischer Meister), Ulrich Biesinger (Weltmeister 1954) sowie Roland Grahammer (Olympische Bronzemedaille 1988) hervor. Zudem gaben sich viele erfolgreiche Kicker, hier exemplarisch Karl-Heinz Riedle, Dieter Eckstein und Raimond Aumann genannt, in der Fuggerstadt die Ehre. Thomas Tuchel und Julian Nagelsmann, heute höchst erfolgreiche und international tätige Trainer, starteten beim „kleinen“ FCA im Nachwuchs einst ihre Laufbahn.
Nachdem wir im Rahmen der aktuellen Sportdirektoren-Serie bereits Vita, Trainer, Transfers sowie Kommunikationsstil in der Amtszeit von Stefan Reuter unter die Lupe genommen haben, folgt nun abschließend eine Analyse der Entwicklung der Nachwuchsarbeit seit Amtsantritt Stefan Reuters im Jahre 2012. Natürlich soll hierbei auch die sportliche Vorgeschichte der Jugend beim FC Augsburg gewürdigt werden, denn eines steht fest: Sie ist – neben den beiden Augsburger Idolen Haller und Biesinger – Augsburgs Glanz und Gloria.
Erfolgreiche 90er Jahre
In den 90er Jahren sorgten die Augsburger Junioren deutschlandweit für Furore: 1992/93 krönten sich die A-Junioren des FCA erstmalig mit dem Meisterschaftstitel, 1990-1995 sicherten sich die jungen Kicker nur mit einmaliger Unterbrechung den Finalsieg des Jugend-Pokals. Im Finalspiel der Pokalrunde 1990/91 gewann der FCA gegen den 1. FC Köln mit 3:2. Für den FCA startete damals unter anderem ein gewisser Thomas Tuchel als Libero.
1991/92 verteidigten die Jungs ihren Titel aus dem Vorjahr, indem sie Eintracht Braunschweig mit 6:5 im Elfmeterschießen bezwangen. In der Pokalsaison 1993/94 besiegte die Augsburger Elf erneut den 1. FC Köln im Finale des DFB Pokals. Auch die darauffolgende Runde des A-Junioren-Pokals konnten die Augsburger Youngster gewinnen – mit einem 4:2 Sieg gegen den FC Berlin.
Ein bekannter Name in der Augsburger Startelf war Darius Kampa, später erst beim FCA als Torhüter im Herrenbereich tätig, dann u.a. beim 1. FC Nürnberg und Borussia Mönchengladbach. Aber auch Ilhan Mansiz dürfte einigen noch ein Begriff sein, einst Stürmer in der Augsburger Jugend und im Jahr 2002 sodann WM-Dritter mit der türkischen Auswahl. Mansiz schoss damals drei Tore, ebenso viele wie Ballack und Raúl.
1992/93 gewann die Augsburger U19 dann statt Pokal die deutsche Meisterschaft. Mit 3:1 schlugen die A-Junioren die Vertreter des 1. FC Kaiserslautern. „Die A-Jugend des FCA wird Deutscher Meister. Den 3:1-Sieg gegen den 1. FC Kaiserslautern verfolgen im Rosenaustadion über 12.000 Zuschauer. Rekord!“, schrieb der FCA auf seiner Website zu diesem historischen Meilenstein der Clubgeschichte. Funfact: Der FCA steht mit vier Pokalsiegen in der Klasse der A-Junioren auf einem geteilten zweiten Platz mit dem VfB Stuttgart, vor dem FCA steht nur noch der SC Freiburg mit sechs Pokal-Siegen. Der FCA weist eine sagenhafte Siegquote von 100% auf – das heißt, alle Finalteilnahmen mündeten schlussendlich auch im Pokalsieg – stark!
Verblieben damals in der Bayernliga die wenigen hochklassigen Talente nicht lange im Herrenteam des FCA, unter anderem verließen Mansiz und Tuchel zeitig den Club, sollte sich das in den 2000er nicht ändern: Die richtig guten Kicker gingen, die soliden Nachwuchsspieler blieben. In der Saison 91/92 unter Cheftrainer Armin Veh lag das Durchschnittsalter der ersten Herrenmannschaft in etwa bei 21 Jahren.
Es wurde sodann etwas ruhiger um die A-Junioren des FCA, nach den rasanten Anfängen der 90er Jahre folgten dann ein paar „glanzlosere“ Runden. In der Saison 97/98 ging das Meisterschaftshalbfinale gegen den FC Bayern München verloren, im Pokal war 98/99 im Viertelfinale Schluss, 1999/2000 schon im Achtelfinale.
Vor Reuter – die 2000er
In der Saison 1999/2000 wurde die erste Mannschaft des FCA Achter der damaligen Regionalliga Süd, die 1994 die Bayernliga als dritthöchste deutsche Liga abgelöst hatte. Somit hatte man sich erfolgreich für die zweigleisige Regionalliga qualifiziert, jedoch – und hier nahmen die schwärzesten Stunden des Vereins seinen Lauf – verweigerte der DFB dem Club nach Verlust des Hauptsponsors die Lizenz für die folgende Regionalligasaison. Der DFB sah die finanziellen Kriterien damals nicht erfüllt und die Folge war der Abstieg der Augsburger in die Bayernliga.
Dies war natürlich nicht gerade lukrativ für den Nachwuchs. Viele Talente gingen dann eben gar nicht erst den Weg zum FCA, sondern zu einem geografischen Nachbarn – wie es auch oft bei den Fans damals der Fall war. Im Jahr 2000 – und viele ahnen es nun schon – erfolgte dann der Einstieg vom heutigen Ehrenpräsidenten und damaligen Präsidenten des FCA, Walther Seinsch. Der Einstieg von Seinsch bedeutete auch die Sanierung des Clubs in wirtschaftlicher Hinsicht.
Es folgte der zeitnahe Aufstieg der Augsburger – durch die gewonnene Meisterschaft der Bayernliga 2001/02 – in die Regionalliga Süd, gefolgt von einem knapp verpassten Aufstieg in die zweite Liga in der Saison 2004/05. Nach 22 Jahren Abstinenz im Profifussball kehrte der FC Augsburg 2006 eben dorthin zurück. Durch die Rückkehr in den Profifussball wurden auch die Strukturen im Nachwuchs professionalisiert. 2009 wurde zum Beispiel die damals noch als „Impuls Arena“ titulierte Fußballarena in Augsburg eröffnet. 2011 sodann der erstmalige Aufstieg in die erste Fußballbundesliga.
Hier nachfolgend eine Auswahl an debütierten Spielern beim FC Augsburg zu Zeiten der zweiten Bundesliga und Regionalliga (bis 2011), die (zum Großteil) auch aus der Augsburger Jugend stamm(t)en:
Markus Thorandt (18 J., Juli 1999)
Robert Strauß (18 J., 05.06.04, 6:0 gegen 1. FC Eschborn)
Eugen Hecker (19 J., 28.05.05, 6:0 gegen FC Nöttingen)
Mario Schmidt (20 J., 27.05.06, 7:0 gegen 1. FC Eschborn, 1 Tor)
Anton Makarenko (19 J., 28.09.07, 1:1 gegen SC Paderborn)
Stephan Hain (19 J., 21.10.07, 3:0 gegen Erzgebirge Aue)
Moritz Nebel (18 J., 17.01.10, 3:0 gegen Energie Cottbus)
Daniel Framberger (19 J., 09.05.10, 1:1 gegen 1. FC Kaiserslautern)
Benjamin Woltmann (19 J., 09.05.10, 1:1 gegen 1. FC Kaiserslautern)
Marco Thiede (19 J., 25.10.2011, 0:1 gegen RB Leipzig)
Was aus diesen jungen Wilden von anno dazumal geworden ist? Der gebürtige Augsburger Markus Thorandt spielte von 2000-2006 insgesamt 121 mal für den FCA (13 Tore), wechselte dann zu 1860 München, von 2009-2015 spielte er 139 Mal für St. Pauli. Robert Strauß, geboren in Oettingen, ist heute 35 Jahre alt und hat zwischen 2003 und 2010 91 Spiele für den FCA absolviert (2 Tore), anschließend war er ein Jahr bei Erzgebirge Aue und ab 2012 (bis zum Karriereende 2020) beim 1. FC Heidenheim als Mittelfeldspieler tätig. Neben den beiden genannten ist Stephan Hain noch ein großer Teil der FCA-Geschichte, aktuell spielt der Augsburger Aufstiegsheld von 2011 bei der SpVgg Unterhaching und ist dort immer noch als Stürmer erfolgreich. In der vergangenen Saison erzielte er in der Regionalliga Bayern in 20 Einsätzen 14 Tore.
D. Framberger, Nebel und Wortmann – Debütanten erster Stunde in der zweiten Liga – waren und sind auch heute noch alle im Amateur-Fußball tätig: Woltmann (32) beim TSV Aindling in der Landesliga. Nebel (30) ist Kapitän des FC Uster in der fünften Schweizer Liga und Daniel Framberger (31), großer Bruder unseres Rechtsverteidigers Raphael, kickt derzeit als Spielertrainer beim VfL Ecknach in der Bezirksliga Schwaben Nord. Beim FCA im Profibereich konnten alle drei, genau so wie der bei den Profis damals mit trainierende, aber nie bei den Profis debütierende Thomas Rudolph (33), jedoch nicht Fuß fassen.
Stefan Reuter Amtszeit – Teil I (2012-18)
Als Stefan Reuter in Augsburg sein Amt antrat, kickten die A-Junioren in der U19 Bayernliga, die zweite in der Landesliga Süd und die erste Mannschaft befand sich auf einem eklatanten Platz in unteren Tabellenregionen in der ersten Fußballbundesliga. Ja, wir erinnern uns äußerst ungerne daran. Im A-Jugend-Kader befanden sich zu dieser Zeit Spieler wie Erik Thommy, Tim Rieder und Maik Uhde. Im Jahr darauf ergänzten beispielsweise Arif Ekin, Raphael Framberger, Bastian Kurz und Merveille Biankadi die U19 Junioren.
Mit dem Aufstieg in die erste Bundesliga hat der FCA eine gute Basis geschaffen für eine erfolgreiche Nachwuchsarbeit. Ebenso ermöglichten die finanziellen Einnahmen die Professionalisierung der Infrastruktur, zum Beispiel wurde 2014 die Anlage an der Donauwörther Straße als Nachwuchsleistungszentrum eingeweiht. Der FCA schreibt zu diesem Meilenstein auf seiner Website: „Die Eröffnung des Funktionsgebäudes war der erste große Realisierungsschritt einer Vereinsphilosophie, in der der eigene Nachwuchs eine tragende Säule darstellt.(…) „
Vorher, so der FCA auf seiner Homepage, waren die Bedingungen in Augsburg nicht ideal. Roy Stapelfeld, kaufmännischer Leiter des NLZ, erklärte dies wie folgt: „Die Eröffnung des Funktionsgebäudes ist für uns bis heute von enormer Bedeutung. Es war ein klares Bekenntnis seitens der Vereinsführung, diesen Weg einzuschlagen und auf die Nachwuchsförderung zu setzen.“ Zuvor sah dies eher mau aus, sagte Stapelfeld einst, denn die damalige Umgebung hinkte im landesweiten Vergleich hinterher und entsprach auch nicht den Standards eines Bundesligisten.
Mit dieser Professionalisierung war es dem FCA beispielsweise möglich, Talente von weiter weg eine adäquate Infrastruktur zu bieten und mit dem Image eines Bundesligisten zu punkten. Man muss hier auch immer die Nähe zu anderen (professionalisierten) Clubs in Bayern erwähnen: Der Nürnberger Club, Fürth, Ingolstadt, Bayern München, 1860, Unterhaching sowie Jahn Regensburg liegen allesamt im Einzugsgebiet und haben eine gute Jugendarbeit vorzuweisen. Um die besten Talente „streitet“ man nicht nur lokal im Amateursport, sondern insbesondere auf Juniorenebene in den Nachwuchsleistungszentren. Die modernen Anlagen und beste Betreuung sind damals wie heute ein Pluspunkt bei Nachwuchsspielern, vor allem weil dies immer mehr Standard wird. Das weiß und wusste auch der FCA: „Es geht um Fußball. Dementsprechend war es notwendig, unseren Talenten mit neuen Fußballplätzen optimale Bedingungen anzubieten“, so Stapelfeld.
Der FCA vergrößerte anno dazumal sein (regionales) Einzugsgebiet, bat Fuhrdienste von und nachhause an, um die Talente nach Augsburg zu locken, aber gleichzeitig im alten Umfeld zu belassen: „Die Talente können so an ihren Heimatorten verbleiben, dort zur Schule gehen und bei uns spielen bzw. trainieren. Das war extrem wichtig, um uns auch im Bereich der Ablaufprozesse weiterzuentwickeln und die Qualität unserer Spieler und Mannschaften zu verbessern.“ Alles mit dem (Fern-)Ziel, Nachwuchsspieler auszubilden und in den Profimannschaften zu integrieren.
Unter Reuter (und diversen Trainern, habt ihr bereits im Rahmen unserer Serie gelesen) durften (von 2012-2018) folgende Spieler mit Augsburger Grundausbildung ihr Bundesligadebüt feiern oder standen erstmals im Spieltagskader:
Matthias Strohmaier (18, 2012/13, 1x im Kader)
Ioannis Gelios (21, 2013/14, 1x im Kader)
Erik Thommy (18, Saison 2013/14, 3x im Kader, 1 Einsatz)
Maik Uhde (19, Saison 2013/14, 1x im Kader)
Raphael Framberger (18, 2014/15, 7x im Kader)
Marco Schuster (18, 2014/15, 4x im Kader)
Bastian Kurz (17, 2014/15, 1x im Kader)
Yannic Oettl (18, 2015/16, 1x im Kader)
Tim Rieder (21, 2015/16, 4x im Kader)
Kevin Danso (17, 2016/17; 14x im Kader, 7 Einsätze)
Julian Günther-Schmidt (21, 2016/17, 13x im Kader, 5 Einsätze)
Kilian Jakob (19, 17/18, 4x im Kader, 1x Einsatz)
Efkan Bekiroglu (21, 17/18, 2x im Kader)
Romario Rösch (18, 17/18, 1x im Kader)
Marco Richter (19, 17/18, 14x im Kader, 12 Einsätze, 1 Tor)
Maurice Malone (16, 17/18, 1x im Kader)
Die Ausbeute an debütierenden Spielern aus der eigenen Jugend ist in diesen knapp fünf Jahren zwar nicht gering, aber wenn man einen Blick darauf wirft, wer sich von den genannten in Augsburg nachhaltig etabliert hat, wird man doch eher ernüchtert sein. Dies ist nämlich nur Raphael Framberger, Marco Richter und mit Abstrichen Kevin Danso gelungen. Frami konnte sich bis dato nie komplett und langfristig auf der Rechtsverteidiger Position durchsetzen, ist zumeist Ergänzungsspieler.
Marco Richter hatte ein Hoch und viele Tiefs beim FCA und kickt mittlerweile bei Hertha BSC, brachte dem FCA aber wie Danso eine Ablöse ein. Kevin Danso hat sich beim FCA gut gemacht, ist in den österreichischen Landesauswahlen durchgestartet und wurde dann verliehen. Leider kam es zum internen Zerwürfnis, sonst wäre ihm sicherlich die Rolle zugetraut worden, die jetzt Reece Oxford einnimmt.
Weitere ehemalige Jugendspieler von anno dazumal haben sich in den Profiligen etablieren können: Tim Rieder kickt ab dem Sommer wieder beim TSV 1860 München in Liga drei, Marco Schuster derzeit beim SC Paderborn in der zweiten Liga. Erik Thommy verlässt nach einigen Jahren Vereinszugehörigkeit zum Sommer den VfB Stuttgart.
Stefan Reuter Amtszeit – Teil II (2019-22)
2018/19 wurde die A-Junioren-Bundesliga-Saison auf dem achten , 19/20 auf dem neunten Tabellenrang beendet. 2020/21 auf einem enttäuschenden 14. und 21/22, das haben wir alle noch bildlich im Kopf, auf dem ersten Tabellenplatz. Das bedeutete den Staffelsieg der A-Junioren-Bundesliga Süd/Südwest. Leider schieden die Jungs in den Playoffs zur Meisterschaft im Halbfinale gegen Hertha BSC aus. Trotzdem war das eine ganz tolle Leistung! Interessanterweise war zu beobachten, dass die U19 hierbei relativ variabel vom System her war, aber doch sehr analog zu der bevorzugten Grundausrichtung der ersten Mannschaft aufgestellt war. Dies ist auch eines der Ziele im NLZ: Die Jugendmannschaften sollen ähnlichen, wenn nicht sogar gleichen Fußball wie die Herren spielen, um bestmöglich auf eine potenzielle Profilaufbahn im „A-Team“ des Clubs vorbereitet zu sein.
Folgende Spieler standen zwischen 2018 und 2022 im Kader, hatten ihr Profidebüt oder unterschrieben zumindest ihren ersten Profivertrag:
Benjamin Leneis (19, 18/19, 10x im Kader)
Simon Asta (17, 18/19, 2x im Kader, 1 Einsatz, 90 Minuten)
Lasse Günther (19, 21/22, 19x im Kader, 7 Einsätze, 193 Minuten)
Aaron Zehnter (17, 21/22, kein Einsatz, aber in 05/22 ersten Profivertrag unterschrieben)
Simon Asta ist hier aufgrund des geschichtsträchtigen Debüts zu erwähnen: Asta war nämlich der allererste Spieler des 2001-Jahrgangs und somit in Folge auch der erste im 21. Jahrhundert geborene Fußballspieler, der in der ersten Bundesliga zum Einsatz kam. Sein Debüt gab der damals 17jährige am 12.05.2018 bei der 2:0 Pleite gegen den SC Freiburg. Er wurde in der 79. Minute für Jan Moravek eingewechselt. Leider ist seine FCA Story nicht ganz so glorreich, da Asta im Oktober 2020 einen Zweijahresvertrag beim damaligen Zweitligist Greuther Fürth unterschrieb. Bei den Fürthern konnte sich Simon Asta gegen Ende der vergangenen Saison als Rechtsverteidiger etablieren.
Erkenntnisse
Bei allen weiteren aufgeführten Spielern, von denen mit Aaron Zehnter vor kurzem ohne Profieinsatz seinen ersten Profivertrag unterzeichnete, ist der Weg im Profifussball und insbesondere beim FCA heute nur schwer hervorzusehen. Von einigen Kickern, wie Lasse Günther und Tim Civeja, verspricht man sich sehr viel, die beiden sind auch sehr nah dran am Erstligakader. Bei Dikeni Salifou, letzte Saison noch Kapitän der Augsburger U19, hat man die Chance verpasst, er wechselt zur Sommerpause zum Ligakonkurrenten Werder Bremen. Petkov (21), Stanic (23), Malone (21) und Leineis (23) kehren nach Leihende erstmal wieder zum FCA zurück – man wird sehen, wie und ob die vier Berücksichtigung im Profikader finden werden. Während Pektovs Leihe zum SC Verl äußerst erfolgreich verlief (36 Spiele, 10 Tore, 5 Vorlagen, überwiegend als Rechtsaußen), saß Benjamin Leneis (meist und wenn überhaupt) nur auf der Bank. Malone und Stanic erlebten immerhin eine passable Saison mit vielen Einsätzen und Spielminuten.
Bei Dženan Pejčinović, Sturm-Juwel der U17 und U19 des FCA, droht hingegen ein Szenario wie bei Salifou. Laut Transfermarkt waren an dem 17jährigen sowohl ManUnited als auch Juventus Turin interessiert. Mit dem neuen Trainer Enrico Maaßen könnte der Mittelstürmer einen Förderer erhalten, der ihn im Profiteam auch mal ranlässt, daher wäre ein (ablösefreier) Abgang jetzt im Sommer äußerst schade. Weitere Talente wie Ivanovic und Berisha stehen schon in den Startlöchern, die erfolgreiche U19 Mannschaft der Augsburger hat aufhorchen lassen und einige Kicker werden auch abseits des Lechs für Begehrlichkeiten sorgen. Es bleibt abzuwarten, welche Spieler unter Neu-Trainer Maaßen die Chance für ein Debüt erhalten.
Ein Sprungbrett ist hier die zweite Mannschaft, die diese Saison relativ spät den Klassenerhalt in der Regionalliga Bayern feiern durfte. Auf Coach Josef Steinberger folgt nun (auch offiziell) Tobias Strobl (nein, nicht der Spieler-Namensvetter!). Es ist wichtig, dass die zweite Mannschaft mindestens in der Regionalliga spielt, um verletzten Profis nach Einstieg in das Training Spielpraxis bieten zu können (so bspw. passiert bei Freddy Jensen letzte Saison). Der Schritt von Regionalliga in die Bundesliga ist eh schon gewaltig genug und einigem ist dieser in Augsburg bisher gelungen, man denke hier an Spieler wie Werner, Hahn, Ibrahima Traore oder Richter. Aber viele schaffen es eben nicht und suchen den Weg fernab des Lechs.
Fazit
Mit dem Aufstieg des FCA in die erste Bundesliga begann die Professionalisierung der Nachwuchsarbeit in Augsburg. Das ist also erstmal kein Verdienst, der ausschließlich Stefan Reuter anzurechnen ist. Die Strahlkraft, die die Bundesliga besitzt und besaß, ist immens und lockt Talente von vielenorts an den Lech. Daher ist auch die Zeit vor Stefan Reuter und zu Zeiten von ihm schwer vergleichbar, da dort die professionelle Struktur komplett fehlte.
Jedoch kann man unweigerlich festhalten, dass im Verlaufe der Amtszeit Reuters das NLZ deutlich ausgebaut wurde und weiter ausgebaut wird, wie man medial erfahren darf. Da Reuter, das haben wir im Laufe dieser Serie feststellen dürfen, jeden Stein innerhalb des Vereins umdreht und somit sicherlich auch jeden Profivertrag, der einem jungen Spieler angeboten wird, auf den eigenen Tisch bekommt, sind diese Personalien zum Teil auch auf ihn zurückzuführen. Insofern hat Stefan Reuter (und auch Klaus Hofmann übrigens) einen großen Anteil an dem Fortschritt des FCA im Nachwuchsbereich, wenn er auch anfänglich stark von der Etablierung des FCA im Profifußball profitiert hat. Neben vielen guten Entscheidungen sind der Abgang von Salifou, das Zerwürfnis mit Danso und auch der Wechsel von Simon Asta unglücklich gelaufen. Gerade ein Simon Asta hätte einen Weg einschlagen können wie Frami oder sich dem Konkurrenten Gumny, für rund zwei Mio. Euro Ablöse von extern geholt, stellen können.
Natürlich spielen auch Trainer, Mitspieler und Konkurrenz eine gewichtige Rolle. 2021 wurde laut Medienberichten der Zoll beim FCA vorstellig – wegen des Verdachts des auf Lohndumping im Nachwuchsbereich (ebenso wie beim FC Bayern übrigens): „Im ersten Jahr unter 200 Euro. Die Jahre darauf 250 Euro als Co-Trainer, und das bei einer Wochenarbeitszeit von mindestens 25 Stunden. Auch der Cheftrainerposten soll ihm angeboten worden sein, für 400 Euro“, wird ein Ex-Trainer zitiert. Gute Mitarbeitende verlangen eine gute Bezahlung – so ist das in jeder Branche. Warum sollte dies ausgerechnet im Profifußball, in denen es um Millionen und Milliardenbeiträge oft geht, anders sein? Gute Trainer sind auch der Grundstein für eine optimale Trainingsgestaltung im Nachwuchsbereich. Herr Reuter, übernehmen Sie!
Man mag nur hoffen, dass das nächste Juwel beim FCA bald durchstarten kann und man ein wenig den „Freiburg Way“ einschlagen kann. Denn das ist durchaus auch eine Einnahmequelle für kleine Vereine wie den FCA. Spieler eigens ausbilden, eine Plattform in der Beletage des deutschen Fußballs bieten und dann gewinnbringend (zum richtigen Zeitpunkt) verkaufen. Gute Talente identifizieren, mit Profivertrag ausstatten und in den Profikader einbinden. Ganz so viele leuchtende Vorbilder hat der FCA nicht vorzuweisen, viele Talente suchten und fanden abseits des Lechs ihr sportliches Glück. Hier wünsche man sich ein wenig mehr Mut und Tatendrang, junge Spieler einfach mal die Chance und die Plattform Bundesliga zu bieten. Und dies nachhaltig. Eine starke Basis hat der FCA in der Amtszeit von Stefan Reuter geschaffen, es wurde strukturiert und professionalisiert. Der nächste Schritt folgt mit dem FCA Internat, das im Sommer diesen Jahres nach rund drei Jahren Bauzeit endlich eingeweiht werden soll. Der FCA zieht durch diesen Neubau und durch das Angebot eines Internats mit der renommierten Bundesliga Konkurrenz gleich.
Und irgendwann, ja irgendwann, erfüllt sich dann vielleicht der Wunsch von Ex-Präsident Klaus Hofmann: „Meine Vision ist, dass ich einmal im M-Block stehe und in der Startformation unserer Bundesligamannschaft stehen vier Spieler, die schon seit der D-Jugend bei uns sind.“ Vielleicht sieht Klaus Hofmann das nicht mehr vom M-Block aus, aber diesem Wunsch waren wir bereits ganz dicht auf der Spur. Bleibt zu hoffen, dass es dem FCA in naher Zukunft gelingt. Mit den neu geschaffenen Bedingungen – die unweigerlich in der Amtszeit von Stefan Reuter – ihren weiteren Lauf nahmen, sollte dies gelingen. Wenn nicht jetzt, wann dann?
Nach dem turbulenten Saisonabschluss beim FC Augsburg ist vor allem Sportdirektor Stefan Reuter ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. In den vergangenen Wochen haben wir uns in einer Reihe deshalb schon mit Reuters Vita, seinen Trainern und Transfers beschäftigt. Heute soll mit der Kommunikation ein weiterer Aspekt hinzukommen. Wobei ich gleich vorwegnehmen will, dass ihre nähere Betrachtung nicht unproblematisch ist.
Kommunikation von Unternehmen, zu denen zweifellos auch der FCA zählt, lässt sich nämlich grob in eine externe und eine interne Seite differenzieren. Externe Kommunikation, zu der auch die Public Relations (PR) gehören, richtet sich dabei vornehmlich an Zielgruppen außerhalb des Unternehmens. Sie zielt darauf ab, bei ihnen Aufmerksamkeit zu schaffen sowie Akzeptanz, Vertrauen und Glaubwürdigkeit gegenüber dem Unternehmen zu steigern. Um Inhalte an die externen Öffentlichkeiten zu kommunizieren, stehen Unternehmer*innen verschiedene Instrumente zur Auswahl, z.B. Pressemitteilungen, Website, Newsletter, Social-Media-Kanäle, TV-Auftritte, usw.
Externe FCA-Kommunikation
All diese „Instrumente“ nutzt auch der FCA rege. Insofern gibt es eine ganze Fülle an Material der externen FCA-Kommunikation, die man sich näher ansehen kann. Eigentlich schon zu viel. Daher beschränke ich mich in diesem Zusammenhang vor allem auf drei Fernsehauftritte, die der Sportdirektor Anfang des Jahres hingelegt hat. Und versuche dabei eben nicht zu vergessen, dass all das, was Stefan Reuter im TV zum Besten gegeben hat, Teil der Kommunikationsstrategie des Vereins ist. Das heißt, dass er als Geschäftsführer damit steuern möchte, wie andere – z.B. Medien, Geschäftspartner, Investoren, andere Clubs oder auch wir Fans – den FCA wahrnehmen (sollen).
Nur wenige Tage, nachdem der FCA Anfang des Jahres seinen 16 Millionen-Rekordtransfer Ricardo Pepi vermeldet hatte, war Stefan Reuter bei Blickpunkt Sport zu Gast. Auch wenn der Besuch des Sportdirektors – neben dem von Ex-Skispringer Sven Hannawald – vermutlich schon zuvor vereinbart worden war, kam der Zeitpunkt aus Sicht der externen Kommunikation keinesfalls ungelegen.
Solide Finanz- und Wirtschaftsstrategie
Reuter nutzte diese Gelegenheit, um rund um den Pepi-Transfer zunächst die allgemeine Finanz- und Wirtschaftsstrategie des FCA weiter auszurollen und sie als grundsolide darzustellen. Es sei der Weg des FCA, in solche entwicklungsfähigen Spieler zu investieren. Es gebe eine „ganze Vielzahl von jungen Spielern, die Entwicklungspotential haben“. Reuter listet auf:
„Iago, Uduokhai, Oxford, Frederik Winther, Gumny, Dorsch, Maier, wir ham Vargas vorn, wir ham Sergio Cordova. Das sind alles Spieler, die noch Entwicklungspotential haben. Und von daher auch hoffentlich – das is blöd zu sagen – aber die Werte auch erhöhen.“
Als weitere solcher Werte, in die investiert wird und wurde, nennt der 55-Jährige die Infrastruktur, das Stadion, das Nachwuchsleistungszentrum und das Internat, das gerade gebaut und spätestens im Sommer fertig sein werde.
Eine solche „Investition in Werte“, wie Reuter all diese unternehmerischen Aktivitäten nennt, sei aber nur möglich gewesen, da der Verein in den letzten Jahren extrem gut gewirtschaftet habe. Sein Eigenkapital deutlich habe erhöhen können.
Überzeugung durch Wiederholung
Sieht man sich Stefan Reuters Auftritt im Doppelpass vom 6. Februar dieses Jahres an, kommen einem viele Dinge, die er da präsentierte, bereits aus dem Bayerischen Fernsehen bekannt vor. Man habe stabil gewirtschaftet, viel in Infrastruktur investiert und könne so weiter gezielt auch in die Mannschaft (re-)investieren. Wie schon bei Blickpunkt Sport führt er im gleichen Atemzug die Abgänge Kevin Danso und Marco Richter auf. Nur durch Abgaben in der gleichen Größenordnung sei ein Transfer wie der von Ricardo Pepi möglich. Im Dopa betont er außerdem mehrmals, dass diese Prozesse in den letzten 10 Jahren, also seit seinem Amtsantritt, stattgefunden hätten. Und in der Sendung a.tv Sport – der Talk vom 9.2.? Da klang das alles ganz ähnlich.
Aus Sicht der externen Kommunikation lassen sich mit den Schlagwörtern „gut gewirtschaftet“, „Eigenkapital erhöht“ oder „Potential von Spielern entwickeln bzw. entwickelt“ eindeutig wirtschaftliche Themen erkennen, die dem FCA im Moment offenbar besonders wichtig sind. Auf sie soll die Aufmerksamkeit der Bezugsgruppen gelenkt werden. Sie werden gebetsmühlenartig wiederholt, bis sich so ein Keyword auch im Gedächtnis des letzten Zuschauers, der letzten Zuschauerin festgesetzt hat. Diese Art der PR nennt man auch „Issue Management“.
Wer ist die Zielgruppe?
Dabei habe ich mich gefragt, welche Bezugsgruppen damit eigentlich genau angesprochen werden. Ich glaube, zunächst vor allem Geschäftspartner, Sponsoren oder Investoren. Ihnen soll gesagt werden: Wir wirtschaften vernünftig, haben unsere Finanzen im Griff, sind ein verlässlicher und liquider Partner, auf den man setzen kann. Auch Medien und Berichterstatter sollen dieses Image aufgreifen: Der FCA hat sich in den letzten 10 Jahren wirtschaftlich gesund entwickelt. Und das unter der Ägide Reuters. (Das Eigenlob bleibt einem dabei natürlich auch nicht verborgen.) Intern könnte sich dadurch auch Michael Ströll als kaufmännischer Geschäftsführer gelobt fühlen: Good job! Ebenso könnte die Botschaft an andere Vereine gerichtet sein: Schaut her, wir entwickeln Spieler mit Potential und verkaufen sie euch gerne – vorausgesetzt, der Preis stimmt. Und auch bei uns Fans soll das Schwäbische-Hausfrauen-Image weiter gepflegt werden, das den FCA seit vielen Jahren umweht.
Ausgelassen wird dabei allerdings, dass die „Entwicklung“ von Eigengewächsen wie Kevin Danso oder Marco Richter gar nicht so lukrativ und reibungslos abgelaufen ist, wie Stefan Reuter sich das wohl gewünscht hätte. Beide hatten schon länger Wechselwünsche geäußert. Ein Weggang wurde ihnen aber zunächst verwehrt. Bei Danso lauter, bei Richter leiser. Mit dem Ergebnis, dass mit ihrem Verkauf wohl weniger Transfererlös erzielt wurde als möglich gewesen wäre, wie Andi analysiert hat. Und dass wieder einmal in die Medien geriet, was aus Sicht der Vereinsführung um Reuter und deren externer Kommunikation da besser nichts zu suchen hatte. Denn damit wurde bei Medien, Fans, Vereinen und deren Spielern der unfreiwillige Ruf des FCA weiter befeuert, er lege (jungen) Spielern Steine in den Karriereweg. Egal, wie viel Wahrheitsgehalt man den Aussagen z.B. Dansos zuschreiben kann. Sie standen im Widerspruch zu Reuters „issue“ der erfolgreichen Spielerentwicklung, den er extern kolportieren will.
Vertrauen und Gemeinschaft
Während aller drei Fernsehauftritte war gegenseitiges Vertrauen und gemeinsames Handeln im Führungsstab des FCA als weiteres Thema dauerpräsent. Meist im Zusammenhang mit der Frage nach dem Verbleib von (Ex-)Trainer Markus Weinzierl über die laufende Saison hinaus. Dass sich die beiden sehr gut kennen, wurde Reuter nicht müde zu betonen. Dass – vor allem in der ersten Phase Weinzierls – ein Vertrauensverhältnis gewachsen ist, auch nicht. Exemplarisch:
„Wir hatten vier Jahre, das waren die erfolgreichsten in der Geschichte des FC Augsburg. Und da ist einfach ein Vertrauensverhältnis gewachsen, entstanden, und das spürt man jetzt auch. Also wir kennen uns gut, wir können uns gut einschätzen, und wir versuchen eben gemeinsam, den FCA in die Erfolgsspur zu bringen und da gute Entscheidungen gemeinsam zu treffen.“
Auf die Frage hin, ob nach wie vor auch Transferentscheidungen gemeinsam getroffen werden, beteuert er:
„Wir glauben auch, dass des für uns ein ganz erheblicher Erfolgsfaktor ist, dass wir Transfers nur machen, wenn’s einstimmig ist. Klaus Hofmann, Markus Weinzierl, Michael Ströll und ich. Wir müssen alle ja sagen. Dann kann hinterher auch niemand kommen und sagen, ja, ich hätte das anders gemacht. Ich glaub, dass das ganz wesentlich ist. Weil manche Spieler brauchen ne gewisse Zeit, bis sie ankommen, und da isses gut, wenn wir alle in der Verantwortung stehen (…).“
Außerdem erweitert Reuter die von ihm beschworene FCA-Gemeinschaft im Dopa auch auf Spieler, Fans und Stadt. In der Mannschaft, im Stadion und in der ganzen Stadt werde immer wieder das „Augsburg hält zusammen“ gelebt, das der Mannschaft gerade in schwierigen Phasen helfe. Er meinte damit zuletzt 5 sieglose Spiele, die coronabedingt auch noch ohne (Heim-)Publikum haben stattfinden müssen. Beim Sieg gegen Union Berlin durften 7.600 Fans ins Stadion zurückkehren, die aus Sicht von Reuter „was bewirkt“ hätten.
FCA-Familie?
Klar, mit den Themen Gemeinschaft und Zusammenhalt (ein älteres Beispiel ist auch Reuters Lieblingswort „Geschlossenheit“) will er weiter am FCA-Image bauen, das bei uns Fans eh schon in Fleisch und Blut übergegangen ist. We are family. Genau deswegen supporten wir ihn ja auch, unseren FCA. Und wenn Reuter dann noch bekräftigt, wie wichtig die Fans im Stadion seien und an diesem 21. Spieltag „was bewirkt“ hätten (man kann da fast nur verstehen: den 2:0-Sieg), dann kann man sich durchaus als wichtiger Teil der Familie fühlen. Wenn die Ereignisse der letzten Wochen und der Machtkampf auf der Führungsebene dann aber – anders als noch vor wenigen Monaten dargestellt – überhaupt keine gemeinsame Basis mehr vermuten lassen, kommt man vor allem als Fan, für den dieser Zusammenhalt mehr als alles andere zählt, schon ins Zweifeln, was an solchen Phrasen überhaupt dran ist.
Nach dem Kommunikationswissenschaftler Günter Bentele ist die Kernfunktion von PR, Vertrauen zu kommunizieren. Allerdings funktioniere dieser Mechanismus „nur, wenn zwischen Kommunikationsverhalten und gelebtem moralischem Verhalten Kongruenz bestehe.“ Die Kongruenz in diesem Punkt ist aber nicht vorhanden. Daher – das muss ich leider so direkt formulieren – ist mein Vertrauen in das Handeln der FCA-Akteure im Moment auch ziemlich ramponiert.
Ziel: Klassenerhalt?
Es braucht aber gar keine so dramatischen Vorfälle oder „Enthüllungen“ (die ihrerseits natürlich über Medien verbreitet und auf bestimmte Weise dargestellt wurden) wie in den letzten Wochen, an denen sich ein solches mutmaßliches Auseinanderfallen von Anspruch und Wirklichkeit, von kommuniziertem und gelebtem Verhalten zeigt. Denn zuweilen widerspricht Reuter sich schon in seiner externen Kommunikation, die dann nicht ganz konsistent wirkt.
Im Doppelpass stellt Moderator Florian König Stefan Reuter die Frage, ob es ein Vorteil sei, wenn man sozusagen von vornherein weiß, dass man wieder gegen den Abstieg spielt. Da der FCA eines der niedrigsten vier Budgets in der Liga habe, sei alles eine positive Überraschung, was nach oben ausschlage, antwortet Reuter. Und konkretisiert das später: In diesem Jahr gehe es jetzt erstmal nur um den Klassenerhalt. Und man sei „superhappy“, wenn man die Klasse wieder halte. Die nächsten Schritte wolle man in den nächsten Jahren machen. Dazu zählt Reuter die mittel- bis langfristige Etablierung unter den besten 10 in der Bundesliga.
Szenenwechsel, 34. Spieltag, Klassenerhalt bereits eine Woche früher gesichert. Da sagt Reuter plötzlich: „Ich glaube, dass der Kader richtig gut ist, dass wir durchaus eine stärkere Saison hätten spielen können“. Zuvor hatte Weinzierl seinen Rückzug im Alleingang bekanntgegeben. Vor diesem Hintergrund ist die Aussage des Geschäftsführers dann wahrscheinlich auch zu interpretieren. Er stellt die Kaderqualität heraus, die in seinen Aufgabenbereich fällt, und damit zugleich Weinzierls Versäumnis, diese für ein besseres Saisonergebnis genutzt zu haben. Mir geht es hier allerdings eben um den Widerspruch der beiden Aussagen Reuters, die nicht einmal vier Monate auseinanderliegen. Und darum, dass man mit solchen unterschiedlichen Zielvorgaben, Klassenerhalt vs. besseres Ergebnis, auch sein Personal verunsichert, sollten sie auch ihm gegenüber kommuniziert worden sein.
Interne FCA-Kommunikation
Und damit sind wir zum Schluss bei der internen Kommunikation des FCA angekommen. Weit gefasst „fällt unter interne Kommunikation alles, was innerhalb eines Unternehmens kommuniziert wird“. Sie findet also zwischen Führungsebene und Mitarbeitenden sowie untereinander statt. Aufgabe interner Kommunikation ist es u.a. zu informieren, Dialog mit Mitarbeitenden zu führen, sie dadurch zu motivieren, an das Unternehmen zu binden und so ein positives Image zu pflegen:
„Nur gut informierte und wertgeschätzte Mitarbeiter können auch ein positives Unternehmensbild nach außen tragen. Eine transparente Kommunikation trägt damit indirekt zur Erhaltung eines positiven Images bei.“
Interne Kommunikation trägt nicht umsonst den Zusatz „intern“, d.h. es geht hier um Prozesse, die innerhalb des Unternehmens ablaufen und das auch sollen. Das ist beim FCA nicht anders. Für Externe wie mich fallen die Möglichkeiten, etwas von diesen internen Prozessen in den Blick zu bekommen, entsprechend mager aus. Die Ausnahme stellen dann solche kurzen „Gucklöcher“ dar, die sich auftun, wenn die Kommunikationskanäle nicht mehr geregelt funktionieren. Wie das unabgestimmte Kamikaze-Interview von Weinzierl oder das oben schon angesprochene Interview von Kevin Danso, das er dem Kicker nach seinem Wechsel nach Lens gegeben hat.
„Gucklöcher“ auf interne Realitäten
Wie Weinzierl in seinem Interview am 34. Spieltag erklärte, habe ihm die Wertschätzung gefehlt, da die im Laufe der Rückrunde vereinbarten Gespräche bis dahin noch nicht geführt wurden. (Genau diese hatte Reuter übrigens auch im Dopa und bei a.tv angekündigt und zudem durchaus von „gegenseitiger Wertschätzung“ gesprochen.) Auch wurden Klagen von Spielern extern publik, die sich ebenfalls frühere Gespräche über Vertragliches gewünscht hätten. Aber das hatte ich hier auch schon näher ausgeführt und ist mittlerweile auch hinlänglich bekannt. Ob die Beschwerden nun zutreffend sind oder nicht – festhalten lässt sich jedenfalls, dass hier das Ziel interner Kommunikation klar verfehlt wurde, nämlich, dass Mitarbeitende wie Trainer oder Spieler ein positives Unternehmensbild nach außen tragen.
Optimierungswünsche
Als Angehörige der Zielgruppe der (nochmals sehr unterschiedlichen) Fans wünsche ich mir bei der externen Kommunikation von der Geschäftsführung künftig, dass sie häufiger Feedback zu für uns wichtigen Vorgängen gibt. Natürlich beanspruche ich keine Interna, die auch weiterhin geheim bleiben sollen. Und auch Botschaften, die vielleicht eher andere Zielgruppen ansprechen sollen, interessieren mich. Aber ist es zu viel verlangt, z.B. zur aktuellen Trainersuche, die Fans wie kein anderes unter den Nägeln brennt, einfach mal ein kleines Status-Update rauszuschicken? Nur „Wir sind dran, macht euch keine Sorgen“? Das würde auch dem oftmals erweckten Eindruck von Nicht-Kommunikation, Aussitzen oder Totschweigen vorbeugen und wäre ein großer Schritt in Richtung Vertrauens- und Image(wieder)herstellung.
Dasselbe wünsche ich mir für die interne Kommunikation. Nicht, dass ich davon ein Teil wäre. Aber auch hier wäre es für den Verein und seine verbliebenen Verantwortlichen doch wünschenswert, wenn die Mitarbeitenden indirekt zu einem positiven Image des FCA beitragen könnten. Das klappt aber auch hier nur mit regelmäßiger und widerspruchsfreier Kommunikation, die auch im Einklang mit dem tatsächlich gelebten Verhalten steht. Den Werten unseres FCA eben.
Präsident weg. Trainer weg. Nachfolger noch nicht gefunden. Kaderzusammenstellung unklar. Beim FC Augsburg kriselt es. Auch wegen vereinsinterner Machtkämpfe. Hauptprotagonist des „Kaschperletheaters“, wie es die aktive Fanszene nannte, ist Stefan Reuter. Wir wollen daher einen genaueren Blick auf die Arbeit des Geschäftsführers Sport werfen. In unserer Artikelreihe geht es nach dem vorherigen Kapitel „Trainer“ heute um Stefan Reuter und seine Transfers. Wo hat der Manager ein glückliches Händchen bewiesen? Wo lag er daneben? Und ist seine Arbeit nun insgesamt gut oder schlecht? Ein Annäherungsversuch.
Reuter-Transfers: 68 in 10 Jahren
Die nackten Zahlen: Stefan Reuter ist seit Dezember 2012 Manager des FC Augsburg. Seitdem hat der FCA 68 Spieler fest verpflichtet. Leihgeschäfte fließen nicht in die Statistik mit ein, ebenso wenig wie mit einem Profivertrag ausgestattete Jugendspieler. Dem gegenüber stehen 27 verkaufte Profis. 26 weitere verließen den Verein ablösefrei. Das schauen wir uns einmal detaillierter an.
Reuter-Transfers: Blick auf die Finanzen
Während Stefan Reuters Amtszeit, beginnend mit dem Transferfenster im Winter 2013 und endend mit der festen Verpflichtung Arne Maiers im Mai 2022 hat der FCA rund 140 Millionen Euro für Transfers ausgegeben. Um diese Zahlen in Relation zu setzen, soll der FCA mit Mainz 05 verglichen werden. Ein Verein mit ähnlichen Mitteln wie der FCA, der obendrein auch noch seit der Ära Reuter in der Bundesliga spielt. Beim FSV sind es in diesem Zeitraum 155 Millionen Euro. Einen Wert, den Borussia Dortmund alleine in den vergangenen drei Jahren erreicht.
Der FCA gehört zu den Vereinen in der Liga, die am wenigsten für Transfers ausgeben. Aufsteiger wie Greuther Fürth oder der FC Ingolstadt liegen freilich hinter den Schwaben. Doch unter denen Vereinen, die seit 2012 in der Bundesliga spielen, gibt der FCA am wenigsten Geld aus. Der Abstand zu Mainz wäre zudem größer, rechnet man die US-Millionen raus, die man im Winter für Ricardo Pepi bezahlt hat. Der 19-Jährige ist der mit Abstand teuerste Neuzugang unter Stefan Reuter. Der besseren Vergleichbarkeit halber beziehen wir uns auf Zahlen von transfermarkt.de.
Augsburger Rekord-Neuzugänge
Ricardo Pepi
2022 vom FC Dallas
16,4 Millionen Euro
Martin Hinteregger
2016 von RB Salzburg
10,5 Millionen Euro
Tomas Koubek
2019 von Stade Rennes
7,5 Millionen Euro
Niklas Dorsch
2021 von KAA Gent
7 Millionen Euro
Felix Uduokhai
2020 vom VfL Wolfsburg
7 Millionen Euro
Den Ausgaben stehen Transfereinnahmen von rund 94 Millionen Euro zur Verfügung. Leihgebühren, wie sie etwa der FC Southampton für Kevin Danso gezahlt hat, fließen nicht in die Statistik mit ein. Auch hier wieder der Vergleich mit Mainz: Die Nullfünfer haben im selben Zeitraum rund 225 Millionen Euro durch Spielerverkäufe erzielt. Während Mainz bei den Transferausgaben noch vergleichsweise nah am FCA liegt, sind die Transfererlöse 2,5-mal so groß. Das liegt daran, dass der FSV immer wieder Spieler für sehr viel Geld verkauft hat, etwa Abdou Diallo (für 28 Mio Euro zu Dortmund), Jean-Philippe Gbamin (für 25 Mio Euro zu Everton) oder Jhon Cordoba (für 17 Mio Euro zu Köln). Ein Transfer dieser Größenordnung ist Stefan Reuter nur einmal gelungen, wie der Blick auf die Augsburger Rekord-Abgänge zeigt.
Augsburger Rekord-Abgänge
Abdul Rahman Baba
2015 zum FC Chelsea
26 Millionen Euro
Martin Hinteregger
2019 zu Eintracht Frankfurt
9 Millionen Euro
Philipp Max
2020 zur PSV Eindhoven
8 Millionen Euro
Marco Richter
2021 zu Hertha BSC
7 Millionen Euro
Jeong-ho Hong
2016 zu Jiangsu FC
6 Millionen Euro
So weit zu den reinen Fakten. Der FC Augsburg kann mittlerweile Transfers der Marke Ricardo Pepi stemmen und investiert deutlich mehr in Spieler als Zweitligaaufsteiger wie Greuther Fürth oder der VfL Bochum. Die Franken haben 1,4 Millionen Euro ausgegeben, der VfL keinen einzigen Cent. Union Berlin machte nach dem Bundesligaaufstieg übrigens 18 Millionen Euro locker. Im Vergleich mit Mainz fällt auf, dass der FCA im Ligavergleich mithalten kann, allerdings deutlich weniger durch Transfereinnahmen einnimmt. Wie ist das zu bewerten? Hat Stefan Reuter hier schlecht verhandelt? Schauen wir uns ein paar Transfers genauer an. Entscheidend ist hier unter anderem die Vertragssituation des Spielers, sein zum Verkaufszeitpunkt geschätzter Marktwert und die Summe, die der FCA zuvor bezahlt hat. Wir beginnen mit den positiven Aspekten.
Hier hat Reuter gut gewirtschaftet
Abdul Rahman Baba: Reuters Königstransfer. 2014 von Zweitligist Fürth für kolportierte 2,5 Millionen Euro geholt. Damaliger Marktwert: 1,5 Millionen Euro. Nach einer bärenstarken Saison für 26 Millionen Euro an den FC Chelsea verkauft. Damaliger Marktwert: 10 Millionen Euro. Spieler zum sportlichen Höhepunkt verkauft, Baba konnte nirgendwo an die Saison 2014/15 anknüpfen, zuletzt in die zweite englische Liga verliehen.
Jeong Ho-Hong: 2013 für 2 Millionen Euro aus Südkorea geholt. Damaliger Marktwert: 750 Tausend Euro. Nach drei soliden, keineswegs aber überragenden Jahren für 6 Millionen Euro in die damals mit Geld um sich werfende chinesische Liga verkauft. Damaliger Marktwert: 2 Millionen Euro. Spieler zum richtigen Zeitpunkt verkauft, mehr hätte man zumal bei einem Jahr Restvertrag nicht für den Südkoreaner bekommen.
Kevin Danso: Augsburger Eigengewächs. Hätte Reuter gerne langfristig beim FCA gesehen. Stellte sich bei Wechselwünschen des Youngsters quer. Durch eine Leihe an den FC Southampton und zu Fortuna Düsseldorf konnten 4 Millionen beziehungsweise 500.000 Euro generiert werden. Damaliger Marktwert: 8 beziehungsweise 6,3 Millionen Euro. Nach Unstimmigkeiten und abgelehntem Wechselwunsch 2020 für 5,5 Millionen Euro nach Lens verkauft. Damaliger Marktwert: 5 Millionen Euro. Rechnet man die Leihgebüren mit ein, ein aus finanzieller Sicht insgesamt guter Transfer. Als Nachwuchsprofi keine Ablöse für den FCA gekostet. Insgesamt wäre aber auch wohl ein Verkauf zu einem sportlich und damit finanziell besseren Zeitpunkt möglich gewesen.
Hier war für Reuter mehr drin
Der Danso-Transfers lässt bereits ein gewisses Gefühl bei FCA-Transfers erahnen. Wäre bei klugerer Verhandlungsweise nicht vielleicht etwas mehr drin gewesen? Hätte man den Spieler womöglich schon früher verkaufen können? Auch hierfür gibt es in der Ära Reuter einige Beispiele. Etwa Marco Richter, den Reuter für 7 Millionen Euro verkauft hat, der bei Markthöchstwert von 10 Millionen Euro aber wohl auch teurer verkauft hätte werden können. Oder Konstantinos Stafylidis, den Reuter nicht nach Hamburg ziehen lassen wollte. Oder aus dem aktuellen Kader Ruben Vargas, dessen Marktwert laut transfermarkt.de zuletzt von 13 auf 9 Millionen Euro gefallen ist.
Prominentestes Beispiel ist aber Philipp Max. Grundsätzlich ein starker Reuter-Transfer. Für 3,8 Millionen Euro aus der Zweiten Liga geholt, zum Stammspieler geformt, bei zwei Jahren Restvertrag gewinnbringend für 8 Millionen Euro verkauft. Das große Aber: Damaliger Marktwert: 15 Millionen Euro. Max´ höchste Martkwerteinstufung liegt sogar bei 20 Millionen Euro. Der Linksverteidiger war Bundesligastammspieler, Olympiateilnehmer, Nationalmannschaftskandidat – und überlebenswichtig für den FCA. Hier hat sich Reuter gegen das größte Transferplus entschieden, oder lapidar gesagt: verzockt. Das trifft auch auf einige ablösefreie Transfers zu.
Ablösefreie FCA-Abgänge
Rani Khedira
2021 zu Union Berlin
Damaliger MW: 5 Mio. Euro
Marwin Hitz
2018 zu Dortmund
Damaliger MW: 4 Mio. Euro
Ja-Cheol Koo
2019 zu Al-Gharafa
Damaliger MW: 3,5 Mio. Euro
Konstantinos Stafylidis
2019 zu Hoffenheim
Damaliger MW: 3 Mio. Euro
Dong-Won Ji
2019 zu Mainz
Damaliger MW: 1,75 Mio. Euro
Hitz und Khedira waren zuvor bereits ablösefrei an den Lech gewechselt – wie viele andere namhafte Spieler in der FCA-Geschichte. weswegen durch die Wechsel zumindest kein finanzielles Loch im FCA-Gerüst entstand. Für Koo hat der FCA jedoch 5, für Stafylidis 2,5 Millionen Euro bezahlt. Diese Summe schien zum Verkaufspunkt angemessen. Und diese Spieler haben mit Abstrichen auch gut in Augsburg funktioniert. Wie aber sieht das im Großen und Ganzen aus? Bringen Reuters Transfers Leistung? Eine Einschätzung zu des Sportdirektors besten, aber auch schlechtesten Transfers. Hier geht es nicht nur um die Transfersumme, sondern auch darum, wie sich der Spieler beim FCA entwickelt hat. Wir beginnen mit dem Positiven und nehmen in diese Kategorie auch ablösefreie Wechsel mit auf.
Reuters Toptransfers
André Hahn: Reuters erster Transfer im Januar 2013. Kam für 250 Tausend Euro aus der dritten Liga. Voll eingeschlagen beim FCA. Nach einer Saison mit 10 Toren Nationalspieler. Für im Nachhinein zu niedrig erscheinende 2,25 Millionen nach Gladbach verkauft, später für 3 Millionen von Hamburg zurückgeholt. Führungsspieler und Identifikationsfigur.
Raul Bobadilla: Für 1,5 Millionen Euro aus Basel geholt, später für 2 Millionen Euro nach Gladbach verkauft. Machte in 105 Spielen 29 Tore und 10 Vorlagen.
Abdul Rahman Baba: Vor allem aufgrund des satten Transferplus in dieser Liste.
Marwin Hitz: Ablösefrei aus Wolfsburg geholt. Über Jahre hinweg ein starker Rückhalt im Tor. Machte 157 Spiele für Rot-Grün-Weiß.
Halil Altintop: Reuters nächster Null-Euro-Coup. Kam ablösefrei aus Trabzonspor. Machte 128 Spiele, 22 Tore, 14 Vorlagen.
Alfred Finnbogason: Nach Leihe die Initiative zum festen Kauf ergriffen. Für 4 Millionen Euro bei damaligem Marktwert von 5 Mio verpflichtet. 39 Tore für Augsburg.
Reece Oxford: Nach Katastrophen-Leihe für 2 Millionen Euro von West Ham fest verpflichtet. Bereits abgeschrieben, nun unverzichtbar.
Ruben Vargas: Junger Spieler mit Potential, EM-Teilnehmer. Für 4 Millionen Euro aus Luzern gekommen. Sollte der Schweizer den FCA verlassen, wohl Transferplus.
Arne Maier & Niklas Dorsch: Reuters aktuellstes Kunststück. Dass das zentrale Mittelfeld des U21-Europameisters beim FCA unter Vertrag steht, ist ein dickes Pfund.
Nun zu den Transfers, die nicht ganz so gut eingeschlagen sind
Reuters Floptransfers
Tim Matavz: 2014 für 4 Millionen Euro aus Eindhoven gekommen. Damaliger Augsburger Rekordtransfer. Hat nie beim FCA funktioniert. In 34 Spielen drei Tore und zwei Vorlagen. Nach zwei enttäuschenden Leihen nach Genua und Nürnberg zurück in die Eredivisie. Großes Minusgeschäft.
Daniel Opare: Rechtsverteiger, der Paul Verhaegh beerben sollte. Idee krachend gescheitert. Fehler auf und neben dem Platz. 2015 ablösefrei aus Porto gekommen, drei Jahre später ablösefrei nach Antwerpen gewechselt.
Takashi Usami: 2016 für 1,5 Millionen Euro aus Japan geholt. Wollte zuvor beim FC Bayern zum Weltfußballer reifen. Dieses Ziel wird er auch wegen 11 enttäuschenden FCA-Spielen nicht erreichen.
Marwin Friedrich: Für vergleichsweise wenig Geld in jungen Jahren vom FC Schalke geholt. Hatte nie eine Chance in Augsburg. Wechselte nach starken Saisons bei Union Berlin zu Mönchengladbach. Hier hat der FCA gepennt, was grundsätzlich nicht (nur) Reuter anzulasten ist.
Fabian Giefer: Sollte 2017 Augsburgs neuer Stammkeeper werden. Kam mit der Empfehlung von mickrigen 14 Spielen in drei Jahren. War beim englischen Zweitligisten Bristol City kein Startelfkandidat. Ruinierte sich mit den 4 abenteuerlichen FCA-Spielen die eigene Karriere. Derzeit vereinslos.
Tomas Koubek: Der nächste Keeper in dieser Liste. Kam 2019 für 7,5 Millionen Euro aus Rennes. Überzeugte nicht, musste für Andreas Luthe weichen. Insgesamt 25 Spiele für Rot-Grün-Weiß. Seit Rafal Gikiewicz da ist, kein Einsatz.
Stefan Reuter hat insgesamt mehrfach ein glückliches Händchen bei Transfers bewiesen, lag gleichzeitig aber auch öfter falsch mit seiner Einschätzung. Ein Wundermanager oder „Don Reuter“, wie den 55-Jährigen im Sommer noch einige Internetfans feierten und als welchen der FCA seinen Geschäftsführer Sport selbst auf Social Media bezeichnete, ist Stefan Reuter insgesamt nicht. Ein untragbarer Katastrophenfunktionär allerdings auch nicht.
Auch in diesem Jahr dreht sich das Trainerkarussell in der Bundesliga wie verrückt. Hatte man gedacht, dass nach dem letzten turbulenten Sommer ein klein wenig Ruhe einkehren würde, so hat man sich gewaltig geschnitten. Stand heute gibt es gleich bei sieben Teams einen Wechsel an der Seitenlinie. Mittendrin statt nur dabei ist auch unser geliebter FCA, der nach Markus Weinzierls fragwürdigem Abgang ebenfalls wieder einmal auf der Suche ist. In den sozialen Netzwerken wird dabei heiß diskutiert, ob das Problem vielleicht auf einer ganz anderen Position zu finden ist. Ein Grund für uns von der RoGaz, mal genauer nachzuschauen. Mit welchen Trainern hat Stefan Reuter beim FC Augsburg bereits zusammen gearbeitet? Gab es sportlich gesehen jeweils eine Verbesserung?
Zweite Chance
Ganze 4 Jahre lang war Stefan Reuter ohne Tätigkeit im Sportgeschäft, bevor er in Augsburg schließlich die große Chance bekam, sich erneut als Manager zu beweisen. Seine Verpflichtung rief doch einiges an Überraschung hervor. Immerhin war er bei unseren blauen Nachbarn aus München nicht unbedingt erfolgreich gewesen, wie Irina im ersten Teil unserer kleinen Stefan Reuter – Serie sehr ausführlich beschrieben hat.
Und auch in Dortmund ist sein Abgang keineswegs geräuschlos verlaufen. Nach zwölfeinhalb Jahren bei den Schwarzgelben legte er sein zuletzt ausgeführtes Amt als Teammanager auf eigenen Wunsch nieder. Die Begründung: „Die Strukturen und Kompetenzen sind für mich nicht gegeben, um erfolgsorientiert zu arbeiten“, so Reuter gegenüber der BILD. Offensichtlich braucht Stefan Reuter aus seiner Sicht einen weitreichenden Zuständigkeitsbereich, um erfolgreich arbeiten zu können.
Und genau dies schien der heutige Ehrenpräsident Walther Seinsch ihm bieten zu können, denn am 27.12.2012 gab der damals 71Jährige bekannt, Stefan Reuter als Nachfolger von Jürgen Rollmann verpflichtet zu haben.
Wir freuen uns, dass wir mit Stefan Reuter einen absoluten Fachmann für den FC Augsburg gewinnen konnten. Er hat sich ganz kurzfristig zum FCA bekannt, weil er das Potenzial des Klubs erkannt hat.
Ich denke, jeder von uns weiß noch, wie es um unseren FC Augsburg damals sportlich gesehen bestellt war. Mit gerade einmal 9 Punkten lag unser Herzensverein schon relativ weit abgeschlagen auf Rang 17 der Bundesligatabelle. Zwar waren es nur drei Zähler auf den Relegationsplatz, doch ans rettende Ufer waren es deren sogar 10.
Kein Grund aber für Stefan Reuter, den Kopf in den Sand zu stecken. „Wir haben drei Punkte Rückstand auf den Drittletzten. Es gibt auch die Möglichkeit der Entscheidungsspiele. Es wird schwierig, aber nicht unmöglich“, sagte er in einem Gespräch mit dem SID.
Weinzierl – Klappe, die Erste
Trotz zahlreicher kritischer Stimmen hielt der neue Sportdirektor damals an Trainer Markus Weinzierl fest. Der gebürtige Straubinger hatte erst im Juli den Posten von Aufstiegstrainer Jos Luhukay übernommen. Und dass es zum damaligen Zeitpunkt sportlich nicht rund lief, braucht bei diesen Verhältnissen wirklich keinen zu wundern. Vor Stefan Reuter gab es immerhin gleich zwei Manager innerhalb eines halben Jahres. Da kann keine Ruhe im Verein herrschen, die es aber doch braucht, um erfolgreich arbeiten zu können.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wir wissen alle, wie die Geschichte ausging. Das Duo Weinzierl und Reuter schien in jener ersten Amtszeit perfekt miteinander zu harmonieren. Immerhin durchlief der FC Augsburg unter ihnen die erfolgreichste Phase der Clubhistorie. Die Teilnahme an der Europa League, das zweimalige Erreichen des Achtelfinales im Pokal und die Plätze 5 und 8 in der Tabelle sprechen für sich. Zudem wurden der Sportdirektor und der Coach in der Saison 2013/14 vom Fußballmagazin 11FREUNDE als bester Trainer bzw. bester Manager des Jahres ausgezeichnet.
Auch die Statistiken zu jener Zeit zeigen, dass einfach alles passte. Sowohl neben als auch auf dem Platz. Nie mehr war die Punkteausbeute so hoch wie in Markus Weinzierls erster Amtszeit. So holte man in der Saison 2013/14 durchschnittlich 1,53 Punkte je Partie. In der Folgesaison waren es immerhin stattliche 1,44, die zum Einzug in die Europa League reichten. Und auch in puncto Zweikampfquote (Bestwert: 52,09%), Ballbesitz (52,29% ) und Passquote (76,44%) erreichte der FCA nie wieder so gute Werte.
Es hätte alle so schön sein und ewig so weiter gehen können. Es war auch soweit alles angerichtet, denn Weinzierl hatte seinen Vertrag sogar schon bis 2019 verlängert. Doch leider klopfte dann die große, böse Konkurrenz aus Gelsenkirchen an und wollte uns unseren Erfolgstrainer weg schnappen. Der wiederum war der Meinung, mit dem Team „alles erreicht zu haben, was wir zusammen erreichen konnten. Nun muss einer mit neuen Ideen und neuen Visionen übernehmen.“ In einem Gespräch mit der Wochenzeitung Ende Mai 2016 – und damit kurz nach Saisonende – sprach er sogar noch davon, dass sein Engagement auf Schalke nicht scheitern würde, da er sich „lange darauf vorbereitet“ habe.
Ich denke, nicht nur eine große Anzahl von Fans, sondern auch Stefan Reuter nahmen das Markus Weinzierl richtig übel. Vor allem auch, da Weinzierl seinen Vertrag über seinen Rechtsanwalt auflösen ließ. Nach wochenlangem Hickhack stimmte unser Sportdirektor schließlich der Auflösung des gültigen Arbeitspapiers zu und bescherte dem FCA damit eine Ablöse in Höhe von ca. 3 bis 5 Millionen Euro. Aber der Stachel der Enttäuschung saß sehr tief. Und wie man nun mehr oder weniger mitbekommen hat, tut er das auch noch heute.
Ein kurzes Intermezzo
Mit dem Abgang von Markus Weinzierl musste nun also nach 4 konstanten Jahren erstmals ein neuer Trainer von Stefan Reuter eingesetzt werden. Diesen fand er beim damaligen Ligakonkurrenten SV Darmstadt 98. Dirk Schuster hatte die Hessen 2012 in der 3. Liga übernommen und sie souverän ins deutsche Oberhaus geführt. Mit 38 Punkte hatte Schuster sogar genau gleich viele Punkte geholt wie der FC Augsburg in jener Spielzeit und war mit seinem Verein nur aufgrund des schlechteren Torverhältnisses zwei Plätze hinter den Fuggerstädtern auf Rang 14 gelandet.
Dirk Schusters Zeit in Augsburg war kurz und nicht unbedingt ansehnlich. Viele Stimmen beschwerten sich damals über die sehr defensive Ausrichtung der Taktik. Und die Statistiken geben ihnen Recht. Mit gerade einmal 0,79 Toren je Partie ist das mit Abstand der schlechteste Wert der Augsburger Bundesligageschichte. In den Kategorien Ballbesitz (45,29%), Laufleistung (109,58 km) und Passquote (73,09%) nahmen die Werte im Vergleich zu seinem Vorgänger deutlich ab. Lediglich was die Zweikampfquote anging, konnte Schuster dem Team mit 49,5% ähnliche Leistungen entlocken.
Trotz dieser Leistungen kam die Trennung für viele FCA-Fans zum damaligen Zeitpunkt dennoch überraschend. Immerhin war man auf dieser Position Konstanz gewöhnt und tabellarisch standen unsere Jungs mit 14 Punkten aus 14 Spielen auf Rang 13. Der Abstand auf den Relegationsplatz war jedoch auf 4 Punkte zusammen geschrumpft, nachdem man das Abstiegsduell gegen den HSV am 10.12.2016 mit 1:0 verloren hatte.
Zu viel anscheinend für Reuter, der 4 Tage später die Entlassung von Schuster bekannt gab. In der offiziellen Pressemitteilung hieß es: Nach eingehender Analyse der aktuellen sportlichen Situation sind die Verantwortlichen des FC Augsburg zu der Erkenntnis gelangt, dass unterschiedliche Auffassungen über die weitere sportliche Ausrichtung und die Art und Weise, wie der FCA Fußball spielen will, herrschen.
Stefan Reuter selbst begründete den Trainerwechsel am 15.12.2016 wie folgt: „Die letzten Wochen hat sich das angedeutet und es war eine Tendenz zu erkennen, die uns nicht gefallen hat. Und nach dem HSV-Spiel haben wir die Dinge nochmal intern besprochen und sind zu dem Schluss gekommen, jetzt auch kurzfristig zu handeln. Weil wir eben auch die Gefahr sehen, dass unsere Ziele in Gefahr geraten. Und das war der Grund, warum wir jetzt auch zwei Spieltage vor der Winterpause so eine Entscheidung treffen. Die entscheidenden Gründe sind einfach, dass man – wie ich es gesagt habe – dass man der festen Überzeugung ist, dass man gemeinsam die Zukunft nicht erfolgreich gestalten kann. Das Gefühl war einfach da, dass auch ein Stück weit die Überzeugung innerhalb der Mannschaft fehlt.“
Der offizielle Trennungsgrund waren laut Reuter also sportliche Gründe. Seltsam ist dabei allerdings, dass Dirk Schuster zuvor mit einem Veilchen beim Training aufgetaucht war. Angeblich kam er zwar von Hamburg mit einer Magen-Darm-Grippe zurück und stürzte nachts in seinem Badezimmer. Ob das jedoch so stimmt, bleibt fraglich, denn es gibt durchaus anderweitige Gerüchte. Alles in allem eine seltsame Episode für einen auf Konstanz bedachten Verein.
Vereinsinterne Lösung
Nach der doch recht kurzen Episode mit Schuster, sollte Manuel Baum schließlich für Ruhe und auch für Konstanz auf diesem Posten sorgen. Zuerst einmal war der damalige Chef des Nachwuchsleistungszentrum nur als Interimslösung geplant. Als dieser jedoch in den zwei Spielen vor der Winterpause – gegen Gladbach und den BVB – 4 Punkte einfahren konnte, beförderte man ihn kurzerhand zum Cheftrainer der Profimannschaft.
Sportlich gesehen war der Lehrer auf jeden Fall eine sichere Bank. Zwar zogen wir nicht in die internationalen Wettbewerbe ein, doch in Augsburg ist das übergeordnete Ziel ohnehin der Klassenerhalt. Und das schaffte Baum doch recht passabel mit einem 13. und einem 12. Platz in der Tabelle in den Jahren 2016/17 und 2017/18. Seine Punkteausbeute von 1,2 und 1,21 Zählern pro Spiel war im Übrigen auch die Zweitbeste nach Markus Weinzierl. Dies zeigt wiederum sehr deutlich, wie wichtig Kontinuität auf diesem Posten auch für das Team sein kann.
Doch dann kam schließlich die Saison 2018/19 und wenn ich heute so darüber nachdenke, dann war das Scheitern von Manuel Baum eigentlich schon lange vorher abzusehen. Am 02.11.2018 verstarb vollkommen überraschend eine große Konstante des Vereins. Peter Bircks – Aufsichtsratsvorsitzender, Geschäftsführer für Finanzen der KGaA und die gute Seele des FCA – erlag den Folgen eines Autounfalls. Dies stürzte den FC Augsburg in eine tiefe Krise, denn im Zeitraum vom 03.11.2018 bis einschließlich dem 26.01.2019 konnten die Jungs kein einziges Spiel mehr gewinnen. 3 Unentschieden und 7 Niederlagen stehen hier zu Buche. Ihr könnt mich gerne für verrückt halten, aber für mich deutet das auf Unruhen innerhalb des Vereins hin, was sich schnell auch mal auf die Mannschaft übertragen kann.
Stefan Reuter wusste natürlich Rat und holte mit Jens Lehmann einen erfahrenen Ex-Kollegen als Co-Trainer an Bord. Darüber möchte ich mich jetzt lieber nicht äußern. Nur so viel: Gefruchtet hat es nicht. Zwar konnte der FCA 10 Punkte einfahren, aber musste sich auch 5 Mal geschlagen geben. Und das mit sage und schreibe 21 Gegentoren in 9 Partien. So viel zu „Abwehr stabilisieren“…
Und auch hier gab es bei der Trennung eine ausschweifende Erklärung, die dem Zuhörer irgendwo bekannt vorkam: „Wir haben in den letzten Wochen und Monaten wirklich alles probiert, dass wir in der Konstellation mit Manuel Baum als Cheftrainer die Wende schaffen, die Weichen auf Erfolg stellen. Das ist uns leider nicht hinreichend gelungen. Und jetzt nach der klaren Niederlage gegen Hoffenheim und eben auch der Niederlage gegen Nürnberg hat uns die Überzeugung gefehlt, dass wir das nochmal dauerhaft hinkriegen. Die Leistungen waren einfach auch zu schwankend und das hat uns dazu bewogen, einen klaren Schnitt zu machen, um mit der Neuausrichtung in die nächsten Wochen zu gehen, den Saisonendspurt optimistisch anzugehen und die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft des FC Augsburgs zu stellen.“
Mit Manuel Baum musste übrigens nicht nur Co-Trainer Jens Lehmann, sondern auch der damalige Technische Direktor Stephan Schwarz seine Koffer packen, der 2013 als Chefscout beim FCA angefangen hatte. Ab 2017 unterstützte er den Sportdirektor bei der Kaderplanung und war auch für die Trainingsplanung mitverantwortlich. Zudem wurde er in alle Entscheidungen eingebunden und bildete mit Stefan Reuter sozusagen den sportlichen Denkapparat.
Mit dessen Entlassung begann also quasi die „Alleinherrschaft“ unseres Geschäftsführers für den sportlichen Bereich, denn die Stelle des Technischen Direktors wurde seitdem nicht neu besetzt. Zwar trafen Reuter, Ströll und Hofmann nach eigener Aussage die wichtigen Entscheidungen stets zusammen doch wie zuletzt bekannt wurde, schaffte es der Eine oder Andere auch mal, seine eigene Entscheidung bei den anderen Beiden durchzudrücken.
Positiver Schweizer
Auf jener Pressekonferenz, bei der das Ende von Manuel Baum verkündet wurde, stellte man mit Martin Schmidt gleich den neuen Trainer vor. Stefan Reuter beschrieb den Schweizer als erfahrenen Bundesligatrainer, der die Werte des FC Augsburg schätzt, verkörpert und hoch hält.
Ich persönlich mochte den Fußball, den wir unter Martin Schmidt zu sehen bekamen. Kämpferisch, bissiger Umschaltfußball, der in vielen Toren endete. In seinen ersten 6 Partien schossen die Jungs gleich einmal 14 Tore. Das große Problem war allerdings auch, dass man hinten die Abwehr nie wirklich dicht bekam und dadurch überdurchschnittlich viele Tore kassierte. Ein Grund hierfür mögen auch die Abstimmungsprobleme mit dem neu verpflichteten Torhüter Tomas Koubek gewesen sein.
Schmidt war für insgesamt 31 Spieltage Trainer unseres geliebten FCA. Dabei sah man 9 Siege, 7 Unentschieden und 15 Niederlagen. Das macht einen Punkteschnitt von 1,1. Auch in den übrigen Statistiken war die Leistung eher durchschnittlich. Was hierbei relativ auffällig ist, dass man unter dem heute 55Jährigen tatsächlich einen Leistungseinbruch hatte. Vor allem, was die Passquote anging. Die sank nämlich von einem Wert von ca. 76% auf 68%. Die Zweikampfquote dagegen blieb recht stabil bei 46%.
Der Zeitpunkt von Martin Schmidts Entlassung warf in der Fangemeinde aber dann doch einige Fragen auf. Zwar hatte das Team in der Rückrunde bis dato nur 4 Punkte geholt. Dennoch hatten die Jungs in der Allianz Arena einen Kampf hingelegt, der sich sehen lassen konnte. Zudem hatte der Schweizer Coach endlich reagiert und auf der Torhüterposition einen Wechsel vorgenommen. Ob ihm das vielleicht zum Verhängnis geworden sein könnte?
Fakt ist, dass Sportdirektor Stefan Reuter am 09.03.2020 die Trennung von Martin Schmidt bekannt gab. Dies begründete er wie folgt: „Die natürlich enttäuscht waren, weil sie es gerne selbst gedreht hätten, aber auch gesagt haben, aufgrund der Statistiken, die deutlich gegen uns sprechen, die deutlich in die falsche Richtung zeigen, was Passquote, was Zweikampfquote usw. angeht, haben sie volles Verständnis gehabt. Und wünschen dem FC Augsburg – uns allen – viel Erfolg, dass wir unser Ziel erreichen, die Klasse zu halten.“
Das lassen wir jetzt einfach mal so dahin gestellt, aber ich glaube, so ähnlich haben wir das schon mal gehört, oder?
Herrlich… wars nicht
Der ehemalige Teamkollege unseres Sportdirektors wurde schon einen Tag nach der Entlassung von Martin Schmidt als neuer Coach vorgestellt. Man muss dazu sagen, dass Herrlich keine einfache Zeit beim FC Augsburg hatte, denn unter ihm durfte nur ein einziges Spiel vor Zuschauern bestritten werden. Am 2. Spieltag der Saison 2020/21 durften 6.000 Zuschauer einen Sieg unserer Augsburger über Borussia Dortmund sehen. Corona sei es gedankt… Vielleicht wäre der Fußball auch ansehnlicher gewesen, wenn Fans in den Stadien zugelassen gewesen wären. Man weiß es nicht…
Die taktische Ausrichtung unter Herrlich war trotzdem sehr schwere Kost. Hatte man unter seinem Vorgänger noch attraktiven Offensivfußball bewundern dürfen, so stand nun die Defensive im Vordergrund. Zwar wurde unter Herrlich die Abwehr stabilisiert, aber nach vorne ging halt gar nichts. Unsere Stürmer um Florian Niederlechner, Alfred Finnbogason und Co. wurden in ein mentales Tief gesogen und trafen so gut wie gar nicht mehr.
Und auch die von Reuter geforderte Verbesserung in puncto Zweikampfquote, Passquote etc. traf nur bedingt ein. Insgesamt erreicht Heiko Herrlich in der Saison 2020/21 Werte von 73,05% angekommenen Pässen und 48,68% gewonnenen Zweikämpfen. Unter ihm liefen die Spieler tatsächlich am meisten – durchschnittlich 118,88 km pro Partie – allerdings gab man mit 9,48 Torschüssen auch die wenigsten Schüsse ab. Zudem fiel Herrlich immer wieder mit unangenehmen Situationen auf. Ich sage nur: Zahnpasta!
Als Fan war es ziemlich frustrierend, sich diese Leistungen Woche für Woche anschauen zu müssen. Viele forderten eine Entlassung des gebürtigen Mannheimers, doch Stefan Reuter zögerte. Das brachte den FCA nicht nur erneut in den Abstiegskampf, sondern ließ erste Stimmen und Zweifel gegenüber unserem Sportdirektor laut werden. Als sich die Augsburger in einem desaströsen Heimspiel gegen Tabellensiebzehnten allerdings 3 Gegentore in einer Halbzeit einfingen, war Heiko Herrlich nicht mehr zu halten.
Ich bin trotzdem der Überzeugung, dass es Stefan Reuter nicht leicht gefallen ist, seinen Freund zu entlassen. In der Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen Coaches sagte der Geschäftsführer Sport: „Weil wir natürlich in den letzten vier Spielen gegen direkte Konkurrenten – mit Ausnahme von Frankfurt, aber Schalke, Bielefeld und Köln – nur einen Punkt geholt haben. Und die Art und Weise wie die Mannschaft dann gespielt hat. Ich glaube, wir machen das hier nicht immer vom Ergebnis abhängig, sondern wir müssen spüren, dass die Überzeugung da ist. Und auch die Überzeugung innerhalb der Kabine da ist, dass wir das aus eigener Kraft schaffen. Das hat uns gefehlt und darum sind wir zu dem Entschluss gekommen, jetzt noch in dieser Saison auch zu reagieren.“
Im Übrigen war Heiko Herrlich der Einzige, der sich in einem öffentlichen Statement von den Fans verabschieden durfte.
Weinzierl – Klappe, die Zweite
Viele Fans in den sozialen Netzwerken haben ihn gefordert und sie haben ihn bekommen. Der Erfolgstrainer kehrte nach Hause zurück. In der Pressekonferenz zu seiner Vorstellung wirkte Stefan Reuter nach außen hin beinahe erleichtert, Markus Weinzierl wieder an seiner Seite zu haben. Die Unstimmigkeiten alter Zeiten seien schon längst ausgeräumt worden.
Alles anscheinend nicht ganz der Wahrheit entsprechend, wenn man auf die jüngsten Geschehnisse blickt. Immerhin hat Markus Weinzierl in seinem Interview bei Sky kurz nach Abpfiff schwer kritisiert.
Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil wir nicht gesprochen haben. Von daher ist es so, dass er gestern zu mir gesagt hat, er will eventuell nächste Woche oder am Montag reden. Es ist aber nicht nur auf das hin zu beziehen. Es ist in den letzten Wochen und Monaten ein Prozess gewesen, der gestern eben auch mit der Presseerklärung des Präsidenten in mir gereift ist… Wir haben die Liga gehalten als FC Augsburg. Ich glaube, wir haben das Budget vom Tabellenfünfzehnten und sind jetzt aktuell Tabellenvierzehnter. Haben es 3 – 4 Spieltage vor Schluss geschafft, im Endeffekt souverän geschafft. Es kam keine Zufriedenheit auf und das war auch so ein Signal für mich. Oder ein Zeichen für mich. Und dann… Wie gesagt, mehrere Gründe.
Auch in der Pressekonferenz ging es mit indirekten Vorwürfen weiter. Als FCA-Fan wusste man gleich gar nicht mehr, was man sagen sollte. Leute, die mich kennen, wissen, dass ich jetzt nicht unbedingt ein Fan davon war, Markus Weinzierl zurück zu holen. „Aufwärmen sollte man nur Gulasch“, hat mein Vater immer gesagt und er sollte auch in diesem Falle Recht behalten. Doch sein Abgang warf Fragen auf, die bis heute unbeantwortet geblieben sind.
Blickt man auf die Statistiken, dann hat sich das Team unter Weinzierl nur bedingt verbessern. Zwar schossen unsere Jungs mehr Tore (1,15 im Vergleich zu 1,11 unter Herrlich), kassierten aber gleichzeitig auch mehr Gegentore (1,65 im Vergleich zu 1,52). Zwar wirkte die Art Fußball zu spielen ein wenig ansehnlicher und man hatte den Eindruck, als stünde dort eine Einheit auf dem Platz, aber leider auch nicht in jeder Partie. Die Inkonstanz hatte uns auch in dieser Saison vollends im Griff. Das sieht man auch an den Werten der Passquote (71,34%), Zweikampfquote (47,65 %) und der Laufleistung (115,78 km), die allesamt schlechter sind als in der Herrlichschen Zeit.
Ich glaube, ich spreche trotzdem für uns alle, wenn ich sage, dass die Trennung nicht so verlief, wie sie sein sollte. Zu so etwas gehören aber immer zwei Parteien. Persönlich bin ich der Meinung, dass es im Hintergrund auf irgendeine Art und Weise Unruhen gegeben hat und Markus Weinzierl sich nicht wertgeschätzt haben muss. Aber ob man das dann in der Öffentlichkeit so austragen muss, ist die andere Frage.
Unser Sportdirektor zeigte sich natürlich sehr überrascht. „Das ist für mich schon überraschend, dass er das jetzt unmittelbar nach dem Spiel macht. Weil wir haben einen Sieg, die Stimmung im Stadion war sehr gut und positiv, die Fans haben gefeiert – auch die Mannschaft. Da hätte ich mir gewünscht, dass wir nächste Woche in aller Ruhe sprechen und uns da austauschen. Unterschiedliche Sichtweisen vielleicht austauschen“, so Stefan Reuter bei Sky.
Das war aber auch das Einzige, das er bisher verlauten ließ, denn seit dem 14.05.2022 hat man von keinem unserer Geschäftsführer irgendetwas zur aktuellen Situation zu hören bekommen.
Ligavergleich
Die Kritik an unserer sportlichen Leitung hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Immer wieder kann man sowohl in den Medien, als auch in den sozialen Netzwerken negative Stimmen darüber lesen, dass so viele Trainer verschlissen worden sind. Immerhin gab es nun in den letzten 3 Jahren mit Manuel Baum, Martin Schmidt, Heiko Herrlich und Markus Weinzierl 4 verschiedene Trainer mit unterschiedlichen Philosophien. Natürlich klingt das erst einmal viel und auch ich wünsche mir endlich Konstanz auf dieser Position.
Doch schaut man sich mal in der Bundesliga um, dann stellt man schnell fest, dass der FCA auf der Trainerposition mit Abstand nicht die meisten Wechsel vornimmt. Im Gegenteil, man gehört sogar zu den Vereinen, wo mit am wenigsten der Trainer ausgetauscht wird. In 11 Jahren Bundesligazugehörigkeit hatte man gerade einmal 7 Trainer. In der Zeit ab der Übernahme von Stefan Reuter am 01.01.2013 gab es gerade einmal 5 Trainerwechsel.
Spitzenreiter Stuttgart hatte in der gleichen Zeit 16 Trainer. Dahinter folgt gleich der HSV mit 15 Coaches. Um genau zu sein hatte fast jeder Verein mehr Rotation auf dieser Position als der FC Augsburg. Lediglich der SC Freiburg, der überhaupt keinen Wechsel vorgenommen hat, und Borussia Mönchengladbach mit 5 Cheftrainern haben hier mehr Konstanz. Kurz: Der FC Augsburg liegt im Ligavergleich auf einem wirklich sehr guten 3. Platz, den man sich mit Eintracht Frankfurt teilt, die seit 2013 ebenfalls nur 6 Coaches hatten.
Fazit
Auch wenn man auf die Anzahl der Übungsleiter seit April 2019 blickt, stellt man fest, dass in nahezu jedem Verein nahezu gleich viele Wechsel vorgenommen wurden. Nur Freiburg, Union, Greuther Fürth (kein Wechsel) und in Frankfurt (ein Wechsel) war der Verschleiß an Trainern geringer. Bayern, Dortmund, Gladbach und Bielefeld hatten wie der FC Augsburg jeweils 3 Trainer.
Von daher könnte man jetzt sagen, dass ja alles nicht so schlimm ist. Trotzdem darf es ein „Weiter so“ aus meiner Sicht nicht geben. Konstanz kann im Fußball sehr viel ausmachen, wie man daran sieht, dass der FCA seine erfolgreichste Zeit hatte, als man 4 Jahre lang mit Markus Weinzierl den gleichen Coach hatte. Durch hervorragende Teamarbeit hat man es geschafft, den Verein sogar in die internationalen Wettbewerbe zu bringen. Daran sieht man, dass das genau die Dinge sind, auf die es ankommt: Konstanz, Zusammenhalt und ein ruhiges Arbeitsklima.
Genau das ist es aber, was sich nicht nur die Fans, sondern auch die Spieler wieder zu wünschen scheinen. So sagte Kapitän Jeffrey Gouweleeuw nach der Partie gegen Greuther Fürth: „Wenn man jedes Jahr einen neuen Trainer hat, ist das nicht gut. Jetzt müssen wir mal wieder abwarten und schauen.“ Das klingt in meinen Ohren nicht nur unsicher sondern auch unzufrieden. Das kann man auch durchaus nachvollziehen, denn jetzt kommt wieder ein neuer Coach mit neuen Ideen, Techniken, Taktiken und eventuell Veränderungswünschen. Dinge, die die Spieler erneut von der Pike auf verinnerlichen müssen.
Deswegen können wir nur hoffen, dass die Verantwortlichen und vor allem Stefan Reuter nun ein glücklicheres Händchen haben, was die Auswahl des neuen Trainers angeht, damit endlich wieder Konstanz und Ruhe in den Verein einkehrt. Vielleicht können wir dann irgendwann einmal wieder über solch große Erfolge jubeln, die wir einst feiern durften.
Wir sind schon alle ganz gespannt, wer der neue Trainer nun letztlich werden wird. Peter Zeidler, der in St. Gallen gezeigt hat, wie erfolgreich er mit einem jungen Team arbeiten konnte? Hannes Wolf, der den VfB Stuttgart einst zum Zweitligameister machte und heute die deutsche U19 erfolgreich trainiert? Sebastian Hoeneß, der erst in Hoffenheim seinen Posten räumen musste? Oder wird es am Ende doch jemand ganz anders, mit dem wir alle nicht rechnen? Wir können nur eines tun: Abwarten und Tee / Kaffee / ein kühles Riegele trinken.
Keine Person in Augsburg steht derzeit so arg im Scheinwerfer und auch in der Kritik wie Stefan Reuter. Wir nehmen die letzten Geschehnisse zum Anlass, um dem aktuellen „SpoDi“ des FCA eine Serie zu widmen. Beginnen wir einmal mit der Vorgeschichte des Stefan Reuter, der nicht immer Sportfunktionär war, sondern einst erfolgreicher Spieler hierzulande.
Kindheit und Jugend
Stefan Reuter wurde am 16. Oktober 1966 als mittlerer Sohn dreier Kinder von Fritz und Elle Reuter im mittelfränkischen Dinkelsbühl geboren. Er hat zwei Geschwister, Jörg und Ursula. Dinkelsbühl ist seinerseits eine große Kreisstadt im Landkreis Ansbach, rund 100 Kilometer von Augsburg entfernt und beheimatet 11.882 Einwohner*innen (Stand: 31.12.2020). Bedeutend sicherlich die Lage: Die Stadt liegt direkt an der Romantischen Straße, die älteste Ferienstraße Deutschlands, die in Füssen im Ostallgäu endet.
Im Alter von fünf jungen Jahren begann er in der Nachbarschaft- beim TSV 1860 Dinkelsbühl – das Fußballspielen. Dort hat er alle Jahrgänge bis zu den B-Junioren durchlaufen, seine Neffen Jonas (31) und Lukas (27) spielen heute noch dort, beim Kreisligisten in der KL Nürnberg/Frankenhöhe 1. Wenn es die Zeit zulasse, so Reuter, besucht er selbst seine Heimat – dort leben neben seinen Neffen noch seine Eltern sowie sein Bruder Jörg. 11 Jahre spielte Reuter in Dinkelsbühl, dann rief den talentierten Kicker die große Welt des Fußballs. Entdeckt hatte Reuter 1982 Günter Gerlin, ehemaliger Trainer des 1. FC Nürnberg und der SpVgg Greuther Fürth.
So wechselte Stefan Reuter mit 15 Jahren zum damaligen Zweitligisten 1. FC Nürnberg. Wir schreiben das Jahr 1982. Bei den prominenten Franken, beim „Club“, reifte Reuter zum Juniorennationalspieler heran, durchlief die U17 (1 Spiel) und U18 (7 Spiele) Deutschlands. In seiner Jugend vertrat er die Deutsche U16-Auswahl im UEFA-Wettbewerb „U-16“, der im Sommer in Deutschland stattfand. Mit seinen Teamkollegen sicherte sich Reuter mit einem 2:0 im Finale gegen die Sowjetunion als Einwechselspieler die Europameisterschaft der U16-Junioren.
Auch für die U18 Deutschlands kam er zum Einsatz (8 Spiele), ebenso für die U21-Nationalmannschaft, dort debütierte er am 24. September 1985 in Eskilstuna und erzielte prompt zwei Tore gegen die schwedische Auswahl. Darüber hinaus trat er im Jahre 1987 mit der Bundeswehr-Nationalmannschaft bei der Militär-WM an und errang mit seinen Mitstreitern den zweiten Platz. In seiner Jugend war Stefan Reuter aber nicht nur ambitionierter Kicker, sondern auch erfolgreich in der Leichtathletik. Er konnte die Bezirksmeisterschaft im Weitsprung gewinnen und war darüber hinaus noch bayerischer Meister in der Disziplin Crosslauf.
Profikarriere
Zehn Tage vor seinem 18. Geburtstag – es war der 06. Oktober 1984 – durfte Reuter für den Club in der zweiten Liga debütieren, gegen Kickers Offenbach am 9. Spieltag. Der „Glubb“ gewann 3:2 auswärts in Hessen. Zu Saisonende stieg der junge Stefan als rechter Mittelfeldspieler mit seiner Mannschaft in die Bundesliga auf und verweilte dort bis zur Saison 1987/88. Für den 1. FC Nürnberg bestritt Reuter 125 Pflichtspiele, erzielte als Defensivspieler 13 Tore. Zudem lief er dreimal im DFB-Pokal auf und traf zweimal ins gegnerische Tor. Am 18. April 1987 durfte Reuter zum ersten Mal für die deutsche A-Nationalmannschaft spielen. Sein Debüt gab der damals 20jährige beim 0:0 gegen Italien in Köln. Er wurde in Minute 63 für Wolfgang Rolff eingewechselt. Für die deutsche Auswahl absolvierte Stefan Reuter insgesamt 69 Partien.
1988 wechselte Reuter dann zum FC Bayern München, für den er insgesamt 95 Ligaeinsätze (4 Tore) verzeichnete sowie 10 UEFA-Pokal (1 Tor)- und 12 Landesmeisterpokal-Spiele (3 Tore). Er gewann mit den Münchner Bayern drei Titel und wechselte dann 1991 nach Italien zu Juventus Turin. Dort verweilte er genau eine Saison, bevor er sich dem BVB anschloss. 1992 riss das Kreuzband. 2000 erlitt er einen Knorpelschaden im Knie. Dennoch konnte Reuter 502 Bundesligapartien bestreiten. In Dortmund beendete er 2004 seine Karriere. Mit dem BVB gewann der gebürtige Franke in zwölf Saisons acht Titel. 1997 gewann er mit den Dortmundern die Champions League, nach einem 3:1 über Juventus Turin, seinen Ex-Club. Torschütze zum 1:0 sowie 2:0 übrigens der ehemalige Augsburger Karl-Heinz „Kalle“ Riedle, der im Finale in Minute 67 ausgewechselt wurde, für ihn kam Heiko Herrlich. Ebenfalls ein alter Augsburger Bekannter.
Stefan Reuter nahm sowohl an der WM 1990 als auch an der WM 1998 teil. 1990 errang er mit der deutschen Elf den Titel und erhielt in Folge das silberne Lorbeerblatt als Ehrung dieses Erfolgs. Weiterhin bestritt er die EM 1992 sowie 1996. Sein letztes Spiel für die deutsche Auswahl war das erste Vorrundenspiel der WM 1998 gegen die USA. Insgesamt wurde Stefan Reuter in seiner aktiven Laufbahn Weltmeister (1x, 1990), Europameister (1x, 1996), Champions League Sieger (1x, 96/97 mit dem BVB), Deutscher Meister (5x, 2mal mit dem FC Bayern und 3 mal mit dem BVB), Deutscher Zweitligameister (1x, 84/85 mit dem Club), U17-Europameister (1x, 1984), 1x Weltpokalsieger (1998, mit dem BVB) sowie deutscher Superpokalsieger (5x insgesamt). Zudem war Reuter zweimaliger UEFA-Cup-Finalist mit der Borussia aus Dortmund (2001/02, 1992/93). 502 Bundesligaspiele konnte Reuter in Summe bestreiten, 47 Einsätze im UEFA-Cup, 44 in der Champions League und 34 im DFB Pokal. Darüber hinaus absolvierte er 28 Partien in der Serie A und 8 im italienischen Pokal, der Coppa Italia.
Funktionärslaufbahn – BVB & 1860
2004 beendete Stefan Reuter – seine zugegebenermaßen glanzvolle – aktive Karriere beim BVB, übrigens als letzter verbliebener Weltmeister von 1990. Schon im Jahr 2000, parallel zu seiner Profilaufbahn, absolvierte Reuter einen Kurzlehrgang für Nationalspieler und erhielt die Lizenz des Fußballlehrers. Nach seinem Karriereende im Jahr 2004 wird er Assistent beim BVB, gab diese Position schon 2005 aber wieder auf. 2006 wechselte Reuter als Manager zum damaligen Zweitligisten 1860 München. Zuvor erfolgte beim TSV 1860 der Rauswurf von Trainer Reiner Maurer sowie Manager Roland Kneißl, dem Vorgänger Reuters auf der Position des Managers.
„Wir sind uns einig mit Stefan Reuter. Und wir sind sehr zufrieden mit seiner Verpflichtung, denn uns waren ja gleich zwei Leute ausgefallen.“
Damaliger Löwen-Präsident Karl Auer zur Verpflichtung von Stefan Reuter im Jahr 2006
Stefan Reuter erhielt bei den Löwen einen Vertrag bis 31.12.2008. „1860 ist für mich eine Riesenherausforderung. Das Wichtigste ist zunächst, dass das Sportliche wieder im Vordergrund steht, und ich bin überzeugt, dass die anvisierten Ziele erreicht werden können“, so Reuter damals zu diesem Schritt. In einem Kicker-Interview im Jahr 2006 gab Stefan Reuter an, dass die Management-Position in einem Fußballclub sein selbst gesetztes Ziel war.
Was Stefan Reuter schon immer in seinem Machtbereich sah- als Manager sieht er sich offensichtlich mit absoluter Kompetenz ausgestattet: „Dass es von den Profis bis zu den Amateuren und Jugendteams, vom Physiotherapeuten bis zum Zeugwart keinen Vertrag geben wird, der nicht meine Unterschrift trägt. Und ich frage auch keinen, ob ich mich auf die Bank oder in Spielersitzungen setzen darf. Aber die Kompetenz für die Mannschaft liegt klar beim Trainer.“
1860 als Sprungbrett und die Doppelrolle
2008 wurde Reuter dann zum Geschäftsführer der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA bestellt. Er war damals zu dem Zeitpunkt alleiniger Geschäftsführer des TSV 1860. Zuvor wurde der ehemalige Geschäftsführer Stefan Ziffzer entlassen, weil dieser eine Brandrede gegen den Club-Präsidenten Albrecht von Linde gehalten hatte. „Der Fisch stinkt vom Kopf her, und bei uns ist der Kopf der Präsident (…) Dieser Präsident ist eine Schande.“, so Ziffzer auf der Pressekonferenz nach dem 1:1 gegen den VfL Osnabrück, das dem TSV den Klassenerhalt sicherte. Noch im VIP-Raum wurde Ziffzer dann von von Linde die fristlose Kündigung ausgesprochen.
Überhaupt, es waren damals chaotische Tage bei den Löwen. „Bis Ende des Jahres müssen die „Löwen“ 1,5 Millionen Euro Eigenkapital aufbringen, um die Auflagen bzw. Bedingungen der Deutschen Fußball Liga (DFL) zu erfüllen“, berichtet der Kicker anno dazumal. Der Kicker berichtet zum damaligen Zeitpunkt von internen Machtkämpfen und finanziellen Schwierigkeiten. Reuter, selbst auch in der Kritik, sah sich Gerüchten ausgesetzt, er solle durch Miroslav Stevic ersetzt werden. Reuter lehnte damals einen Rücktritt ab.
2009 sah es sportlich nicht besser aus für den Club mit den großen Ambitionen und der großen sportlichen Historie. Platz elf bekleidete der TSV in der zweiten Liga, zu wenig für den Traditionsverein mit Erstligaträumen. Wirtschaftlich sah es ebenfalls fatal aus (die Rede war von drei Mio. Euro Schulden), daher stieg 2009 ein Investor namens Nicolai Schwarzer, Inhaber der Schwarzer Unternehmensgruppe, bei den Löwen ein. Zudem wurde der Job von Stefan Reuter, der zuletzt Geschäftsführer und Sportdirektor in einem war, auf mehrere Schultern verteilt. Neuer Sportdirektor wurde Ex-Löwenspieler Miroslav Stevic. „Mit Herrn Reuter sind wir im Gespräch über sein verändertes Aufgabenfeld. Wir würden ihn gern dafür gewinnen“, so Präsident Rainer Beeck. Die Augsburger Allgemeine vermeldete damals, Stefan Reuter solle Geschäftsführung und Sponsoren-Betreuung übernehmen.
Bereits zehn Minuten vor der einberufenen Pressekonferenz, um unter anderem den Investor vorzustellen, ließ Stefan Reuter vor den anwesenden Journalisten verlauten: „Das Angebot, das mir nicht einmal konkret vorliegt, kann ich nicht annehmen.“ Die drei anwesenden Vorstände, darunter SPD-Fraktionschef Maget, sollen peinlich berührt gewesen sein – denn sie wussten von diesem Vorhaben Reuters noch gar nichts. Na, bei wem klingelt es gerade? Gewisse Parallelen sind nicht von der Hand zu weisen. Der Tagesspiegel schrieb damals, „Die Verhandlungen mit dem Investor hatten seit Monaten hinter dem Rücken des Geschäftsführers stattgefunden.“ Das Resultat: Reuter nahm das Angebot der Löwen nicht an und schied am 03.02.2009 aus dem Amt aus.
Reuter war einst Partner von Marcus Höfl, Ehemann von Ski-Olympia-Siegerin Maria Höfl-Riesch, den man in Augsburg auch kennen sollte, saß er doch bis 2021 beim FCA (besser gesagt, der GmbH & Co KGaA) im Aufsichtsrat. Mit Höfl war er bei einer Marketing-Agentur namens brandicons tätig, die Klienten wie Franziska van Almsick oder Johannes B. Kerner betreute.
Sportdirektor beim FC Augsburg
Stefan Reuter ist seit 27.12.2012 beim FC Augsburg als Nachfolger von Jürgen Rollmann in Funktion des Geschäftsführers Sport tätig. In dieser Saison war der FCA, und zu diesem Zeitpunkt besonders, abstiegsgefährdet, stand man doch nach 17 Spieltagen mit 9 Punkten auf Platz 17 der Bundesligatabelle. Noch nie hatte bis dato ein Verein mit dieser Punktzahl noch die Klasse gehalten. Aber mit vereinter Kraft – und Trainer Markus Weinzierl – spielte der FCA die siebtbeste Rückrunde aller Clubs und hielt sensationell die Klasse. Ein weiteres Highlight war natürlich die Teilnahme an der Europa League in der Saison 2015/2016, die Saison zuvor verlief absolut fantastisch und der Verein beendete diese mit 49 Punkten auf Platz 5. Zwischenzeitlich stand man sogar auf einem Champions League Rang.
Doch nach diesem Highlight, der internationalen Rundreise des FCA unter dem Motto „In Europa kennt uns keine Sau“, entwickelte der Club sich dann schleichend in die falsche Richtung, anstatt bergauf ging es langsam aber sicher wieder bergab. Platz 12 mit 38 Punkten in der Saison 15/16, Platz 13 mit 38 Punkten in der Saison 16/17, Platz 12 in der Saison 17/18 mit 41 Punkten, Platz 15 in der Saison 18/19 mit 32 Punkten, erneut Platz 15 mit 36 Punkten in der Saison 19/20, Platz 13 mit 36 Punkten in der Saison 20/21 sowie zuletzt Platz 14 mit 38 Punkten. Mit Markus Weinzierl holte Reuter vergangenes Jahr – mehr oder weniger unfreiwillig – einen alten sowie erfolgreichen Bekannten an den Lech. Von seinem Spezl Heiko Herrlich hatte man sich in Augsburg mehr erwartet, als einen biederen Spielstil und eine brenzlige Saison mit knappem Klassenerhalt. Stellt sich nun die Frage, ob Stefan Reuter seine „Herzensangelegenheit“, den FCA, nach vorne bringen kann oder ob er ihn herunterwirtschaftet. Aktuell sitzt Stefan Reuter, verdienter FCA-Funktionär und großer Spieler der deutschen Bundesligahistorie, auf jeden Fall an einem sehr langen Hebel. Man weiß nur aktuell nicht ganz genau, ob er den Hebel umlegen kann und den FCA wieder in sicheres Fahrwasser bringt. Oder ob es (groteske) 1860-Züge annimmt. Zu wünschen wäre den Fans, dem Verein, der Region und Stefan Reuter selbst ersteres.
Privates
Stefan Reuter erwarb erfolgreich die Mittlere Reife in seiner Heimatstadt Dinkelsbühl, das Abitur hat er zwecks Karriere sein lassen. Sein Spitzname als Profi lautete Turbo, wegen seiner dynamischen Spielweise als Fußballspieler. Privat war Stefan Reuter 25 Jahre mit Birgit, der Mutter seiner drei Kinder, Jessica, Jennifer und Stefan junior, verheiratet. Seit 2015 ist er jedoch mit der Architektin Annette (55) liiert.
Sein Sohn Stefan junior ist heute 22 Jahre alt, beackert ebenfalls den rechten Flügel und steht derzeit beim Regionalligisten SV Heimstetten unter Vertrag. Um nicht mit seinem Vater verwechselt zu werden aufgrund desselben Vor- und Nachnamens, wird Stefan Reuter junior privat „Stevie“ genannt. Sein Vertrag in Heimstetten läuft am 30.06.2022 aus – vielleicht wechselt der Reuter-Spross in die zweite Mannschaft des FCA. (reine Spekulation!) Verabschiedet wurde er zuletzt jedenfalls von Seiten des Clubs. Wir sind gespannt, wohin es ihn als nächstes zieht.
Reuter junior sagte 2021 im Interview mit fussball.de zu der Frage, warum er nicht zum FCA II gewechselt ist, übrigens folgendes: „Weil ich kein Angebot bekommen habe. (lacht) Aber Spaß beiseite. Wenn es sich ergeben sollte, würde ich das jetzt nicht kompromisslos ausschließen. Aber es wäre schon eine sehr komische Situation. Abgesehen davon war es genau die richtige Entscheidung, nach Heimstetten zu wechseln.“ In 33 Spielen erzielte der rechte Mittelfeldspieler 3 Tore und gab eine Torvorlage, zudem sah er 9 gelbe Karten. Er entstammt der Jugendakademie der Münchner Löwen. Neben dem Fußball absolviert Stefan „Stevie“ Reuter noch ein BWL-Studium in seiner Heimatstadt München.
Wie geht’s weiter?
Alles in allem ist Stefan Reuter die handelnde Person, die den FCA seinerzeit auf Kurs gebracht hat, nachdem der Club nach dem Aufstieg schon kurz darauf wieder ins Straucheln geriet. Ich glaube, dankbar sind wir alle, für diese tollen Momente zusammen, viele richtige Entscheidungen, eine unglaubliche Zeit, an deren Ende 11 Jahre Bundesliga stehen. Für Augsburg eine Menge und was ganz besonderes. Aus Sorge um den Verein beäugen aber – zurecht – viele Fans und Anhänger*innen die Machenschaften und Vorgänge rund um den FCA äußerst kritisch. Ich denke, das muss man sich – trotz aller Demut, Verehrung und toller Zeiten – gefallen lassen. Wir werden sehen, wohin dies führt.
Als nächstes lest ihr hier in der Rosenau Gazette, welche Trainer sich in der Amtszeit von Stefan Reuter die Ehre gaben. Zudem möchten wir im Rahmen dieser Serie noch auf die Transfers innerhalb seiner Amtszeit sowie auf seinen Kommunikationsstil eingehen. Also: Stay tuned!
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