Sinkt das Schiff?

Am Ende ging es wieder einmal ganz schnell. Schon Anfang der Woche machten die Gerüchte die Runde, dass die Verjüngungs- und Verschlankungskur umfassender ausfallen wird als befürchtet und auch altgediente Spieler betroffen sein könnten. Mit Julian Schieber, Georg Teigl und Fabian Giefer war schon gerechnet worden, Andi Luthe erschien auch auf der ominösen Liste und schließlich fiel in dem Zusammenhang der Name Daniel Baier. Man wurde sichtlich nervös. Das war nicht nur unvorstellbar, das konnte auch nicht gut ausgehen.

Es steht zu vermuten, dass die Entscheidung schon länger klar war aber die neugierige Presse das Timing durcheinander brachte. Andererseits ist kaum vorstellbar, zu welchem Zeitpunkt und bei welcher Gelegenheit, diese Nachricht einigermaßen verdaulich gewesen wäre. Die Vereinsmeldung schlug auch entsprechend ein. Stefan Reuter hat wie gewohnt ein gutes Fingerspitzengefühl für die Befindlichkeiten der Fans gefunden und seinen Emotionen mit großen Worten freien Lauf gelassen. Ebenso hölzern freute sich der Manager noch im Januar über die weitere Vertragsverlängerung des dienstältesten FCA Spielers. Doch das scheint nun im Sommer vergessen.

Am Ende gab es nichts mehr zu diskutieren. Ende aus, Daniel Baier läuft für den FCA nicht mehr auf. (Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Erwartungsgemäß tobt die sensible Fanseele und über dem Augsburger Manager entlädt sich ein veritabler Shitstorm. Auch die Gazettenredaktion ist sich hier einig und sehr wütend. Wütend wie lange nicht mehr. Wenn wir nicht gerade angesichts der Abschiedsgrüße des Kapitäns aus dem Urlaub still vor uns hin weinen. Natürlich in schwarz-weiß. Soviel Emotion gab es lange nicht.

Doch es gibt leider ein stimmiges Bild mit den Entwicklungen der letzten Woche und Monate. Und inmitten der überbordenden Emotionen muss man sich die Frage stellen, was da gerade beim FCA passiert. Zuletzt traf es schon mit Zdenko “Mile” Miletic einen der wenigen Figuren, die lange Jahre und glaubhaft mit dem Verein verbunden waren. Und hiervon gibt es nicht allzu viele. Im modernen Fußball ist diese Art der Verbundenheit sehr rar und eigentlich ein Kapital, das man erhalten sollte. Auch Daniel Baiers Beziehung zum FCA war persönlich und glaubhaft, über viele Jahre hinweg. Es ist mehr als fraglich, ob dieser harte Schnitt zu Gunsten eines konsequenten sportlichen Wegs nötig war oder sinnvoll ist.

Das habt ihr nicht wirklich getan? Die Aktionen des FCA sorgen im Moment für einige Fragen. (Photo by Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images)

Dass Daniel Baier in den sportlichen Vorstellungen von Heiko Herrlich und Stefan Reuter keine Rolle (mehr) spielt, hat sich abgezeichnet. Schon zuletzt wurde auf den Kapitän keinen Wert mehr gelegt und für die kommende Saison zusätzliche Konkurrenz verpflichtet. Daniel Baier war mit dieser Rolle auf der Ersatzbank nicht glücklich, das war bekannt. Man kann sich vorstellen, dass es in den letzten Gesprächen wohl genau um diese Problematik ging. Und man muss auch von dem langjährigen Stammspieler erwarten können, dass er sich auch über längere Phasen ohne Murren auf die Bank setzt.

Und doch: auch wenn Reuter und Herrlich die sportliche Perspektive – und das Risiko als Ersatzspieler in die letzte Saison zu gehen – klar benannt haben, so ist doch der angebotene Ausweg einer Vertragsauflösung inmitten der Sommerpause nach einer Saison im Ausnahmezustand in keinster Weise verständlich. Der Plan, den Kader zu verjüngen und zu verschlanken hätte man auch auf lange Sicht anlegen können. Sicherlich hat Herrlich eine andere sportliche Vision und die Leistungen des FCA waren in den vergangenen Monaten durchaus schwankend und teilweise auch bedenklich. Aber das hatten wir auch schon alles.

Was Daniel Baier hier sagen will? Etwas in der Art: Am Ende habt ihr besser recht, Stefan Reuter und Heiko Herrlich! (Photo by Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)

Jetzt mit Zdenko Mileticund Dani Baier zwei altgediente FCAler für die Fehler gewissermaßen mit-verantwortlich zu machen, ist mehr als bedenklich. Auch da der Erfolg des Herrlichen Spielkonzepts bislang noch nicht auszumachen war. Daniel Baier hat dagegen seinen sportlichen Wert mehr als einmal unter Beweis gestellt. Sicherlich wird es Veränderungen geben (müssen), aber den Kapitän auf diese Weise auzusortieren, ist schlicht unwürdig.

Vielleicht wird der Erfolg dem Wirken des umtriebigen Duos Reuter/Herrlich ja am Ende Recht geben und all dies ist in wenigen Monaten vergessen. Aber vielleicht wird auch ein etwaiger Misserfolg Fragen nach den getroffenen Entscheidungen und Methoden aufwerfen. Spätestens dann ist auch Stefan Reuter nicht mehr zu halten. So oder so. Derzeit muss sich doch Sorgen machen, wohin das Schiff steuert. Der Manager hat derweil noch ein Abschiedsspiel für Daniel Baier in Post-Coronazeiten in Aussicht gestellt.

Na, dann ist ja alles gut.

Alte Herren

Was nun Stefan Reuter? Entgegen der nahezu einhelligen Expertenmeinung spielte der FCA keine nennenswerte Rolle im Meisterschaftsrennen. Wenige Tage nach dem Ende dieser Saison im Ausnahmezustand macht sich langsam auch die Enttäuschung bemerkbar. Zeit für eine Bestandsaufnahme und einen Ausblick auf die beginnende Transferperiode.

Stefan Reuter stellt aus dem Hintergrund die Weichen für die neue Saison. (Photo by Sascha Steinbach/Pool via Getty Images)

Wie gut, dass sich der umtriebige Augsburger Manager auch nicht lange mit Wehklagen und Schiedsrichterschelte aufgehalten hat und sogleich zur Fehleranalyse geschritten ist. Neue Spieler braucht die Stadt. Und der Ansatz ist auch frappierend einleuchtend. Alter bringt Punkte.

Mehr Erfahrung, mehr Punkte?

Stefan Reuter ist in diesem Blog nicht gerade wohl gelitten. Kaum ein verbaler Fehltritt wird ihm verziehen, jeder Missgriff genüsslich seziert. Aber als zum ersten Mal der Name Daniel Caligiuri als Neuzugang durch die Gazetten geisterte, zückte man schon ehrfurchtsvoll den Hut. Und mit der Bestätigung des Transfers muss ich eingestehen: Stefan Reuter, es tut mir leid. Ich werde nie wieder unken und zweifeln. Vielleicht. Für einen Absatz.

Daniel Caliguiri ist aus Augsburger Sicht schon fast ein Transfer-Hammer (Photo by RALPH ORLOWSKI/POOL/AFP via Getty Images)

Ablösefrei vom ehemals großen Schalke gekommen, steht Daniel Caligiuri für mehr als guten Fußball. Bei den Comunio Managern dieser Republik ist er als solider Punktelieferant gefragt und auch in der Realität hat er schon eine hohe Qualität unter Beweis gestellt, selbst in dieser Schalker Katastrophensaison. Man darf gespannt sein auf den zweifachen Vizemeister, DFB Pokalsieger und Fast-Nationalspieler. Auch Tobias Strobl kommt von einem Verein mit höheren Ambitionen und darf durchaus als große Verstärkung bezeichnet werden. Den hätte ich auch gekauft. Beim Fußballmanagerspiel. Dass ich da in schöner Regelmäßigkeit verliere, sollte kein Grund zur Sorge sein.

Mehr Torhüter, weniger Gegentore?

Der dritte Neuzugang wird dagegen weit kontroverser diskutiert. Mit Rafal Gikiewicz wurde wieder ein Torwart mit Ambitionen auf einen Stammplatz verpflichtet, nur wohin mit ihm?  Es ist ja nicht so, als habe Andi Luthe seine Sache mehr als souverän gemacht oder als habe man einiges an Geld für Tomas Koubek ausgegeben. Und dann gibt es ja noch Fabian Giefer und Benjamin Leneis. Gikiewicz mag kein schlechter Torhüter sein, aber ob er seine Konkurrenten in den Schatten stellen wird, ist mehr als offen. Anstatt bei den Torhütern auszumisten, kam der findige Reuter allerdings auf den Gedanken, FCA Urgestein Zdenko Miletic vor die Tür zu setzen. Es ist schon abenteuerlich, den hoch geachteten Torwarttrainer für das Missmanagement der letzten Jahre auf dieser Position verantwortlich zu machen. Welche aberwitzige Idee kommt wohl als nächstes? Jens Lehmann als neuer Torwarttrainer? Oh.

Mehr Transfers, mehr Erfolg?

Die millionenschwere Kaufoption für Felix Uduokhai wurde ebenfalls bereits gezogen, als Abgänge stehen  Tin Jedvaj und Stephan Lichtsteiner fest. Einstweilen zurück kehren werden Tim Rieder, Mads Pedersen, Michael Gregoritsch, Kevin Danso und Nachwuchstalent Romario Rösch. Die Parkplätze vor dem Stadion könnten knapp werden.

Kevin Danso kehr nach einer verkorksten Leihe aus Southampton zurück. Wie bei anderen Spielern stellt sich die Frage, was aus ihm wird. (Photo by Dan Istitene/Getty Images)

Natürlich wird etwas im Torwartbereich passieren und vermutlich werden Fabian Giefer und Andi Luthe gehen (müssen). Und auch viele Spieler aus der viel zitierten zweiten Reihe, wie Felix Götze oder Julian Schieber, aber auch einige der Rückkehrer werden den Verein wieder verlassen. Aber wie üblich um diese Jahreszeit ist das nur der Blick in eine noch recht trübe Glaskugel. So ist auch noch vollkommen unklar, ob dieses Jahr nun Philipp Max gehen darf oder nochmals ein Jahr bleibt. Etwas mehr Substanz haben die Gerüchte um eine Leihe von Sergio Cordova und angeblich stocken die Verhandlungen mit Rani Khedira, dessen Vertrag in einem Jahr ausläuft.

Als möglicher Neuzugang ist der zentrale Mittelfeldspieler Maximilian Thalhammer aus Ingolstadt im Gespräch. In Polen wurde offenbar der junge Flügelspieler Kamil Jozwiak von Lech Posen beobachtet. Und auch das Gerücht um Kevin Rüegg vom FC Zürich ist noch nicht vom Tisch. Gemein ist allen diesen Spielern der junge Elan, was sicherlich eine sinnvolle Ergänzung der bislang verpflichteten älteren Haudegen darstellen würde.

Der Wasserstand

Aus der laienfussballerischen Perspektive betrachtet hat man genug Alternativen in allen Bereichen um auch den Abgang des ein oder anderen Stammspielers wie Philipp Max und Rani Khedira abzufangen. Es sind derzeit fast schon zu viele Spieler, die sich um die wenigen Plätze streiten und viele hiervon, wie Fredrik Jensen und Felix Götze, haben ihre Bundesligatauglichkeit und vor allem Potential gezeigt. Man darf gespannt sein, ob dies alles zu der neuen Spielphilosophie von Heiko Herrlich passen wird oder ob noch tiefer greifende Veränderungen zu erwarten sind. Aber im Prinzip ist dies eine frühe Wasserstandsmeldung. Einen großen Umbruch wird es trotz der sehr wechselhaften Saison hoffentlich nicht geben.

Jetzt wird’s Herrlich

Turbulente Tage beim FCA. Nach nur einem Sieg und einem Unentschieden in den ersten acht Partien der Rückrunde ist den Verantwortlichen beim FC Augsburg der Geduldsfaden mit Martin Schmidt endgültig gerissen. Gut so, möchte ich ihnen schon lange zurufen. Noch zwei Wochen länger und ich hätte mich endgültig an den schlechten Fußball gewöhnt gehabt, den die Mannschaft in aller Regelmäßigkeit auf dem Rasen fabrizierte. Das kann sie besser. Und Heiko Herrlich wird es hoffentlich zeigen.

Den Verantwortlichen ist mit Sicherheit bewusst, dass Trainerentlassungen beim FC Augsburg nur in Ausnahmefällen genutzt werden. Ich selbst habe erst vor wenigen Wochen großmäulig festgestellt, dass wir durch den Endspurt zum Ende der Hinrunde das Trainerkarussell links liegen haben lassen. Dennoch haben die Verantwortlichen den Mut, um den FCA sportlich wieder in die richtige Richtung zu lenken. Aus verschiedenen Gründen freut mich das.

Mannschaft ohne Identität

Erst nach dem Debakel in Frankfurt habe ich mich hier ausgekotzt und festgestellt, dass unsere Mannschaft unter Martin Schmidt keine Identität hat. Heiko Herrlich soll laut Stefan Reuter jetzt eine Siegermentalität und Gier einflösen und somit der Mannschaft auch wieder eine Identität mitgeben.

Siegeswille und Gier wird zurückkehren, wenn die Mannschaft eng zusammenrückt. Die Ansagen werden klar und deutlich sein. (Photo by Lars Baron/Bongarts/Getty Images)

Sportlich wird es variabler, aber bei der Identität gibt es keine Verhandlungen. Die Mannschaft soll laut Heiko Herrlich „eng zusammenrücken“. Wir Augsburger kennen das. Auf dem Platz hat man es im letzten Jahr des öfteren mal vermisst. Augsburg soll auf dem Platz wieder zusammenhalten. Ohne wenn und aber.

Die Debakel

Heiko Herrlich will die Mannschaft wieder zur Kontinuität zurückführen. Ich war selbst auswärts in Gladbach und Frankfurt mit dabei. Fehlende Kontinuität ist eine absolute Beschönigung, für das was mehrfach passiert ist. Wiederkehrende Debakel ist wohl die treffendere Beschreibung. Unverständliche Spiele, die einen Trainer auf Grund der Leistung seiner Mannschaft vor Scham erblassen lassen. Alleine die Hoffnung, dass wir diese Debakel abstellen könnten, lässt mich jubilieren. Ich habe keinen Bock auf diese absolute Niedergeschlagenheit nach Spielen der eigenen Mannschaft und bin gerne bereit einem neuen Trainer die Chance zu geben, diese Niedergeschlagenheit dauerhaft zu vermeiden.

Sportliche Ausrechenbarkeit

Heiko Herrlich hat im Moment noch das Überraschungsmoment auf seiner Seite. Sportlich ist für die Gegner nicht klar, was sie nun erwartet. Es wird in jedem Fall nicht so ausrechenbar sein, wie die Rezepte, die Martin Schmidt zuletzt noch gefunden hatte. Hinten wurde zuletzt mehr oder weniger gut gemauert und dann nach vorne auf lange Bälle und Konter gehofft. Leider hat dies immer weniger zum Erfolg geführt. Es war vielmals schlicht zu offensichtlich.

Die Gegner werden es nicht kommen sehen. Noch ist das sportliche Überraschungsmoment auf unsrer Seite. (Photo by Robert Hradil/Bongarts/Getty Images)

Dieses Risiko war auch schon vor der Saison bekannt. Martin Schmidt hat noch nicht gezeigt, dass er in der Bundesliga langfristig Mannschaften so einstellen kann, dass die Konkurrenz nicht Lösungen findet, um seinen Mannschaften den Erfolg auf dem Platz zu verwehren. Heiko Herrlich wird hier variableren Fußball spielen lassen, der zumindest langfristig zu mehr Torchancen führt. Auch das kann uns perspektivisch freuen.

Intuition

Heiko Herrlich hat sich in seiner Antrittspressekonferenz darauf berufen, dass ihm seine Intuition sagt, dass innerhalb der Mannschaft der Ernst der Lage nicht bewusst ist. Intuition beruht darauf, dass man abgespeichertes Expertenwissen ohne großes Nachdenken abrufen kann. Intuition führt nicht immer zum richtigen Ergebnis, kann allerdings in vielen Situationen ein wichtiger Ratgeber sein. Meine Intuition sagt mir, dass die Verantwortlichen nicht mehr genau wussten, wie die Mannschaft unter Martin Schmidt reagierte, wenn die Lage noch ernster wird. In einigen Spielen ist sie dann schon zusammengebrochen und hat sich aufgegeben. Im Saisonendspurt wäre dies fatal gewesen. Um dies zu verhindern, war dies wohl der richtige Trainerwechsel zur richtigen Zeit.

Heiko Herrlich steht auf dem Platz mindestens genau so sehr unter Strom wie ich auf der Tribüne. (Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Am Sonntag, wahrscheinlich vor leeren Rängen, wird den Vfl Wolfsburg mehr überraschen als nur die Kulisse. In mir als FCA Fan bricht schon fast Euphorie los. Was ist gegen Wolfsburg drin? Mehr als 30% Ballbesitz? Eine positive Zweikampfbilanz? Ich werde von Heiko Herrlich keine Wunderdinge erwarten. Aber zumindest Hoffnung auf Besserung hat er uns schon jetzt beschert. Hoffnung darauf, endlich wieder mehr Gegner zu ärgern und vor größere Herausforderungen zu stellen. Sportlich hat der FC Augsburg in diesen Tagen einen Schritt zurück zu seinen Wurzeln gemacht. Die Mannschaft wird es auf dem Platz bald zeigen.

Na herrlich

Fans und Presse haben es mit Martin Schmidt nicht immer gut gemeint und auch diese Gazette schlug bisweilen kritische Töne an. Trotzdem: Zeitpunkt, Art und vor allem auch Hintergründe seiner Absetzung als Cheftrainer werfen doch Fragen auf und sind in dieser Form auch nicht nachvollziehbar. Man(ager) hätte an Martin Schmidt festhalten sollen und müssen.

Mit der Handbremse in die Rückrunde

Nach dem formidablen Winter begann die Rückrunde miserabel. Die Punkteausbeute war sogar schlechter als zum gleichen Zeitpunkt in der Hinrunde. Man konnte das Bemühen erkennen, sowohl die Defensive zu stabilisieren als auch schnell und schnörkellos nach vorne zu spielen. Doch das gelang nur sehr begrenzt. Famose Halbzeiten wechselten sich mit zutiefst bedenklichen Auftritten ab.

Der gemeinsame Spaß ist vergangen. (Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Die Auswärtsniederlage in Frankfurt war sicherlich ein trauriger Tiefpunkt. Doch auch zaghafte Spiele, wie das gegen Freiburg, warfen große Fragezeichen auf. Dabei waren die Erklärungsversuche im Trainerstab mit am enttäuschendsten, die im Regelfall in nichtssagenden Phrasen endeten. Soweit, so Fußball.

Am Sonntag war die Welt noch in Ordnung

Und doch zeigten die letzten Auftritte, wie schon in der Hinrunde, mehr als positive Ansätze. Schon die zweite Hälfte gegen Bremen war sehenswert. Aber auch die Ergebnisse gegen Gladbach und sogar gegen die Bayern geben nicht unbedingt die Leistung auf dem Platz wieder. Insbesondere das Spiel in München war ein couragierter Auftritt. Man spielte den FCB nicht an die Wand, doch verteidigte klug und engagiert, ohne sich in Mannschaftsstärke in das eigene Tor zu stellen. Dass die Konter nicht gut ausgespielt wurden, ist zwar schade, doch am Ende des Tages verzeihlich. Sicherlich ärgern Niederlagen, aber man hat ein gutes Spiel abgeliefert. Das Martin Schmidt dieses zum Verhängnis wurde, ist in der Tat schwer nachzuvollziehen.

Vor den Bayern ist nach den Bayern

Der Gedanke liegt nahe, dass die Entscheidung schon vor der Partie in München feststand. Vielleicht sogar schon nach der müden Partie in Leverkusen, vielleicht noch früher. Inmitten dieser Tour de Force durch die Top 5 der Liga den Trainer zu wechseln wäre in der Tat riskant gewesen. Im schlimmsten aber auch wahrscheinlichsten Fall hätte man den ominösen Trainereffekt ohne nennenswerten Mehrwert gleich verspielt. Alle Gegner der letzten Wochen waren und sind zu sehr in Form, um hier Überraschungen erwarten zu lassen. Und so musste man notgedrungen einen guten Auftritt in Kauf nehmen, um die schlechte Nachricht zu verkünden. Was zum Teil zu absurden Situationen während der Vorstellung des neuen Trainers führte.

Phrasen dreschen für Fortgeschrittene

Mit etwas mehr Mut und Fortune wäre auch in München etwas möglich gewesen, gab Stefan Reuter gewohnt selbst(un)kritisch zu Protokoll und man fragte sich instinktiv, wie der Trainer nun auch Mut und Fortune erzwingen sollte. Die gesamte Pressekonferenz geriet ganz in diesem Sinne zur Farce und der neue Trainer konnte einem durchaus Leid tun. Nach Reuter steht „der Heiko für die Gier, die Leidenschaft, die Siegermentalität“ die zuletzt wohl gefehlt habe.

Ob Stefan Reuter das Lachen bald vergehen wird? Hoffen wir es nicht. (Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Man fühlte sich unvermittelt und mit keinem guten Gefühl an die Vorstellung von Jens Lehmann erinnert. Schon damals weckte der Gedanke, dass mehr Siegermentalität schon zum gewünschten Erfolg führen würde, ein ungutes Gefühl. Und man hoffte und hofft wieder, dass der Manager nur drucktaugliche Zitate formulieren möchte. Ganz ungeachtet der Ironie, dass Heiko Herrlich nun nicht gerade für große Emotionen bekannt ist.

Merci vielmals Martin Schmidt

Auch Martin Schmidt hatte sich vielleicht ein wenig zu oft in Allgemeinplätzen verloren. Aber er hat sich auch zumeist vor sein Team gestellt, und vor allem hat er auch eine kluge und klare Meinung zu vertreten gewusst. Es ist schade, dass ihm nicht die Chance gewährt wurde, die Saison in Ruhe zu Ende zu spielen. Natürlich wäre es fahrlässig gewesen, die Situation zu unterschätzen, doch nicht minder fahrlässig ist es, in einer vergleichsweise komfortablen Situation auf einen neuen Trainer zu setzen. Das sind dezidiert keine Vorbehalte gegenüber Heiko Herrlich, auf dessen Fußball ich persönlich sehr (optimistisch) gespannt bin. Es sind Vorbehalte gegenüber den handelnden Personen. In der Pressekonferenz wurde die Frage aufgeworfen, wie aus der ruhigen Hand, die den FCA bislang ausgezeichnet hatte, eine zittrige Hand werden konnte. Das ist eine gute Frage, die vielleicht am Ende der Saison Stefan Reuter nochmals beantworten muss.

Glanz und Gloria?

Fast wäre es schiefgegangen. Zu Saisonbeginn machte ein Blogbeitrag die Runde, der in nüchterner Abwägung aller Faktoren prognostizierte, dass der FCA dieses Jahr ein gewichtiges Wort im Meisterschaftsrennen mitreden würde. Und der FCA? Reagierte gewohnt trotzig mit einer deftigen Auswärtspleite in Dortmund, der bis Anfang Oktober eine ganze Reihe an Niederlagen bei kaum erquicklichen fünf Punkten folgten. Es steht zu vermuten, dass der Meisterschaftsartikel im Großformat in der Kabine aufgehängt wurde und dort einen ungeahnten Druck ausübte. Nach den ersten 15 Minuten der Auswärtspartie in Gladbach fragte man sich als Zuschauer schließlich sorgenvoll, wie man nicht nur dieses Spiel sondern überhaupt die ganze Saison durchhalten solle.

Wendepunkte

War das Unentschieden gegen die Bayern oder der Auswärtssieg in Paderborn die Wende? Auch zuvor war nicht alles schlecht, um einen Klassiker der Tribünenanalyse zu zitieren. Gerade die Auswärtspartien in Bremen oder Freiburg hatten ihre guten Momente. Andererseits zeigten Partien wie die gegen den BVB, gegen Leverkusen oder eben in Gladbach, dass es gegen manche Teams bei aller Anstrengung noch nicht reichte. Grundsätzlich war der FCA nicht chancenlos. Doch als zu gravierend erwiesen sich noch grundsätzliche Abstimmungsprobleme und individuelle Fehler. In der zweiten Hälfte der Hinrunde hatte man schließlich das Gefühl, dass sich diese Mannschaft wie erhofft gefunden hatte. Ausgerechnet bei der unglücklichen Heimniederlage gegen Schalke zeigte der FCA eine der bis dahin besten Leistungen der Saison. Dass eine Niederlage als unglücklich empfunden werden konnte, war ein neues Gefühl. Was folgte war der goldene Winter, selbst die kritische Presse zog den Hut. Endlich musste man sich Montags nicht mehr verstecken. Erst in Leipzig wurde der Aufschwung gebremst, leider letztlich wenig überraschend.

Spieler mit Ideen und Spielideen

Interessant war, arrivierte wie neue Spieler zu beobachten. Es müssen nicht mehr viele Worte darüber verloren werden, wie Florian Niederlechner in Augsburg aufblüht. Ein bis hierin solider Bundesligaspieler, der im Augsburger System zu neuer Klasse gefunden hat und dies nicht nur in den Spielen, bei denen alles zusammenlief, sondern auch in den lange umkämpften Partien. Neuzugänge mit Licht und Schatten sind die Schweizer Ruben Vargas (anfänglich mit viel Licht) und Stephan Lichtsteiner (anfänglich mit viel Schatten). Auch die vielversprechenden Iago und Fredrik Jensen bekommen gut genutzte Spielzeiten und Philipp Max zeigt, dass er in einem funktionierenden Team zur spielentscheidenden Figur werden kann. Man kann sich dem Chor der Hoffenden nur anschließen, die sich seinen Verbleib in Augsburg wünschen.

SINSHEIM, GERMANY – DECEMBER 13: Philipp Max feiert mit der restlichen Mannschaft sein Tor gegen die TSG 1899 Hoffenheim (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Bongarts/Getty Images)

Dabei ist der Aufschwung vor allem aber einer immer besser werdenden Mannschaftsleistung geschuldet. In der Innenverteidigung stehen verschiedene bundesligataugliche Optionen zur Verfügung. Das gilt auch für Mittelfeld und Sturm, wo sich rund um den ewig jungen Daniel Baier und kongenialen Rani Khedira veritable und flexible Lösungen gefunden haben. Es wirkt, als habe nun das Schmidtsche Konzept eines schnellen, schnörkellosen Spiels mit kleinen Anpassungen Erfolg und manchmal hat man dabei sogar das Gefühl, dass der FCA auch dann eine Idee hat, wenn er das Spiel machen muss.

Und nun?

Nur ist diese Idee ausreichend? Nicht nur in Hoffenheim war zu erkennen, dass das Spiel des FCA schnell entschlüsselt ist und dass es dann eine ganze Menge persönlichen Einsatz und Glück braucht, um das Spiel für sich zu entscheiden. Einsatz und Glück waren hier in großem Maße vorhanden und das Resultat war eine beachtliche Chancenverwertung bei einem keinesfalls unverdienten Auswärtssieg. Doch es steht zu vermuten, dass sich dies nicht für die gesamte Dauer der Saison bewahren lässt. Die Frage wird sein, wie man auf eine neuerliche Durststrecke reagieren wird. Das gilt für das System wie für das Personal. Noch immer warten aussichtsreiche Neuzugänge wie Sarenren Bazee auf Einsatzzeit, ebenso wie die Rückkehrer um Carlos Gruezo und Marek Suchy.

AUGSBURG, GERMANY – NOVEMBER 24: Die Stärke des FCA liegt auch im starken Kader. Dies könnte allerdings auch zu Unruhe führen. (Photo by Alexandra Beier/Bongarts/Getty Images)

Das könnte wieder zu einer Problematik führen, die in den vergangenen Jahren merklich zugenommen hat und eigentlich vor allem ein kluges Management erfordert. Nach Martin Hinteregger motzte sich mit Michael Gregoritsch der nächste Spieler zu einem neuen Verein. Gewisse Parallelen sind zu erkennen, auch wenn Hinteregger sowohl auf dem Platz als auch an der Theke einen durchweg guten Auftritt hinlegte, während Gregoritsch im objektiven Blick der Kurve zuletzt sehr blass blieb. Man sollte einem Spieler keine Steine in den Weg legen. Aber es könnte bedenkliche Folgen haben, dass im letzteren Fall eine Leihe (und vermutlicher späterer Verkauf) zu Schalke 04 die Lösung war. Dorthin würde vermutlich auch so manch anderer ambitionierter Spieler gerne wechseln.

Meinungen sind gefragt

Mittlerweile ist es zu einer beliebten Tradition geworden, Vertragsverlängerungen möglichst nah am Publikum vor der euphorisierten Kurve anzukündigen. Aber was heißt schon eine Verlängerung um x Jahre, wenn sich der Spieler schon im Jahr darauf zu Höherem berufen fühlt? Augsburg hatte einmal den Ruf, eine Oase der Ruhe zu sein. Weder finanziell noch spielerisch auf dem Niveau der Champions League, aber dafür mit anderen Qualitäten, die man als Spieler in der Liga durchaus zu schätzen wusste.

LEIPZIG, GERMANY – DECEMBER 21: Der größte Spaß ist es immer noch die Großen zu ärgern. Gegen Leipzig wäre es fast gelungen. Was geht in der Rückrunde?`(Photo by Boris Streubel/Bongarts/Getty Images)

Es ist bedauerlich, dass dieses Image – auch wenn sicherlich bis zu einem gewissen Maß konstruiert – zunehmend Risse bekommt. Und das ist auch einem Management anzulasten, das einen zu großen Kader forciert, in dem fast zwangsläufig Unzufriedenheiten entstehen und dann Streitfälle dilettantisch moderiert. Der mündige Spieler ist gefragt, Meinungen sollten nicht sanktioniert werden. Hier ist es an Trainer und Manager, Lösungen zu finden und zu kommunizieren. Zumindest nach außen hin ist dies bislang nicht immer von Erfolg gekrönt. Und dies könnte auf lange Sicht wieder ein Problem werden, auch für den sportlichen Erfolg.

Und so bleibt inmitten von Matchplänen und Zweikampfquoten immer noch ein persönliches Moment, das in einem Gebilde, das so sehr auf das Team ausgerichtet ist, spielentscheidend sein kann. Doch aller Mahnungen zum Trotz: Die letzten Wochen haben gezeigt, dass dieses Team eben als Team in der Bundesliga eine gute Rolle spielen kann. Und ohne neue Erwartungen zu schüren: Europa ist nah, die Meisterschaft noch nicht abgehakt.

Alle Jahre wieder

Es geht Richtung Vorweihnachtszeit. Nächste Woche ist schon der erste Advent und in Köln können wir dann rund ums Bundesligaspiel beim Effzeh Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt trinken. Sportlich läuft es so lala. Zwei einzelne Siege stehen teilweise desillusionierende Darbietungen entgegen. Die Abwehr wirkt immer mal wieder sehr löchrig. Nach vorne können wir nicht konsistent für Gefahr sorgen. Ich hatte so viele Hoffnungen in diesen nominell so starken Kader. Längst nicht alle Hoffnungsträger können ihr Potential ausschöpfen, auch wenn einzelne wie Felix Uduokhai und Ruben Vargas herausstechen.

Was hab ich da angerichtet, wäre eine Frage, die sich Gregerl dieses Wochenende stellen sollte. (Photo by Christof STACHE / AFP via Getty Images )

Im Kader dieser Hinrunde gibt es wie immer Gewinner und Verlierer. Einer der Verlierer ist sicherlich Michael Gregoritsch. Gregoritsch war in den letzten beiden Jahren ein Spieler mit zentraler Bedeutung für den FCA. In seinem ersten Jahr in Augsburg hatte er direkt zweistellig getroffen und war an vielen spielentscheidenden Momenten beteiligt. Auch letztes Jahr kam er in 32 Bundesligaspielen zum Einsatz und konnte immerhin noch 6 Tore erzielen. Allerdings fing schon letztes Jahr die öffentliche Kritik an seiner Spielweise und Körpersprache an zu steigen. Nach dem Zugang von Florian Niederlechner, der an der Seite von Alfred Finnbogason in den letzten Spielen das Sturmduo bildete, schien Michael Gregoritsch gerade außen vor zu sein.

Der nächste bitte

Das hat in Gregoritsch gegärt, wie das Bier der Braumeister unserer schönen Stadt. Gregoritsch denkt gerade nicht mehr: Schönes Leben hier. Nun hat sich Gregoritsch deshalb gerade vor kurzem in eine Riege unzufriedener Fußballer eingereiht, die versuchen, über ihren öffentlichen Unmutsbekundungen ihren Abschied aus Augsburg zu forcieren. Immer wieder im Winter könnte eine Sitcom heißen, die sich mit den Geschichten von Augsburger Fußballern beschäftigt, die den Club gerade in dieser Jahreszeit verlassen wollen. Es ist zur Unsitte geworden, dass auch gestandene Spieler öffentlich die Organisation kritisieren. Wir erinnern uns sehr gut an die Kritik von Martin Hinteregger, die dazu führte, dass Hinteregger erst ausgeliehen und dann an die Frankfurter Eintracht verkauft wurde. Im letzten Jahr hatte auch Jeffrey Gouweleeuw den damaligen Trainer Manuel Baum in der Öffentlichkeit kritisiert. Weitere Undiszipliniertheiten von Spielern wie Caiuby oder Raul Bobadilla hat man in Augsburg lang toleriert, solange sie einen gewissen Rahmen nicht überschritten. Bei Caiuby war dann irgendwann das Fass voll und der FCA zog einen Schlussstrich. Zu spät, wie die deutliche Mehrheit konstatierte.

Der Fall Gregoritsch

Nun hat wohl auch Michael Gregoritsch beschlossen, das öffentliche Kritik an der Organisation der aussichtsreichste Weg ist, als er vor kurzem verkündete: „Hauptsache weg!“.  Er hätte schon im Sommer weg gewollt und nicht gedurft und jetzt wolle er aber unbedingt im Winter gehen. Das Problem bei Gregoritsch ist anders gelagert, als bei anderen Spielern vorher. Gregoritsch passt als Spielertyp nicht wirklich gut in Martin Schmidts Spielsystem. Das hat man immer wieder gesehen. Ich will Gregoritsch nicht unterstellen, dass er nicht trotzdem alles gegeben hat. Er hat zudem ausdrückliche Qualitäten, wenn er aus der Tiefe aufs Tor kommt. Seine Abschlüsse sind durch seine Abschlusssstärke auch aus der Distanz meist gefährlich. Auch im Strafraum hat er eine gute Trefferquote. Zudem hat Gregoritsch Ecken und Kanten und ist keiner der glatt-geschliffenen Profis, die rein auf ihre Karriere fokussiert sind und mit 25 Jahren ist er immer noch recht jung. Abseits des Feldes, hat er eine Organisation gegründet, mit der er sich aktiv in der Arbeit mit benachteiligten Kindern engagiert. Vorbildlich. Zumindest in diesem Bereich. Das unterscheidet ihn deutlich von einem Martin Hinteregger, der sich mittlerweile bei zwei Vereinen quasi herausgeekelt hat oder einem Caiuby, der regelmäßig zudem mit dem Gesetz in Konflikt geriet. Ich gebe es zu, dass ich Gregerl grundsätzlich als Typen mag, auch wenn er offensichtlich eine Grenze überschritten hat. Und ich glaube, dass er Pech hatte und unter Martin Schmidt leidet, der ihn nicht seinen Stärken entsprechend eingesetzt bekommt. Damit muss er als Profi allerdings klar kommen.

Die Reaktion des FCA

Die Reaktion des FCA musste nun eine bedachte, aber trotzdem strenge sein. Gregoritsch ist 25 und hat noch 2,5 Jahre Vertrag in Augsburg. Der FCA hält alle Fäden in der Hand und darf sich nicht mehr öffentlich unter Druck setzen lassen. Als erste Reaktion sprach der FCA eine Geldstrafe aus und suspendierte Gregoritsch vorerst bis zum 26.11.2019. Leider hat der FCA nicht direkt einen Wechsel im Winter ausgeschlossen, außer der Verein würde mit Geld überschüttet. Der Verein kann es sich nicht erlauben, dass der Eindruck weiter verfestigt wird, solch öffentliche Aussagen wären eine gute Möglichkeit, sich aus Augsburg loszueisen. Sollte Gregoritsch nächste Woche nicht einsichtig sein, dann gehe ich davon aus, dass der FCA die Suspendierung auf unbestimmte Zeit ausdehnt und für Gregoritsch erst wieder im Winter die Türe zurück geöffnet wird. Im Zweifel muss der FCA Gregoritsch dauerhaft von der Mannschaft trennen, um solche Erpressungsversuche in der Zukunft zu unterbinden. Und den Wünschen des Spielers zum ersten Mal seit langer Zeit nicht nachkommen.

Fokus auf das Sportliche

Mit diesen Maßnahmen sollte es gelingen, den Fokus weiter auf dem Sportlichen zu belassen. Der Trend ging vor der Länderspielpause in die richtige Richtung und gerade gegen Hertha zu Hause und dann auswärts in Köln besteht die Möglichkeit sich etwas aus dem Keller herauszuarbeiten. Jetzt stehen die Spiele vor der Tür, in der die Mannschaft im direkten Vergleich mit Mannschaften aus dem Keller zeigen kann, dass sie nicht dorthin gehört. Ablenkungen, wie die von Gregortisch, sind ein Bärendienst für die Mannschaft. Gerade jetzt sollten sich alle gemeinsam darauf konzentrieren, sportlich positive Ergebnisse zu erzielen.

Nicht labern, arbeiten. Aufstehen, Fehler einsehen, weiter geht’s. #Augsburghältzusammen (Photo by Ronny Hartmann/Bongarts/Getty Images)

Bei seinem Wechsel hatte Gergoritsch noch gesagt: „Hier passt für mich alles. Daher habe ich mich auch langfristig gebunden und möchte die tolle Entwicklung des FCA in den nächsten Jahren gemeinsam mit dem Team weiterführen.“ Wenn man etwas langfristig entwickeln will, dann muss man auch mal schwierige Phasen zusammen durchstehen. Das auch mal Frust heraus bricht ist menschlich. Lieber Gregerl, sieh es ein, denn wir können dich spätestens jetzt nicht mehr wechseln lassen. Lass uns gemeinsam nach vorne schauen. Wo auch immer die Reise hingeht. #Augsburghältzusammen

Die Augsburger Transfer-Zwickmühle

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Es ist ruhig um den FCA. Zumindest, wenn wir von Zugängen für die neue Saison sprechen. Außer Florian Niederlechner vom SC Freiburg konnten wir noch keinen Spieler von einem Wechsel nach Augsburg überzeugen. Bei Marvin Friedrich haben wir die Rückkaufklausel in seinem Vertrag gezogen und ihn (vorerst) von Union Berlin zurückbeordert. Das dahinterliegende Konstrukt gleicht allerdings eher einer Leihe, die durch den Rückkauf zu Ende ging. Friedrich ist darüber bisher so glücklich, wie Martin Hinteregger es im Winter war. Zum Thema zurück: Insgesamt wenig Bewegung, was Neuzugänge für die neue Saison angeht. Ist das nun gut oder schlecht?

In den vorherigen Transferperioden waren wir froh, wenn es zu Anfang ruhig zuging. Dies hat den einfachen Hintergrund, dass am Anfang der Transferperiode die großen Clubs ihre Deals machen und Vereine wie der FCA in dem Getümmel nicht mithalten können. Clubs wie der FCA müssen daher grundsätzlich abwarten, bis sich die Kader der großen Vereine sortiert haben und können erst dann zuschlagen – oder riskieren zu viel für Spieler auszugeben. Insgesamt war ich deshalb in den vergangenen Jahren immer beruhigt, wenn zu Anfang der Transferperiode keine oder wenige Transfers verkündet wurden.

Diese Ruhe habe ich in dieser Sommerpause nicht unbedingt. Dies hat gleich mehrere Gründe:

  1. Gute Transfers sind auch zu Beginn der Transferperiode möglich. Gerade bei ablösefreien Spielern, besteht die Möglichkeit, dass diese sich direkt entscheiden. Verhandlungen bzgl. der Ablöse sind mit dem abgebenden Verein nicht notwendig. Es kann daher schnell gehen. Dies hat damals bei Rani Khedira gut funktioniert, der eine wirkliche Vestärkung war. Oder es verlassen einen selbst die sportlich wertvollen Akteure wie in unserem Fall vor kurzem Kostas Stafylidis und Dong Won Ji. Ablösefreie Spieler sind dabei nicht grundsätzlich günstiger als andere Verpflichtungen, da das weniger an Ablöse meist durch ein hohes Handgeld ausgeglichen wird. Aber die Wechsel können schlicht früher und schneller von statten gehen. Zu Beginn dieser Transferperiode haben wir bei ablösefreien Spielern bisher in die Röhre geschaut. Beunruhigend.
  2. Der Kader hat so viele Löcher wie noch nie. Wir haben bisher keinen Keeper mit Bundesligaformat und sind auf allen Abwehrpositionen für die neue Saison unterbesetzt. Auch im Mittelfeld und in der Offensive sieht es noch nicht viel besser aus. Verstärkungen sind durch die Bank dringend notwendig. War der Kader im letzten Sommer so tief wie noch nie, so ist er gerade so dünn wie noch nie. Viele offene Fragen sind ungeklärt. Anstatt die offenen Kaderfragen (Hinteregger? Kobel? Max?) langsam einzugrenzen, geben wir eher noch Spieler ab (Jonathan Schmid!) und schaffen so neue Lücken. Alle diese Themen auf den letzten Drücker zu klären, wird nicht möglich sein. Deshalb braucht es eine zeitnahe Klärung einiger Personalien. Auch hier fehlen die Ergebnisse, die mich beruhigen würden.
  3. Die taktischen Vorstellungen und Umstellungen von Martin Schmidt setzen voraus, dass wir über die entsprechenden Spieler verfügen, die diese auf dem Feld umsetzen können. Das vergrößert den Handlungsbedarf in diesem Sommer zusätzlich. Wir brauchen gezielt Spieler, die ins System passen und dieses tragen können. Da kann man nicht immer warten, dass einem solche in den Schoß fallen. Für einige sportlich passende Spieler muss man evtl. gezielt mehr ausgeben, um die sportliche Entwicklung insgesamt zu beschleunigen. Bisher ist von solchen Transfers nichts zu sehen.

Und so sehr ich davon überzeugt bin, dass im Hintergrund fieberhaft gearbeitet wird, so würde es mich in dieser Transferperiode nicht beunruhigen, wenn dann doch zeitnah Vollzug bei einigen Personalien gemeldet würde. Es ist doch eher so, dass im Kader so viel Bewegung zu erwarten ist, dass diese Phasen ohne Vollzugsmeldung mich kirre machen.

Dazu kommt, dass wir gerade erst einen neuen Kaderplaner vorgestellt haben, der hoffentlich keine Eingewöhnungszeit braucht. Was macht er anders und wie sieht sein Plan aus? Keiner weiß es genau. Ist er der richtige für all diese Themen? Die Transferbilanz war in den letzten Perioden nicht überzeugend. Zeit, dass sich etwas tut. Abzuwarten fällt mir persönlich schwer und ich fiebere auf die nächsten Meldungen hin. Aber noch habe ich Hoffnung, dass uns Stefan Reuter aus dieser Zwickmühle hinaus manövriert.

Auf der Suche nach dem Kader für die neue Saison

Zwei Spiele stehen in der Bundesliga in dieser Saison noch an. Spannung ist für Augsburger Fans nicht mehr zu erwarten. Der Klassenerhalt ist gesichert und die Gedanken richten sich schon in Richtung der neuen Saison. Viel Arbeit liegt vor den Verantwortlichen. Die Aufgaben sind vor allem für Timon Pauls und Stefan Reuter mannigfaltig und ausgiebig. Aber bevor wir vielleicht in den nächsten Tagen und Wochen den Blick auf einzelnen Positionen richten, geht es heute darum, diese Aufgaben insgesamt in den Blick zu nehmen. Ihr werdet schnell erkennen, warum ich vermute, dass die Herren momentan sehr gut beschäftigt sind.

Auslaufende Verträge

Es gab lange nicht mehr so viele Spieler beim FC Augsburg, bei denen zum Saisonende die Verträge ausgelaufen sind. Mit Dong-Won Ji hat der erste Spieler seinen Abschied nach der Saison auch schon verkündet. Er wechselt zum FSV Mainz 05. Dies ist aus zwei Gründen schade: 1. Sportlich ist Ji offensiv variabel einsetzbar und war sich auch nie zu schade, überall einzuspringen. Gerade in Zeiten vieler Verletzter war er immer zur Stelle. Dies wird uns in der neuen Saison fehlen. 2. Wenn Spieler nach ihrem Vertragsende wechseln, geschieht das ablösefrei. Der FCA ist ein Verein, der darauf angewiesen ist Ablösen zu erzielen. Dies sollte daher die Ausnahme bleiben, außer Spieler stehen aus Altersgründen schon kurz vor dem Karriereende.

In dieser Transferperiode laufen auch bei Ja-Cheol Koo und Kostas Stafylidis die Verträge aus. Für Stafylidis stand vor zwei Jahren eine zweistellige Millionenablöse im Raum. Koo ist sportlich genauso variabel wie Ji und beide würden sportliche Lücken reißen, ohne dass der FCA einen monetären Gegenwert erhalten würde. Weitere Abgänge wären tragisch und sollten vermieden werden. Anders ist die Lage bei Christoph Janker und Jan-Inger Callsen-Bracker. Sportlich kamen beide nicht mehr zum Zug. Weitere Vertragsverlängerungen an dieser Stelle wären aus meiner Sicht unnötig.

Verträge, die in 2020 auslaufen

Um genau nicht in die Situation auslaufender Verträge zu kommen, ist es wichtig bei den Spielern, bei denen die Verträge in 2020 auslaufen, Zukunftsentscheidungen zu treffen. Prominentester Spieler dieser Gruppe ist Alfred Finnbogason. Finnbogason schien nach der WM im letzten Jahr gefragt zu sein. Nun war er diese Saison wieder sehr oft verletzt und konnte der Mannschaft nur selten helfen. Eine Ablöse bekämen wir zudem nur noch dieses Jahr, falls er seinen Vertrag in Augsburg nicht verlängern will. Eine knifflige Kiste.

Jonathan Schmids Vertrag läuft auch 2020 aus. Er war in dieser Saison der einzig konstant verfügbare Rechtsverteidiger im Kader. Es schmerzt, dass der Club mit Raphael Framberger nicht planen sollte. Der Körper macht ihm aber doch immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Umso wichtiger wäre es Jonathan Schmid nach dieser Saison dauerhaft zu binden und Konstanz auf dieser Position zu schaffen. Da es dazu auch noch einer Alternative Bedarf steht auf einem anderen Blatt.

Die Charakterfrage

Aus Martin Schmidts Aussagen auf den Pressekonferenzen lässt sich ableiten, dass er die sportlichen Profile der Spieler genau definiert hat, die er für sein fußballerisches System für die nächste Saison sucht. Diese wird er auch an Timon Pauls und Stefan Reuter kommuniziert haben. Jeder sportliche Aspekt tritt allerdings dann in den Hintergrund, wenn ein Spieler charakterlich nicht nach Augsburg passt. In der Vergangenheit hatten wir großartige Spielertypen wie Tobias Werner, Paul Verhaegh oder auch Marwin Hitz, die in aller Ruhe ihren Job gemacht und Augsburg gemocht haben. Profis, für die der Fußball und die Mannschaft im Mittelpunkt stand.

Nach der letzten Saison, in der Urlaube verlängert, Kritik am Trainer und System des öfteren öffentlich kommuniziert wurde und auch aus der Körpersprache der ein oder andere Aspekt abzulesen war, wird es wieder wichtiger werden, charakterlich gute Typen dazuzuholen. Wir brauchen keine Spieler, die ihre eigenen Befindlichkeiten über die des Vereins stellen. Nachdem wir aus wirtschaftlichen Gründen keine freie Auswahl auf dem Transfermarkt haben, wird gerade dieser Punkt für die Verantwortlichen eine besondere Herausforderung darstellen.

Insgesamt bleibt damit positionsunabhängig viel zu tun. Werden wir am letzten Spieltag durch die ein oder andere Vertragsverlängerung positiv (oder negativ) überrascht? Ich freue mich auf die ersten Verpflichtungen und bin gespannt. Wer hat Bock unseren FCA nach vorne zu bringen und sich selbst dabei weiterzuentwickeln?

Dis wo ich herkomm

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Sonntagabend und ich sitze im Auto zurück nach Frankfurt. Schneegestöber. Der FC Augsburg hat gerade 3:0 gegen Mainz 05 gewonnen, nachdem er über Monate nicht mehr gewinnen konnte. Spielerisch überzeugend. Eindrucksvoll. Großartig.

Wochenlang mussten wir Fans warten, bis wir wieder einen Sieg unserer Mannschaft feiern konnte. Derweil wurde es tabellarisch immer enger. Die Abstände nach unten schrumpften und nur noch ein einziges mageres Pünktchen trennte uns vom Relegationsplatz. Oben schienen sich einige Teams wie der SC Freiburg oder Fortuna Düsseldorf von uns abzusetzen. Die Lage schien langsam hoffnungslos zu werden.

Unruheherde

Während der FC Augsburg in diesen schwierigen Zeiten seinen Wurzeln treu blieb und ruhig weiter arbeitete, brach im Umfeld langsam Unruhe aus. Gründe dafür schien es endlos zu geben. Die erste Halbzeit in Gladbach genau wie der Konflikt mit Martin Hinteregger warf Fragen auf, ob Manuel Baum die Mannschaft weiterhin erreichte. Die Verpflichtung von Jens Lehmann als Co-Trainer interpretierten einige Externe als vorzeitige Ablösung von Manuel Baum. Dazu durfte sich alle Beteiligten über Wochen Fragen zu Caiuby anhören, der mit einer saftigen Geldstrafe und Einzeltraining bestraft wurde. Er verweilte mal wieder privat deutlich länger in Brasilien, als dies notwendig gewesen wäre.

Positive Impulse oder falscher Weg?

Ich habe schon im Laufe der letzten Woche darauf hingewiesen, dass ich alle Entscheidungen als positive Impulse im Abstiegskampf sehen würde. Viele Stimmen um den Verein sahen in den Aktionen eindeutige Hinweise darauf, dass die Verantwortlichen den bewährten Weg des FCA verlassen hätten. Schlussendlich sorgt der Sieg gegen Mainz 05 nun für kurzfristige Ruhe und für positiven Rückenwind vor den Spielen im Pokal gegen Kiel und in Bremen. Insgesamt stellt sich allerdings grundsätzlich die Frage, welche Rolle eine Periode von 10 Spielen im Rahmen der langfristigen Entwicklung des Vereins spielt.

Grundsätzlich positive Entwicklung

Der FC Augsburg konnte zuletzt weiter für positive Nachrichten sorgen, als er langfristig den Sponsorenvertrag mit der wwk verlängerte. Zudem wurden in diesem Zusammenhang weitere Investitionen in die Infrastruktur in Form eines Jugendinternats gesichert. Die Jugendabteilung schafft es immer wieder hoffnungsvolle Talente an die Bundesligamannschaft heranzuführen. Kevin Danso, Raphael Framberger und Marco Richter konnten in dieser Saison alle schon wesentlich ins Spielgeschehen eingreifen. Zudem hat man mit Sergio Cordova, Fredrik Jensen und mittlerweile Gregor Kobel weitere junge Talente in der Hinterhand, auf die man in der Zukunft bauen kann. Leistungsträger wie Jeffrey Gouweleeuw oder Daniel Baier sehen ihre Zukunft vorerst auch beim FCA. Viele Gründe sich vorerst – auch im Falle eines möglichen Abstiegs – keine Sorgen zu machen.

Insgesamt ist der FC Augsburg grundsätzlich wohl eine der stabilsten Organisationen im deutschen Profifußball. Dabei lässt sich der FCA auch nicht von Stimmen von außerhalb irritieren. Bei Caiuby bestand man darauf vor der Kommunikation mit der Öffentlichkeit mit dem Spieler selbst und persönlich sprechen wollte. Bei Martin Hinteregger trennte man sich von einem sportlichen Leistungsträger, der sich nicht mehr mit dem Club in seiner jetzigen Situation identifizierte. Am Trainer zweifelte man in keinster Weise öffentlich und so kann Manuel Baum weiterhin von der großen Rückendeckung sprechen, die er in Augsburg spürt.

Stabilität als Grundeinstellung

Insgesamt wundert es mich in solchen Situationen dann schon, warum überhaupt eine solch große Unruhe im Umfeld des FC Augsburg entstehen kann. Selbst ich habe dazu tendiert, mich über Kleinigkeiten enorm aufzuregen, derweil mir das Phänomen der „Regression zur Mitte“ wohlbekannt ist. Und so braucht nun keiner zu glauben, dass Jens Lehmann den Ausschlag zur Wende des FCA gegeben hat. Vielmehr zahlt sich schlicht die konstante Arbeit aller Beteiligten bis zu diesem Zeitpunkt aus, die nun wieder zu positiven Ergebnissen führt.

Und wenn ich gerade jetzt darüber nachdenke, was ich an meinem Verein am meisten schätze und warum ich gerne sage: „Augsburg, dis is wo ich herkomm“, dann ist das diese Konstanz und Ruhe, mit der gearbeitet wird. Diese Ruhe und Konstanz ist dabei etwas selbstverständliches, für das man sich wahrscheinlich noch nicht einmal bedanken müsste. Ich tue es heute trotzdem gerne, auch wenn die Antwort wahrscheinlich ein knappes „Da nich für“ wäre.

Servus Hinti!

So wütend

Am Anfang der Spielzeit träumte ich wie fast jedes Jahr vom Europapokal. Am Anfang der Woche erkannte ich diesen Verein nicht wieder. Mit Blick auf die vieldiskutierten Themen der Bundesligawoche legte am Sonntag Hannover 96 mit der Vorstellung von Thomas Doll beeindruckend vor. Doch schon am nächsten Tag tauchten die ersten Gerüchte über eine bevorstehende Verpflichtung von Jens Lehmann in Augsburg auf und als am Nachmittag die Bestätigung folgte, sah man vor dem inneren Auge, wie sich Stefan Reuter in Selbstzufriedenheit über diesen Konter aus dem Lehrbuch des Bundesligaboulevards sonnte. Selbst in Hamburg zog man in stiller Anerkennung den Hut.

Welchen Sinn die Verpflichtung des umstrittenen Altstars als Co-Trainer haben soll, mag sich dem gemeinen Fußballfreund auf den ersten Blick nicht so recht erschließen. Natürlich verfällt man in der gegenwärtigen Situation und mit Blick auf die beteiligten Akteure fast zwangsläufig in die gewohnten Mechanismen reflexhafter Kritik. Doch auch wenn sicherlich jedem ungeachtet von Klischee und Vorurteil eine faire Chance zugestanden werden muss, so bestehen doch berechtigte Zweifel, ob ein Jens Lehmann zu einem Verein wie dem FC Augsburg passt. Ungeachtet der ihm zugedachten Rolle als gut bezahlter Gesprächspartner für den Cheftrainer. Die Diva und der bodenständige Provinzverein?

Es sagt viel über die gegenwärtige Situation aus, dass das Medieninteresse am FCA zuletzt so groß war, als Liverpool mit Jürgen Klopp im Europapokal in Augsburg gastierte. Und dabei soll keinesfalls das oftmals rezitierte Klischee des etwas biederen aber durchweg sympathischen Familienvereins bemüht werden.

Ein Spiel, zwei Sichtweisen

Das andere Klischee dieser Tage ist mit einem Klapphandy verbunden. Ein kritischer Spieler wie Martin Hinteregger ist sicherlich nicht das reine Gegenbild zum stromlinienförmigen Mainstreamprofi. Aber es war sichtlich angenehm, einen Spieler zu sehen, der nicht immer fehlerfrei aber mit großem Herz, Leidenschaft und Sympathie spielte und argumentierte. Sein erstes Bundesligaspiel unter Manuel Baum entschied er noch mit dem Tor des Tages für den FCA. Das vermutlich letzte Spiel beendete er mit einer veritablen Grätsche am Mikrofon des Bayerischen Rundfunks.

Seine Kritik im Nachklang des Spiels mag man zu Recht kontrovers diskutieren. Es mag keine kluge Entscheidung gewesen sein, den Trainer in den Medien derart bloß zu stellen. Wobei die Wortwahl doch darauf hindeutet, dass dies weder in Inhalt noch Form in dieser Weise intendiert war. Aber er hatte Recht und dies mit jedem Wort. Das Spiel war eine Zumutung und die gewählte Taktik erwies sich schon nach den ersten Spielminuten als völlig falsch. Der über ein Jahr andauernde Leistungsabfall tritt mittlerweile überdeutlich zu Tage, was bislang nur durch einige gute Spiele kaschiert wurde, die zwar kaum Punkte aber Anerkennung brachten.

Man kann hier auch die Frage aufwerfen, ob die spielerische Entwicklung dem Trainer oder den besseren Spielern zu verdanken war. Normalerweise ist dies ein Wechselspiel, aber derzeit nimmt sich ein Faktor aus der Gleichung. Zuletzt wirkte Baum unsicher und vor allem auch – und das wiegt weit schlimmer – agierte er entgegen anderslautender Bekundungen ohne die notwendige Selbstkritik.

Da stand nun ein Hinteregger, der wie üblich kein Blatt vor den Mund nahm, während der Trainer sich in größter Erregung gemeinsam mit dem Manager über die Schiedsrichter echauffierte. Und dies in einer Wortwahl, die mindestens ebenso unangebracht war wie die Brandrede des Österreichers.  Innenverteidiger wie auch Trainer waren nach dem Spiel sichtlich aufgebracht. Wie übrigens auch der gemeine Fan, der es mit dem FCA hielt und die vorangehenden 90 Minuten in Gefühlszuständen zwischen peinlich berührt und  konsterniert ertragen musste.

Was eben nicht nur den Spielern anzulasten ist, denn dieselbe Mannschaft war schon gegen ein ebenso famos aufspielendes Gladbach zu anderen Leistungen fähig. Aber was nun blieb war ein Cheftrainer, der in der Pressekonferenz das zu Unrecht gegebene Tor in den Mittelpunkt rückte und allen Ernstes fabulierte, dass man mindestens das Unentschieden wenn nicht gar ein Sieg dank Kontertor verdient gewesen wäre. Nun war die Szenerie vollends nicht mehr ernst zu nehmen. Und es zeigt nicht nur die Empfindlichkeit der Führungsriege in der derzeitigen Situation, sondern vor allem auch eine bedenkliche Fehleinschätzung derselben.

Der neue Augsburger Stil

Das skurrile in dieser Situation ist nun, dass Reuter im Prinzip nun nichts anderes getan hat als Hinteregger. Durch die Verpflichtung von Lehmann hat er den Cheftrainer demontiert und ihm letztlich das Vertrauen entzogen.  Der Clou ist dabei, dass er dies im Gegensatz zum Österreicher tat, ohne selbst das Gesicht zu verlieren. Man könnte fast den Hut ziehen vor diesem feinen Tackling.

Doch was bleibt ist das desolate Bild eines Vereins und seiner handelnden Personen, der zumindest im Boulevard abseits des Platzes wohl leider endgültig in der Bundesliga angekommen ist. Es gab immer wieder große und kleine Aufreger in Augsburg, die mal mehr oder minder souverän gelöst wurden. Und man hat auch gut daran getan, in den Krisen der letzten Jahre an den Trainern festzuhalten. Doch in der gegenwärtigen Situation wirken alle Beteiligten ratlos und lächeln über diese Ratlosigkeit hinweg. Selten hat sich ein Führungsteam mit wirklich jeder zu treffenden Entscheidung derart kolossal vertan. Man hätte die Situation ruhig und besonnen lösen können. Doch hieran hatte man kein Interesse. Es wirkt, als sei dies der neue Stil des FCA.

Und so zauberte man mit Jens Lehmann eine Überraschung aus dem Hut samt der üblichen abgedroschenen Phrasen vom Top-Profi, der für Siegermentalität und Einsatz stehe. Auf der Pressekonferenz betonte der Manager auch auf Nachfrage, dass er nicht den Eindruck gehabt habe, dass Martin Hinteregger noch bedingungslos hinter der Idee Augsburg stehen würde. Und auch da ist dem Innenverteidiger zu folgen. Denn diese Idee Augsburg ist nicht mehr die Idee, die den Verein über Jahre hinweg begleitet und ausgezeichnet hat. Es ist die selbstgefällige Idee einer Führungsetage, die das Augenmaß und das Gespür für den Verein verloren hat.

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