Der coolste Club des Landes

Dies ist der zweite Teil einer dreiteiligen Beitragsreihe, über die Entwicklung des FCA abseits des Platzes und die Wünsche und Visionen, die der Autor hiermit aus persönlicher Sicht verbindet. Im ersten Teil wurde gezeigt, wie die Kurve den Verein in 2020 überflügelte.

Viel ist in 2020 passiert. Auch einiges, was mir persönlich nicht gefallen hat. Schwamm drüber. Wenn ich an den FC Augsburg denke, dann träume ich. Sehe so viele Möglichkeiten. Auch in 2021. Und würde gerne meinen größten Traum an dieser Stelle mit euch teilen.

Dieser Traum hat ein paar Basiskomponenten. Stefan Reuter arbeitet weiter ordentlich am Kader und mit Heiko Herrlich haben wir einen Trainer, der zumindest die Klasse hält. Wirtschaftlich macht Michael Ströll weiter seine Hausaufgaben und wir übernehmen uns nicht. Soweit so gut, so langweilig. Bis dahin könnten wir die grauste Maus der Liga sein.

Wo geht es in 2021 strukturell hin? Wir haben ein paar Ideen. (Foto: Christian Kolbert via Imago)

Dennoch sehe ich für unseren FCA das Potential sich in 2021 zum coolsten Club der Liga aufzuschwingen. Das wird an ein paar Stellen Mut erfordern. Ist aber möglich, weil die Konkurrenz sich nun nicht mit Ruhm bekleckert. Im Gegensatz zum Kampf um die deutsche Meisterschaft, besteht eine realistische Chance, dass der FCA sich riesige Sympathien in ganz Deutschland erarbeitet. Wolfsburg und Leverkusen werden als Werksmannschaften nie große Sympathien auf sich vereinigen. Auch vor Hoffenheim und Leipzig braucht man keine Angst zu haben. Die Bayern und auch der BVB sind sportlich in andere Sphären entschwebt und polarisieren zu stark. Bei diesen Clubs hätte man nun auch keine Konkurrenz für den FCA vermutet. Union Berlin war lange an der Spitze, bevor man sich beim Thema Zuschauer während der Corona-Krise viele Sympathien verspielte. Genau wie Union Berlin hat der SC Freiburg sich in die Mitte des Fußball-Establishments verabschiedet. DFB-Präsident Fritz Keller mit seinem Freiburger Hintergrund ist auch nur ein weiterer DFB-Funktionär. Sowohl Freiburg als auch Union haben die Verteilung der TV-Gelder nicht öffentlich in Frage gestellt. Derweil Mainz 05 kurz vor dem Jahreswechsel im Chaos versank (dabei natürlich aber noch nicht an Schalke 04 oder Hertha BSC heran reicht). Und auch beim VfB Stuttgart passiert viel abseits des Platzes.

Die Konkurrenz um den Titel coolster Verein ist damit gar nicht so groß. Es bleibt ein kleines Grüppchen Vereine übrig, die sich um diesen Titel der größten Mehrheitsfähigkeit balgen. Neben uns nehme ich die Frankfurter Eintracht und Borussia Mönchengladbach als Clubs wahr, die zumindest keine Abneigung in mir hervorrufen. Ein überschaubares Grüppchen, aus dem man sich abheben müsste. Aber wie könnte man das schaffen?

Investoren geben Anteile an Verein zurück

In Augsburg halten Investoren 99% der Kapitalgesellschaft. Der Verkauf von Anteilen ist eine übliche Praxis. Eine Rückführung von Anteilen bzw. ein Plan für die Rückführung von Anteilen von Investoren an einen e.V. wäre ein Novum. Ich kann mich an keine geplante Aktion in diesem Zusammenhang erinnern. Nun kann man sich fragen: Warum würden Investoren so etwas tun? Ich kann mir hier auch keine Ad-hoc „alles auf einmal“-Aktion vorstellen. Aber der Plan, sich öffentlich dazu zu bekennen, eine Rückführung von Anteilen für sinnvoll zu halten und diese schrittweise umsetzen zu wollen inkl. einem sanften Einstieg, würde dem FCA bundesweite Aufmerksamkeit bescheren. Und den Wert aller Anteile steigern. Wertsteigerung durch Eigentumsübertragung. Ein Win-Win oder ein strukturelles 6-Punkte-Spiel.

Fans ziehen in den Aufsichtsrat ein

Auch dies ist ein Thema, bei dem aus meiner Sicht niemand verlieren kann. Es geht mal wieder um den Aufsichtsrat der KGaA. Dort sind im Moment nur Investoren vertreten, obwohl der e.V. strukturell 50+1 durchsetzen müsste. Offensichtlich hätte die Verantwortlichen der KGaA Einfluss darauf, welche Vereinsvertreter sich am Ende im Aufsichtsrat wiederfinden würden. Wie viel Kontrollfunktion übernimmt das Gremium in der Realität wirklich? Sich hier von Investorenseite weiter zu verweigern, ist schlicht unsympathisch. Durch kleine Anpassungen könnte auch hier viel gewonnen werden.

FC Augsburg etabliert breites Bündnis „Augsburg hält zusammen“

Einige Vereine haben mittlerweile Corporate Social Responsibility Abteilungen. Werder Bremen ist hier weit vorne dabei. Wenn die Corona-Krise uns etwas gezeigt hat, dann das es breitere Bündnisse braucht. Unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg einzelner Beteiligter. Und anstatt nun ein große CSR-Abteilung aufzubauen, könnte der FCA sein Engagement in ein unabhängiges Bündnis z.B. in Stiftungsform einbringen. Unter diesem organisatorischen Dach könnten die Anstrengungen des Vereins, der Fans, die durch die UBT sehr viele Aktionen auf die Beine gestellt haben, verstetigt und unterstützt werden. Gerade die Aktionen des UBT sind aus meiner Sicht das Größte, was 2020 im Umfeld des FCA passiert ist. Werdet dort Mitglied, kauft T-Shirts, packt Päckchen oder spendet Geld. Hier ist so, so viel geleistet werden. Man stelle sich vor, es ginge einfach noch viel mehr.

Lass es uns anpacken, Michael Ströll (Foto: Christian Kolbert via Imago)

Schlussendlich würde ich behaupten, dass die Fanszene des FC Augsburg schon riesiges leistet. Der FCA ist aufgefordert strukturell und nachhaltig nachzuziehen. Mehr Mitbestimmung zu ermöglichen und den Kommerz auch mal Kommerz sein zu lassen. Dieser Club könnte der coolste des Landes sein. Und es widerspricht sich nicht, dass dies auch wirtschaftlich für den FCA positiv wäre. Der FCA könnte mehr Fans und Sponsoren anziehen. In diesem Sinne: Augsburg hält hoffentlich noch mehr zusammen in 2021!

Abseits des Platzes: Die Funktion des Klaus Hofmann

Wie der FC Augsburg tickt und funktioniert und wie er rechtlich aufgestellt ist, sind zwei unterschiedliche paar Schuhe. Noch unter Walther Seinsch war es so, dass alle wesentlichen sportlichen Entscheidungen (z.B. Spielerverpflichtungen) einhellig von ihm, dem jeweiligen Manager und Trainer als Dreigestirn getroffen wurden. Unter Klaus Hofmann ist nicht mehr ganz so klar, wie sehr er sich in diese Prozesse einbringt, allerdings ist er wohl in die Geschäfte des FC Augsburg tief involviert. Gerade erst jetzt hat Robert Götz in der Augsburger Allgemeinen festgehalten, dass Klaus Hofmann „als Chef des FC Augsburg grünes Licht für die Beurlaubung von Trainer Dirk Schuster (gab)„. Mir stellt sich die Frage. in welcher Funktion er das tut?

Klaus Hofmann ist Präsident des FC Augsburg e.V. der – über eine Beteiligungsgesellschaft – Anteile an der FC Augsburg 1907 GmbH & Co.KGaA hält und die Mehrheit der Stimmrechte halten muss, auf Grund der Regelungen, die als „50+1“ bekannt sind. Klaus Hofmann ist zusätzlich Geschäftsführer der Hofmann Investoren GmbH, deren Zusammensetzung Robert Götz in der Augsburger Allgemeinen ausführlich beleuchtet hat. Nun hält der FC Augsburg e.V. 50.000 Anteile während Klaus Hofmann über die Investoren GmbH über 8,2 Millionen Anteile verfügt. Wenn er nun in die Geschäfte der KGaA eingreift, für wen tut er das dann? Auf der Vereinswebsite wird er als Vorstandsvorsitzender ausgewiesen, explizit unter der KGaA (siehe Adresse oben):

Übersicht von der FCA Webseite

Eine Position bei der FC Augsburg 1907 GmbH & Co.KGaA ist für mich nicht ersichtlich. Der Profispielbetrieb sollte im Verantwortungsbereich der Geschäftsführer dieser Gesellschaft liegen, die wiederum von deren Aufsichtsrat kontrolliert wird.

Offiziell wird die FC Augsburg KGaA von den drei Geschäftsführern Michael Ströll, Peter Bircks und Stefan Reuter geführt. Diese Geschäftsführer müssen sich gegenüber einem vierköpfigen Aufsichtsrat verantworten. Die Besetzung des Aufsichtsrats am Ende der letzten Saison zeigt eine deutliche Verschiebung im Machtgebilde des FCA. Walther Seinsch hatte den Aufsichtsrat mit langjährigen Fans des FC Augsburg besetzt, die nun im Zuge der Umstrukturierung Platz gemacht haben. Was bei vielen dieser Personen im Vordergrund ihres Engagements stand, war der Club selbst. Verein darf man an dieser Stelle ja schon gar nicht mehr schreiben, da es sich um den Aufsichtsrat der KGaA handelt. Das es dabei in der Welt des Fußballs immer wieder zu Vermischungen kommt, und Aufsichtsräte Funktionen übernehmen, die über eine reine Kontrollfunktion hinausgehen, ist nichts neues. Clemens Tönnies ist in dieser Hinsicht auf Schalke wohl ein besonders abschreckendes Beispiel. Aber auch in Augsburg wird von den Aufsichtsräten mehr als nur eine reine Kontrollaufgabe erwartet. Der Verein formulierte dies in der entsprechenden Presseerklärung wie folgt:

Durch diese Neubesetzung ist es unter anderem das Ziel, den FCA im Bereich der Auslandsvermarktung breiter aufzustellen und das Netzwerk der Unternehmer und Finanzexperten für den Klub zu nutzen.

Der prominenteste Name in der Riege der neuen Aufsichtsratmitglieder ist dabei wohl Marcus Höfl, der seit Jahren Manager von Franz Beckenbauer ist. Franz Beckenbauer steht dabei wie kein anderer im deutschen Fußball für zweifelhaftes Verhalten rund um die WM 2006. Wenn Marcus Höfl ein riesiger FCA Fan sein sollte, so ist mir dies bisher entgangen. In einer der Kurven dieser Republik habe zumindest ich ihn nicht getroffen. Mir persönlich wäre allerdings wichtig, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats sich hauptsächlich durch ein nachhaltiges Interesse an unserem Club auszeichnen. Bei ihrer Kontrollfunktion sollten sie genau diesen Club im Blick haben und nicht ihre persönlichen wirtschaftlichen Interessen. Wenn kritische Situationen anstehen sollten, dann interessiert mich weniger die Auslandsvermarktung in Asien, als das die Aufsichtsratsmitglieder ihre Kontrollfunktion gewissenhaft übernehmen.

Wenn man sich nun die aktuelle Besetzung des Aufsichtsrats anschaut und feststellt, dass hier nur noch Vertreter der Investoren GmbH einen Sitz haben, dann stellt sich doch direkt die Frage, wie der FC Augsburg e.V. die Umsetzung von Entscheidungen im Sinne seiner Stimmmehrheit bei der KGaA sicherstellt. Eine offizielle Kontrollfunktion ist durch mangelnde Vereinsvertreter im Aufsichtsrat nicht mehr gegeben. Das mit Peter Bircks ein Aufsichtsrat des e.V. Geschäftsführer bei der KGaA ist, verschärft die Interessenskonflikte nur weiter.

Was sind die Schlussfolgerungen aus den vorherigen Ausführungen? Die 50+1 Regel verbietet es Kapitalanlegern die Mehrheit der Stimmrechte zu übernehmen. Wenn der Kapitalanleger sich allerdings parallel nun zum Präsidenten des Vereins wählen lässt, dann sollten wir uns alle eingestehen, dass 50+1 dadurch ausgehöhlt wird. 50+1 ist somit in Augsburg schon seit dem Einstieg von Walther Seinsch tot. Dies sind mittlerweile 16 Jahre. Der einzige Unterschied ist in diesem Zusammenhang, dass Klaus Hofmann zumindest für den gemeinen Augsburger sympathischer daherkommt als Dietmar Hopp oder Martin Kind. Seitdem haben wir in Augsburg Erfolg und trotzdem mahne ich die Strukturen an. Warum?

Ich bin kein blinder Vertreter der 50+1 Regel. Allerdings geht es mir darum sicherzustellen, dass Strukturen personenunabhängig funktionieren. Momentan sind die Gesellschafter im Aufsichtsrat der KGaA ruhig und lassen die Beteiligten arbeiten. Momentan wirkt Klaus Hofmann zudem wie der Präsident der nächsten 20 Jahre. Aber – seien wir ehrlich – wir haben alle schon Traumehen scheitern und Rosenkriege ausbrechen sehen. Im Fall des Investorenkonstrukts beim FCA ist zudem viel Geld im Spiel. Wenn in dieser Hinsicht etwas passieren sollte, dann mache ich mir unter den momentanen Gegebenheiten Sorgen. Der FC Augsburg e.V. könnte seinen (investorenunabhängigen) Einfluss bei der KGaA von heute auf morgen verlieren. Ich bin Mitglied beim FCA. Mir macht das Sorgen. Ich würde gerne im Aufsichtsrat der KGaA eine Zusammensetzung nach den Stimmrechten sehen, d.h. dass Vereinsvertreter die Mehrheit im Gremium haben und zusätzlich den Vorsitzenden stellen. Mit Vereinsvertretern meine ich Personen, die nicht über ein Investment anderweitig am FCA beteiligt sein dürfen. Einen obligatorischen Fanvertreter würde ich mir in diesem Zusammenhang wünschen. In diesem Zusammenhang wäre dann auch zu klären, welchen Einfluss der Präsident des FC Augsburg e.V. auf die Geschäfte der KGaA hat.

Darüber hinaus sollten wir vereinsseitig überlegen, wie es uns möglich ist, zukünftig Anteile an der FC Augsburg 1907 GmbH & Co.KGaA zurückzukaufen. Hier sollten wir unseren Präsidenten damit beauftragen, in unserem Interesse ein Modell zu erarbeiten, um langfristig wieder selbst einen höheren Kapitalanteil zu übernehmen. Um an zukünftigen Kapitalerhöhungen relevant zu partizipieren, wäre dies essentiell.

Im Zusammenhang mit der Jahreshauptversammlung vor kurzem wurde vor allem über die glorreichen Geschäftszahlen berichtet (Umsatz! Gewinn!). Es sollte mittlerweile klar geworden sein, dass der FC Augsburg insgesamt kein Start-Up mehr ist. Wir sind ein gewachsener Mittelständler und sollten unsere Strukturen auch im Bereich der Unternehmensführung und -kontrolle an diese Gegebenheiten anpassen. Wenn sich der FCA mit einer veränderten Aufsichtsratsbesetzung eine Art Think Tank schafft, dann könnte dies sogar zu zusätzlichen Verbesserungen in der Zukunft führen. Einem prominenten Platz für die gesammelten Faninteressen sollte doch auch der Präsident der Kurve nicht ablehnend gegenüber stehen. Ich bin gespannt, was sich in dieser Hinsicht in der Zukunft tut, denn Klaus Hofmann hat in der Jahreshauptversammlung auch für sich selbst die Latte hochgelegt:

Wer keine Lust mehr hat, zu lernen und besser zu werden, hat keinen Platz mehr beim FC Augsburg.

Und uns allen sollte daran gelegen sein, dass der FCA in der ersten Liga kein vorübergehender Teilnehmer wird und wieder in der Niederungen von Fußballdeutschland verschwindet, wie dies schon vielen anderen Vereinen vorher passiert ist. Dafür denke ich dann auch gerne über die ferne Zukunft nach. Wer sich ein Erbe schafft, der sollte frühzeitig sicherstellen, dass es auch bewahrt wird.

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