Besser


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Der Start in die Rückrunde gleicht dem in die Hinrunde recht genau, wenn man sich nur die Ergebnisse des FC Augsburg anschaut. Erst verlor man gegen Freiburg und dann gewann man gegen Leverkusen. Und jetzt also die Wiederholung. Aber nicht nur der zweite Sieg gegen den vormaligen Angstgegner Bayer 04 Leverkusen führt zu intensivem Augenreiben. Der FCA ist im Vergleich zur Hinrunde kaum wiederzuerkennen. Und das liegt noch nicht mal nur an den vielen Neuzugängen, die noch nicht alle eine Rolle gespielt haben. Ich will nachfolgend einen Blick auf die Gründe werfen

Auf dem Platz

Die Mannschaft hat unter Enno Maaßen im Verlauf der Zeit sichtbar besser Fußball spielen gelernt. Auch wenn, wie gegen Freiburg deutlich zu sehen, die individuellen Fehler nie ganz abgestellt werden können, ist doch eine klare Handschrift zu erkennen. Gegen Freiburg war man lange auf Augenhöhe gegen ein Top-Team der Liga. Wo man in der Hinrunde in der zweiten Halbzeit auseinander brach, war man nah dran am Ausgleich. Gut, am Ende fängt man sich noch eins, aber was soll’s. Die Mannschaft wirkt dazu wie eine Einheit in der jeder seine Rolle annimmt.

Gegen Leverkusen blieb man bei deutlich mehr Ballbesitz geduldig, erarbeitete sich Standards und gewann auf diese Weise. Abgezockt. Die Abgezocktheit fehlt Mergim Berisha in manchen Situationen noch, die sportliche Qualität des Stürmers sticht allerdings momentan hervor. Torbeteiligung um Torbeteiligung machen ihn in dieser Phase zum wichtigsten Augsburger Feldspieler getreu dem Motto: Keine Tore, keine Punkte.

Mit seinen Toren ein Punktegarant: Mergim Berisha. (Photo by Adam Pretty/Getty Images)

Transfers

Mit Niederlechner und Gruezo hat man in der Winterpause zwei Stammspieler aus der Hinrunde abgegeben. Bei beiden war nicht klar, wie der Ersatz einschlagen würde. Neben Ersatz hat man aber bewusst in die junge Breite investiert und so eine Basis geschaffen, damit Enno Maaßen bei seinem energieintensiven Spiel auch genügend Wechselalternativen hat. Wer aus dem Stand alle sieben Neuzugänge aufzählen kann, der ist zu bewundern. Zusatzpunkte gibt es für die passenden Rückennummern. Wenn nun noch der ein oder andere wieder gesundet (Iago oder Reece Oxford) bzw. zu Form findet (Niklas Dorsch), dann hat der Trainer auf einmal die Qual der Wahl.

Neben der Breite hat sich – überraschenderweise – auch direkt etwas in der Spitze des Kaders getan. Man of the Match war am Samstag Arne Engels. Der FCA wurde zum Schnäppchenpreis in Belgien fündig und hat – Stand jetzt – ein Juwel aufgetan. Der Trainer vertraut dem Jungen und dieser zahlt es ihm mit Zinsen zurück. Mit solchen Transfertreffern wird alles leichter. Stefan Reuter kann sich beim Lesen ein Grinsen nicht verkneifen.

Mut

Mit dem Selbstvertrauen kehrt dann doch der Mut ein und man zeigt sich lernfähig. Hatte Enno Maaßen gegen RB Leipzig noch gekniffen und Aaron Zehnter in der Schlussphase nicht eingewechselt, war es nun gegen Leverkusen so weit. Wieder war eine knappe Führung zu verteidigen, wieder brauchte es links schlicht eine Alternative. Aaron durfte ran und der FCA hielt die Führung. Mut hat uns in dieser Saison schon immer weiter gebracht (gerade die mutige Umstellung vor dem Spiel in Bremen). Es sollte eine Maaßensche Routine werden: Im Zweifel, sei mutig.

Mutig in die Zweikämpfe und weiter intensiv in der Spielführung, dann bleibt dieses Team auch erfolgreich. (Photo by Adam Pretty/Getty Images)

Das wird es nun auch vereinfachen, Rückschläge besser zu verarbeiten. Denn die werden weiterhin kommen. Die Mannschaft ist weiterhin dabei sich zu entwickeln. Der Weg bis hierhin macht allerdings viel Mut.

Euphorie

Schlussendlich ist der FCA momentan ein Team, gegen das sich jeder Gegner Punkte hart erarbeiten muss. Sportlich wissen die Jungs, was sie zu tun haben und können die ambitionierten Pläne ihres Trainers umsetzen. Es macht Spaß den einzelnen Akteuren zuzuschauen, wie sie sich reinhauen und zudem den ein oder anderen sehr gepflegten Ball spielen.

Vielleicht habe ich sie ausgeblendet, die vorherigen euphorisierten Phasen. Für mich persönlich fühlt es sich seit langem an, als ob wir uns wieder in die richtige Richtung bewegen. Der sportliche Stillstand ist dank Maaßen und veränderter Kaderpolitik aufgebrochen. Der FCA gewinnt seine Anziehung zurück. Ich fiebere wieder mehr mit. Und der nächste Gradmesser steht schon bevor. Ich war auch das letzte Mal auswärts in Mainz dabei. Spätestens am Samstag wird dann vielleicht auch der Letzte erkennen, dass diese Mannschaft nicht nur besser geworden, sondern auch, wie gut sie schon ist.

Furchteinflößend

Wenn zuletzt vom FCA geredet wurde, dann war außerhalb von Augsburg schon mal zu hören, dass die Art und Weise des FC Augsburg Fußball zu spielen, Teil der Halloween Berichterstattung werden sollte. Und guten Morgen, da sind wir. Happy Halloween!

Max-Jacob Ost, Moderator des Fußballpodcasts Rasenfunk und von uns höchst geschätzter Fußballjournalist, stellte in diesem Zusammenhang auf Twitter fest: „Enttäuschend, dass Augsburg wieder Augsburg ist.“ Die Aussage liegt auch darin begründet, dass der FC Augsburg nicht wie dies von Fußballästheten immer wieder gefordert wird, versucht Spiele über den Ballbesitz zu kontrollieren. Man hat es sogar aufgegeben, an vielen Stellen den Ball überhaupt zum eigenen Mann zu spielen. Und verursacht beim Gegner schon mal Schmerzen, wenn man ihn dann wieder haben will.

Dies wird deutlich von relevanten Statistiken belegt. Unter 60% Passquote sprechen hier in manchen Partien eine sehr deutliche Sprache. Dazu kommen recht viele gelbe Karten. Gegen Wolfsburg waren es, wenn man die Verwarnung für Stefan Reuter nicht mit einrechnet, fünf an der Zahl. Und nicht ohne Grund fehlten gegen Köln mit Gouweleeuw und Bauer zwei Innenverteidiger nach ihrer jeweils fünften gelben Karte. Und fehlen jetzt Gruezo und Rexhbecaj am nächsten Wochenende. Und fehlte Iago nach gelb-roter Karte gegen Stuttgart. Nur wenige Spiele nachdem Mergim Berisha auf Grund eines Platzverweises aussetzen musste. Und trotzdem hatte der FCA vor der Partie gegen den FC aus Köln in vier Partien nicht verloren und in Summe über vier Spiele 10 Punkte geholt. Sportlich geht das Konzept auf, auch wenn der FCA in den letzten Partien nicht mehr ganz so viele Punkte einfahren konnte. Gegen Leipzig und Stuttgart hätte man gut und gerne 4 Punkte aus 2 Partien holen können. Wenn wir bei Halloween bleiben wollen: Es ist kein Trick. Für den Gegner gibt es viel Saures.

Gegenpressing und Offensivpressing

4/10 Bällen gehen zum Gegner, und das ist auch so gewollt. Warum? Erstens: Um Tore zu schießen, muss man sich in der Nähe des gegnerischen Tors aufhalten. Der Ball auch. Wer den aber erstmal hat, ist nicht allzu bedeutend. Er soll nur in der Nähe des gegnerischen Tors bleiben. Dann kommt als Zweites ein von Enno Maaßen verbessertes Konzept: er hat der Mannschaft ein Gegenpressing-System vermittelt, das es dem FCA erlaubt nach Ballgewinn des Gegners den Ball schnell zurückzuerobern. Vereinfacht gesagt ist der Plan, dem Gegner den Ball in möglichst schwieriger Position zu überlassen, sollte man ihn offensiv nicht selbst halten können und dann möglichst geballt hinterherzujagen.

Wuchtig und einsatzstark in der ersten Reihe. Pressing-Garanten. (Photo by Selim Sudheimer/Getty Images)

Aber auch dann, wenn der Gegner nach Ballgewinn länger eigenen Ballbesitz hat, bekommt er keine Verschnaufpausen. Maaßens Team ist dazu übergegangen, deutlich offensiver zu pressen und den Gegner früher unter Druck zu setzen. Hatte man dies in den Vorjahren auch unter Markus Weinzierl und Vorgängern schon mal gesehen, ist der entscheidende Unterschied nun, dass das Team in der Lage ist, dies nun fast konstant durchzuziehen (am Spielende gehen dann schon mal die Körner aus). Und der Gegner bekommt so im Spielaufbau kaum einfache Momente und muss auch für einfache Eröffnungen hart arbeiten. Stuttgart fand sich in manchen Phasen des Spiels im und rund um den eigenen 16er gefangen. Gruselig.

Konsequenz und Konzentration

Einerseits sind bei diesem Konzept die Offensivspieler gefordert. Sie sind es, die immer und immer wieder konsequent und konzentriert anlaufen und Druck machen müssen. Auch wenn es vielleicht nicht zum schnellen Erfolg führt. Mit dem Wissen, was es dem Gegner abverlangt, das Pressing wieder und immer wieder auszuspielen und sich zu befreien. Und lasst uns ehrlich sein: die Offensiven haben in der letzten Phase einen tollen Job gemacht und sich hier in der ersten Reihe richtig reingeworfen.

Das Konzept erfordert allerdings auch an anderen Stellen eine besondere Konsequenz. Einerseits ist die gesamte Mannschaft gefordert aufzurücken und die Räume eng zu machen, so dass hinter der ersten Pressinglinie keine großen Zwischenräume entstehen. Hier sind gerade die zentralen Mittelfeldspieler gefordert, die teilweise sehr große Räume abdecken und schnell schließen müssen und hier immer wieder mannbezogen verteidigen. Der Druck lastet dann allerdings auf der hintersten Reihe. Diese steht hoch und wenn der Gegner seine Angreifer mit vertikalen Bällen in die Räume schickt muss die letzte Reihe mit Schnelligkeit und Absolutheit verteidigen. Und im Zweifel eine gelbe Karte in Kauf nehmen. Bis jetzt ist es an dieser Stelle in der Viererkette immer bei gelb geblieben (Iagos gelb-rot hatte andere Ursachen) und die Mannschaft hat die Anzahlt der Gegentore pro Spiel seit Saisonbeginn zwischenzeitlich deutlich verringern können.

Konsequenter Einsatz (Photo by Selim Sudheimer/Getty Images)

Antizipation

Der Fußball in der Bundesliga wird jede Woche rauf und runter analysiert. Die Trainer erkennen, was beim Gegner gut funktioniert und was eher nicht. Und vom FCA weiß momentan jeder, dass das Team unangenehmer zu spielen ist, als die meisten anderen Clubs in der Bundesliga. Es zermürbt Gegner sichtlich. Es ist eine Freude, wenn sie sich aufregen und die Art und Weise sie auf die Palme bringt. Es bringt mich zum Grinsen. Wenn der gegnerische Trainer motzt, dann weiß ich, dass wir sie am Wickel haben.

Es ist eine große Leistung von Enno Maaßen, dass er aus dem Kader eine Mannschaft geformt hat, die sich aufreibt und diese Einsatzbereitschaft auf dem Platz zeigt. Mittlerweile weiß die Mannschaft, dass sie gegnerische Teams mit dieser Spielweise durchrütteln kann. Und dieses Wissen und Selbstvertrauen wird in sich selbst zu etwas wertvollem. Nun muss es Enno Maaßen nur noch hinbekommen, dass das Team abgeklärter und aufgeräumter als der Gegner reagiert, wenn hitzige Situationen entstehen. Denn diese entstehen immer wieder. Wenn das Team und besonders einzelne Spieler dann cool bleiben können, wird es in den nächsten Spielen noch gruseliger für die Gegner. Auch wenn Halloween dann schon wieder vorbei ist. Ho, ho, ho.

Spielerisch nicht in Topform

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Es ist doch misslich. Nach der Niederlage in Dortmund ist man auf der einen Seite nicht überaus frustriert. 2:1 gegen ein Team verloren, das einen Kader mit dem vielfachen Wert unseres Teams hat. Das abliefern muss, um oben dran zu bleiben. Wir haben uns verbessert gezeigt im Vergleich zur Partie gegen Freiburg. Weniger unkonzentriert. Spielerisch mit besseren Ansätzen auch in Richtung gegnerisches Tor. Mit Gelegenheiten für mehr als einen Treffer.

Zur zweiten Länderspielpause fällt das Urteil über den FC Augsburg in der Saison 2021/22 dennoch bisher ernüchternd aus. 5 Punkte stehen zu Buche. In sieben Partien schlug es 13 mal hinter Rafal Gikiewicz ein. 3 mal konnte der FCA selbst treffen. Während ersteres zumindest nicht komplett desaströs ist, bedeutet zweiteres das Tabellenende. Kein Club hat bisher weniger Tore erzielen können als der FCA. Mit Platz 15 ist man dann zu diesem Zeitpunkt noch gut bedient.

Nicht zu 100% da

Auch am Samstag nahm das Unheil in der Verteidigung des FC Augsburg seinen Lauf. Gerade Kapitän Jeffrey Gouweleeuw verursachte den Elfmeter, der zum frühen Rückstand führte. Der FCA kam dann zwar wieder in die Partie und konnte ausgleichen. Nicht lang nach der Halbzeit war es dann Rafal Gikiewicz, der den Brandtschen Fernschuss nicht parieren konnte. Muss er vielleicht nicht. Der Gike der letzten Saison hätte uns an der Stelle den Punkt vielleicht länger festgehalten. Am Samstag eben nicht.

Im Strafraum volles Risiko und auch ein bisschen mehr (Photo by Lars Baron/Getty Images)

Neben den Momentaufnahmen von Samstag fällt schnell auf, dass das Team manchmal geschlossen neben sich steht. Gegen Freiburg hat man sich in der ersten Halbzeit schlicht auseinandernehmen lassen. In den ersten Heimspielen ließ man in der Endphase der Partien noch Gegentore zu.

Offensiv harmlos

Dazu kommt offensive Harmlosigkeit. Selbst, wenn man defensiv ordentlich steht, geht nach vorne zu wenig. Statistischer Tabellenführer in Bezug auf Torschüsse ist zu diesem Zeitpunkt der Saison der FC Bayern München mit 128 Torschüssen. Schon auf Platz 3 folgt der FC Köln mit 108 Torschüssen. Wir hängen am Tabellenende mit 58 Versuchen. Wer nicht schießt, der nicht trifft, oder so. Einzig in einer torrelevanten Kategorie führen wir im momentan das Feld an: bei den Eigentoren (2).

Und so saß ich am Samstag vor dem Fernseher und habe in der Endphase der Partie auf den späten Ausgleich gehofft. Die Hoffnung hatte wenig Begründung außerhalb meiner fußballfan-begründeten Naivität und dem Glauben an den Lucky Punch. In der Realität auf dem Rasen gab es reihenweise Verstolperer und schlecht gespielte Pässe anstatt gefährlich vorgetragener Angriffe. Selbst bei nicht aussichtsloser Lage reichte das am Ende zu keinem Punkt mehr.

Wenig intensiv

Dabei ist die Spielweise des Teams manchmal nicht intensiv genug. Es werden die notwendigen Wege nicht gemacht. Der FCA sticht mit niedriger Passquote und geringen Ballbesitzwerten heraus. Dennoch rangiert man bei der Laufleistung nur im unteren Mittelfeld der Tabelle. Der FCA absolvierte laut kicker 788,82 km. Bielefeld lief im gleichen Zeitraum 831,65km, der FC Köln 823,32 km. Der FCA läuft eben hinterher, oder eben noch nicht mal.

An die eigenen Grenzen gestoßen. Jetzt dann mal so richtig durchstarten? (Photo by Andreas Schaad/Getty Images)

Dies zeigt auch die Anzahl der gewonnenen Zweikämpfe. Hier liegen wir mit 644 auf dem vorletzten Platz. Man darf an dieser Stelle einmal feststellen, dass das Team von Markus Weinzierl deutlich mehr Defensiv- als Offensivzweikämpfe führen muss. Und hier kommen wir im Ablaufen der langen Liste von Problemen vielleicht zur Ursache des meisten Übels.

Wohin mit dem Ball?

Über die Intensität heraus, besticht die Mannschaft damit, dass sie – genau wie unter Heiko Herrlich auch – mit dem Ball zu wenig anzufangen weiß. Die Ballbesitzquote von 41 % bedeutet -genau – den letzten Platz.

Das Problem liegt aus meiner Sicht am meisten im Spiel mit dem Ball. Die Entlastungsperioden sind zu kurz. Die Pässe nicht genau genug. Gerade einmal 74,7 % der Pässe erreichen ihr Ziel. Auch das ist statistisch schon wieder der letzte Platz.

Gerade im Spiel mit dem Ball sollte Weinzierl für Besserung sorgen. Auch schon unter Martin Schmidt lag das Problem in einem zu großen Fokus auf dem schnellen Gegenstoß ohne längere Ballbesitzphasen kreieren zu können. Heiko Herrlich schaffte keine Abhilfe. Unter Weinzierl sind es die Schmidtschen Probleme, die wieder auftauchen.

Noch gibt es Hoffnung

Und wie schon unter seinen Vorgängern bin ich auch jetzt wieder unter Markus Weinzierl als Fan etwas ratlos. Erneut fällt die Mannschaft immer wieder auseinander. Erneut gewinnt sie zu wenig Zweikämpfe und läuft ungewohnterweise zu wenig.

Weinzierls Kommandos müssen jetzt dann auch zu den richtigen Aktionen führen. (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Was macht Hoffnung? Weinzierl hat es in seiner ersten Amtszeit geschafft, über einstudierte offensive Abläufe zu Sicherheit zu kommen. Kernpunkt sind aus meiner Sicht die Umschaltmomente ins Ballbesitzspiel und das Gegenpressing der Gegner. Hier gilt es kühlen Kopf und den Ball auch mal in den eigenen Reihen zu bewahren. Auch zur Hoffnung beitragen kann an dieser Stelle, dass sich der Kern der Mannschaft – das zentrale Mittelfeld – noch nicht gefunden hat. Am Samstag konnte Dorsch nicht spielen. Dafür zeigte Arne Maier, warum in der FCA geholt hat. In diesem wichtigen Mannschaftsteil wäre zeitnah Stabilität gefragt.

Und so warten wir eine weitere Länderspielpause darauf, dass die Puzzlesteine an ihren Platz fallen und sich diese Mannschaft findet. Der abklingenden Weinzierlschen Honeymoon-Phase täte dies nur allzu gut. Meinem Fanherz dazu.

More Risk, more Fun

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Gibt es etwas besseres, als ins Wochenende zu starten und der FCA hat schon gewonnen? Wohl kaum. Lange sah es in der Begegnung gegen Borussia Mönchengladbach nicht danach aus als könnten wir irgendetwas mitnehmen. Die Partie gegen Hertha BSC ging in der Vorwoche schon sang- und klanglos verloren. Genau wie schon in der Vorrunde. Und auch wenn es diesmal vom Ergebnis nicht ähnlich deutlich war, so könnte man auf kaum frustrierende Art und Weise verlieren. Als Fan des FC Augsburg wird man mit Blick auf die spielerische Entwicklung gerade auf eine arge Geduldsprobe gestellt. Aber gerade gegen Gladbach hat man gut gesehen, wie es sich auszahlen kann, mal etwas mehr Risiko einzugehen (solange der Gegner seine Chancen nicht nutzt).

No Risk, no Fun. (Foto: Andreas Gora via Imago)

Bei aller Bescheidenheit

Das Engelchen auf der einen Schulter will mich beruhigen. Es flüstert: „die Punkteausbeute ist doch ok“ oder „aus den letzten 4 Partien haben wir 7 Punkte geholt und nur eine Partie verloren“ oder „wirtschaftlich können wir noch immer keine Bäume ausreißen“ oder „als Fan darf man nicht immer sportliche Höchstleistungen erwarten“. Das Teufelchen auf der anderen Schulter übernimmt trotzdem das Kommando. Ja, wir stehen nicht am Abgrund, aber der Abstand zu den Abstiegsrängen ist trügerisch. Gegen Mainz haben wir uns glücklich zu einem 1:0 Sieg gewurschtelt. Insgesamt haben wir durch individuelle Fehler der Gegner sowieso gerade mehr Glück als Verstand. Stindl verschoss für Gladbach einen der vielen Elfmeter, die wir gerade verursachen. Das gleicht nicht die sportliche Mutlosigkeit aus, die wir insgesamt seit Wochen und Monaten fast immer ausstrahlen.

Keine Wechsel in der Aufstellung?

Vor einer Woche gegen Hertha hat es mir schon gereicht, als ich die Aufstellung gesehen habe. Keine Wechsel? Keinen einzigen? Gegen Hertha dachte Heiko Herrlich also, dass die gleiche 11 die besten Siegchancen hat wie gegen Mainz 05. Keine Anpassung auf Grund des taktischen Konzepts und der Spielweise des Gegners? Ich habe vor kurzem einen längeren Vortrag von Thomas Tuchel gesehen, in dem er erklärte, wie er als Trainer von Mainz 05 immer erschrak, weil er so viele Wechsel in seiner Startelf vornahm, obwohl die Mannschaft in der Vorwoche gewonnen hatte. „Never change a winning team“ kann der FC Bayern abziehen. Wir müssen uns auf den Gegner einstellen und unsere Mannschaft anpassen. Oder einfach denken, dass wir erneut die 11 auf den Platz stellen, die den Bus am geschicktesten vor dem Tor parken kann. Gegen Gladbach musste Heiko Herrlich teilweise notgedrungen wechseln. Aber auch Marco Richter bekam mal wieder eine Chance von Anfang an. Geht doch möchte man im Nachhinein laut schreien.

Ein Wechsel in der Startaufstellung der sich auszahlte: Marco Richter bejubelt seinen Führungstreffer (Foto: Bernd Feil/M.i.S./Pool via Imago)

Der Game Plan: Der Bus parkt

Dazu haben wir genau einen „Game Plan“. Auch unter Heiko Herrlich wollen wir uns hinten rein stellen und dann im Ballbesitz über lange Bälle umschalten. Wer erkennt den Unterschied zur Zeit unter Martin Schmidt? Musste Schmidt gehen, weil sich unser Spiel nicht weiterentwickelt hat? Oh…

In der Partie gegen Hertha und auch in der ersten Hälfte gegen Gladbach konnte man zudem gut erkennen, wie das dazu führt, dass man von einem Gegner komplett eingeschnürt und erdrückt wird. Hertha hatte ein deutliches Chancenplus und hätte die Partie auch deutlicher gewinnen können. Gladbach hatte auch ein großes Chancenplus, konnte aber schlicht zu wenig aus den Gelegenheiten machen. Giki und dem Glück sei dank (Auf Twitter kam die Frage auf, ob Giki der Transfer der Saison wäre – in der gesamten Bundesliga. Was wären wir momentan ohne diesen Keeper?) Das Zuschauen hat erneut mal wieder zu großen Teilen keinen Spaß gemacht. Der Tickerer von OneFootball hatte es nach 18 Minuten gegen Gladbach so ausgedrückt: „Augsburg setzt überhaupt keinen Stich. Zu langsam, zu spät, zu zahm. Das kann nicht Sinn der Sache sein.“

Wo war Ruben Vargas in den letzten Partien? Nur Heiko Herrlich weiß es. (Foto: Bernd Feil/M.i.S./Pool via Imago)

Ein Jahr Herrlich und kein Mut

Und so lässt sich nach einem Jahr mit Heiko Herrlich als Trainer feststellen, dass dieser Trainer auf der Risiko-Skala den absoluten Gegenpol zu Julian Nagelsmann darstellt. In Situationen in denen Nagelsmann – der Trainer in der Bundesliga mit dem größten Hang zum Risiko – das Risiko wählt, entscheidet sich Heiko Herrlich dazu, lieber nochmal auf Nummer sicher zu gehen. Nagelsmann hatte selbst auf einem Trainerkongress erklärt, wie er seine Aufstellung wählt. Gegen Gegner, die er als gleichwertig und schlechter einschätzt, wählt er die offensivere Aufstellungsvariante. Heiko Herrlichs Ansicht dazu ließ sich gegen Mainz 05 und Hertha BSC gut beobachten. Vargas, Richter, Gregortisch und Bazee hätten sich den Weg schon fast sparen können. Gegen Gladbach war es nun keine offensive Offenbarung Niederlechner auf die Bank zu setzen und Richter spielen zu lassen. Zumindest sah es in der ersten Halbzeit schon wieder nach Debakel aus.

Das Glück ist mit den Mutigen

Gerade gegen Hertha, mit den besten Voraussetzungen nach dem frühen Tor, hätte der FCA sich mehr zutrauen müssen. Sich nicht nur passiv hingeben sollen. Und es war nun bei weitem nicht das erste Mal. Wo um Himmels Willen ist hier eine sportliche Entwicklung unter Heiko Herrlich zu erkennen? Und wie will er es langfristig in Augsburg schaffen, ohne jemals bewusst ein Risiko eingehen zu wollen? Gegen Gladbach kam in der zweiten Halbzeit vielleicht so etwas wie eine erste Antwort. Vargas für Bénes war ein Anfang und Vargas sorgte per Kopf auch für die Führung. In den nächsten Partien ist die Zeit gekommen, Änderungen direkt von Anfang an vorzunehmen und mehr Mut an den Tag zu legen. Oder sich weiter der Hilflosigkeit zu ergeben. Es darf sich dann aber keiner beschweren, es hätte keine Warnungen gegeben. Die Partie gegen Gladbach sollte zeigen, wie weit uns ein bisschen Mut diese Saison noch tragen kann. Wenn man keine Alpträume auf Grund der Gelegenheiten der Gladbacher bekommt.

Zu viel taktisches Klein-Klein, zu wenig Augsburger Grundwerte?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

4:0 zu Hause gegen Hoffenheim verloren. Abgewatscht. Das ganze Spiel über quasi keine Chance gehabt, die Partie für sich zu entscheiden. Fast schon wie letzte Woche in Nürnberg. In Nürnberg kann man mal verlieren, wie auch gegen Hoffenheim. Haben wir auch schon vor dieser Saison gemacht und wird vielleicht auch wieder passieren. Der Club ist ein Traditionsverein mit einer langen Geschichte in der ersten Bundesliga. Wir sind – wenn auch in der Bundesliga mittlerweile etabliert- weiterhin im strukturellen Aufbau. Das Hoffenheim-Spiel kam nach der Pokal-Enttäuschung. Aber Ausreden wird es immer geben. Ich bin ihrer so überdrüssig.

Die Nerven liegen blank

Dieses Jahr waren in Nürnberg vielleicht sogar leicht favorisiert, und mussten uns den Nürnbergern trotzdem 3:0 geschlagen geben. Hoffenheim spielt prinzipiell sehr wechselhaft. Nicht bei uns. Zwei herbe Rückschläge im Abstiegskampf. Zwei von vielen in den letzten Jahren. Normalerweise nichts, was den Augsburger zum Ausrasten bringt. Nach dem Nürnberg-Spiel durfte man trotzdem für Augsburger Verhältnisse seltene Szenen beobachten. Kapitän Daniel Baier lieferte sich hitzige Diskussionen mit den Fans in der Kurve und schmiss am Ende die Binde zu Boden. Die Nerven lagen blank auf beiden Seiten.

Berechtiger Unmut der Fans

Dabei ist der Unmut des Augsburger Publikums mittlerweile nachvollziehbar (Ton und genaue Aussagen in Richtung einiger Spieler möchte ich damit nicht verteidigen). Immer wieder auswärts und mittlerweile auch mehrmals zu Hause geht der Mannschaft nicht nur die richtige Taktik ab sondern auch Augsburger Grundwerte, die unsere Erfolge über die letzten Jahre gesichert haben. In Stuttgart, in Bremen, in Freiburg und auch gegen Nürnberg ließ die Mannschaft vor allem Kampf und Leidenschaft vermissen. So wirkte es zumindest. Die Spieler stehen auf dem Platz und bekommen als erstes die Kritik ab. Es war ganz klar zu erkennen, dass auf diese Art und Weise die Spiele nicht zu gewinnen sind. Einmal ist keinmal. Von diesen Spielen gab es mittlerweile doch einige zu viel.

Augsburger Grundwerte sind nicht zu erkennen

Entsprechend stellt sich die Frage, warum die Mannschaft es nicht schafft, diese Werte immer auf den Platz zu bringen. Ist Manuel Baum hier der Trainer, der diese Werte dauerhaft vermitteln kann? Es scheint zumindest auf Grund der wankelmütigen Leistungen in dieser Saison fragwürdig. Zu denken gegeben hat mir ein Interview mit seinem Trainerkollegen Steffen Baumgart vom SC Paderborn. Dieser hat bewusst verzichtet, spielerische Konzepte zu erklären und betont, dass der Fokus auf den Grundwerten liegen muss.

Nein! Fußball ist zu allererst Laufen, Kämpfen, Leidenschaft. Ich sehe Mannschaften, da können Spieler sieben verschiedene Positionen bekleiden, aber am Ende stehen sie trotzdem alle hinten drin. Weil das Wesentliche fehlt.

Steffen Baumgart, Trainer des SC Paderborn im Interview mit 11Freunde

Fokus auf taktischer Vorbereitung

In Augsburg wird immer wieder über das „gute Gefühl“ gesprochen, mit dem man in die Partie am Wochenende gehen will. Es werden spielerische Schwachstellen des Gegners gesucht und die Spieler auf diese vorbereitet. Man verliert sich im Klein-Klein der Taktik und hofft durch die Vorbereitung die strukturellen Mängel im Team bzw. zwischen Team und Trainerstab zu überdecken (Dass Daniel Baier bei seiner Auswechslung Manuel Baum nicht die Hand gegeben hat, obwohl dieser diese angeboten hat, ist sicher nicht nur mir aufgefallen). Ich habe schon des öfteren betont, dass mir dabei die Wut im Bauch manchmal fehlt. Mittlerweile fehlt mir auch das Umgehen mit Rückständen und die psychologische Arbeit im Zusammenhang mit der Einstellung der Mannschaft hinsichtlich unserer Grundwerte. Was passiert in diesem Zusammenhang?

Das komplizierte sportliche Grundkonzept

Im Erfolgsfall kann man Interviews geben wie Sandro Schwarz, Trainer von Mainz 05, vor kurzem gegenüber Spox, in dem er die Arbeit am spielerischen Grundkonzept und entsprechenden Grundlagen betont hat. Im Abstiegskampf kommt es auf die Basis an. In Augsburg wird es Zeit, dass bestimmte Grundwerte wieder selbstverständlich werden. Da brauchen wir gerade nicht über Taktik und Spielideen sprechen, wenn jegliche Umsetzung scheitert. Vielleicht sind die taktischen Anweisungen zu mannigfaltig und viel geworden und das System müsste mal wieder um einige Komplexitäten reduziert werden. Gerade in der Anfangsphase gegen Hoffenheim hat man gesehen, wie es aussieht, wenn ein Team nicht eingespielt ist. In der heißen Phase des Saisonendspurts.

Kein einfaches weiter so

Gerade in diesem Zusammenhang muss Manuel Baum die Mannschaft wieder in die Spur bringen. Sein sportliches Konzept wird denn auch nur zum Tragen kommen, wenn die Spieler überhaupt in der Lage sind es umsetzen zu können. Im Moment ist nicht zu erkennen, wo Automatismen greifen. Spieler wirken eher so, als ob sie von den Anforderungen überfordert wären. Genau mit dem gleichen Problem hatte Baum auch schon im Schlussspurt seiner ersten Saison in Augsburg gekämpft. Seitdem ging kaum etwas voran. Entsprechend wird den Verantwortlichen des FC Augsburg kaum etwas anderes übrig bleiben, als spätestens in der Sommerpause die Reißleine zu ziehen und auf der Trainerposition eine Änderung herbeizuführen, so schade ich dies persönlich auch fände. Das Augsburger Umfeld bringt immer noch eine große Geduld und Ruhe mit, solange zumindest zu erkennen ist, dass alle Spieler in die gleiche Richtung ziehen. Wenn die Spieler denn wissen, welche Richtung das ist. Es wird schleunigst Zeit, dies in der Schlussphase der Saison in jedem Spiel zu zeigen. Ich hoffe, wir haben einen Plan. Einen, den auch jeder einzelne versteht.

Domenico & Niko & Tayfun & Manuel

Nun ist sie also zu Ende gegangen, die Bundesligasaison 2017/18.
Liest man sich die Prognosen vor der Saison nochmals durch, muss man als Anhänger des FC Augsburg resümieren: Alles war besser als gedacht.
Weder die zu vielen Spieler, noch der Abgang wichtiger Säulen und die bescheinigte mangelhafte Qualität der Zukäufe konnten verhindern, dass der FCA im Mittelmaß angekommen ist und auch kommende Spielzeit noch in München, Dortmund und Schalke auflaufen darf.

Sicherlich, und das wurde an dieser Stelle auch schon oft genug bescheinigt, ist die Arbeit von Stefan Reuter und Manuel Baum nicht groß genug einzuordnen. Und auch nahezu alle eingesetzten Spieler haben teils sehr über ihrem erwartbaren Niveau gespielt. Jedoch muss die Frage gestellt werden, ob der FC Augsburg auch in einer Bundesligasaison so gut abgeliefert hätte, in der das generelle Niveau dann doch besser gewesen wäre, als es in dieser der Fall war.

Denn Fakt ist: Der FC Augsburg war an der Vizemeisterschaft genauso nah dran, wie Schalke an der Meisterschaft (je 21 Punkte). Ist man Werbefachmann beim Pay TV, könnte man dies mit griffigen Sprüchen wie „Die spannenste Liga aller Zeiten!“ umschreiben. Ganz falsch ist das nicht, denn in der Theorie ist für 17 Mannschaften von Platz 2 bis 18 alles drin. Dennoch muss man konsterniert feststellen, dass das Ergebnis vor allem mit der Art, wie in den vergangenen zehn Monaten in Deutschlands Königsklasse Fussball gespielt wurde, zusammenhängt.

Das Umschaltspiel wurde zum allumfassenden Modus Vivendi erhoben. Ballbesitz, Aufbauspiel – ein No Go.
Hingegen wird darauf gebaut, sich an den Gegner anzupassen, flexibel in der Grundformation zu agieren, um schließlich schnell umzuschalten und zu kontern. Meist über die Flügel, mit einem robusten und zugleich agilen Mittelstürmer. Gepaart mit einer gewissen Hoheit über den Luftraum bei Standardsituationen ergibt sich hieraus das Erfolgsrezept der aktuellen Stunde.
Keine Mannschaft perfektionierte diesen Fussball in der Saison 2017/18 so sehr wie Schalke 04 unter Trainer Domenico Tedesco. Mit der Eintracht aus Frankfurt unter Niko Kovac erreichte ein weiteres Team, das sich dieser Philosophie verschrieben hat, das DFB-Pokalfinale. Und mit Tayfun Korkut erlebte der VfB Stuttgart eine von so gut wie allen Experten in Deutschland nicht für möglich gehaltenen Aufschwung, der sie nun nach Europa führt.

Auch Manuel Baums Spielplan sieht die defensive Stabilität als Maxime des Erfolgs vor. Schnelles Umschalten durch Schlüsselspieler wie Khedira, Baier und Gregoritsch und ein flinker Abschluss durch Finnbogason beflügelten uns diese Saison . Es liegt nichts verwerfliches in dieser Art zu spielen, vor allem nicht wenn man wie Augsburg mit seinen wenigen Mitteln gut haushalten muss und in so gut wie jedem Spiel der Außenseiter ist.

Und wenn kommende Saison dann noch punktuell verbessert wird und die anderen Mannschaften weiter nicht offensiv spielen wollen, dann haben wir gute Chancen, dass es tatsächlich auch für uns noch besser werden kann.

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