Die neue Rolle des Christoph Janker

Die Saison läuft mittlerweile. Das Transferfenster ist immer noch offen. Die Offensive läuft noch nicht rund. Vergesst „rund“. Bei Feuer & Flamme wurden zwei offensive Verstärkungen gefordert. Titel der Folge: „Vorne bitte mehr…“ Es ist die Zeit, in der Christoph Janker noch mehr zu tun hat, als während der Saison. Zumindest hoffen wir das gerade alle. Und obwohl er sicher eine lange To Do Liste auf dem Tisch liegen hatte, nahm er sich zweimal Zeit für längere Gespräche. Entspannt beantwortete er die Fragen, die er beantworten wollte. An manchen Stellen, sagt er klar, dass er sich hierzu nicht äußern wird. Sein Kapital ist sein Vertrauensverhältnis mit den Spielern und er will keinen unnötigen Druck erzeugen.

Jankers Position hat sich über den Sommer verändert. Erst war er „nur“ Talentemanager. Nun ist er Leiter der Lizenzspielerabteilung und berichtet direkt an Stefan Reuter. Es scheint, als ob man beim FC Augsburg eine gewisse Eignung bei Janker erkannt hat. Janker hat sich bewiesen und Reuter hat ihn zu sich geholt. Die neue Position kommt nach nicht einmal 1,5 Jahren einer Beförderung gleich. Anstatt sich weiter im Detail mit den Jugendspielern des FCA zu beschäftigen, darf sich Janker nun mit dem Kader der Profis auseinander setzen. Und kann seine sehr guten Einblicke in den Talentpool des Nachwuchsleistungszentrums einbringen.

Jankers persönliches Arbeitsfeld ist deshalb so bedeutend, da Klaus Hofmann großen Wert darauf legt, dass sich in der Zukunft mehr Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in der ersten Elf des FCA wiederfinden und ich als auch viele FCA Fans finden dieses Ziel aus fußballromantischen Gründen sehr unterstützenswert. Dazu ist der FCA – wie viele andere Clubs – darauf angewiesen zumindest ab und an einen ordentlichen Transfererlös einzufahren. Und gerade die Spieler aus der eigenen Jugend sehen ihre Zukunft in letzter Zeit nicht immer beim FCA. Marco Richter ist weg. Kevin Danso auch. Und Danso ist einer der Spieler, der als Leihspieler direkt in den Tätigkeitsbereich von Christoph Janker fiel. Was habe ich aus den Gesprächen mit Janker mitgenommen?

Die Jugend hat weiterhin hohe Priorität

Diese Priorität ist schnell zu erkennen, wenn man nur auf die Entwicklung der Infrastruktur schaut, die Janker anschaulich beschrieb: „An der Donauwörtherstraße entsteht gefühlt bei jeder Vorbeifahrt ein neues Stockwerk. Was hier auch zu nennen ist, sind die Trainingsplätze. Mit einem weiteren neuen Hybridplatz fehlt es im Nachwuchs an nichts mehr.“ Wie auch insgesamt, kennt der FCA auch bei Infrastrukturentscheidungen seinen wirtschaftlichen Handlungsrahmen. Janker stellte diesbezüglich klar: “ Die Bedingungen sind sehr gut. Nach Fertigstellung des Internats haben wir sehr gute Bedingungen für die Förderung von Talenten, die nicht nur aus der Region kommen.“

Das neue Manager-Duo Stefan Reuter und Christoph Janker bei der Trainingsbeobachtung am Walchseee (Foto via Imago)

Die Talente können so also früher und vielleicht auch in größerer Anzahl zum FCA stoßen. Wer sich für sein Kind überlegt, es dem FCA für die fußballerische Ausbildung anzuvertrauen, dem sollte dies Vertrauen geben. Die ersten Ergebnisse sind auch schon zu sehen. „In der Abstellungsperiode im Sommer hatten wir 3 deutsche U-Nationalspieler, 2 kroatische U-Nationalspieler und einen bosnischen U21-Nationalspieler, der noch sehr jung ist, abgestellt. Wir haben jetzt auch Spieler mit Kreativpotential, die offensiv einen Unterschied machen können, in unseren Reihen.“ berichtet Janker von den ersten Erfolgen.

Ein wesentlicher Teil der Entwicklung passiert im Kopf

Für Janker ist damit klar erkennbar, dass der FCA schon jetzt deutlich bessere Talente in der Ausbildung hat, als noch vor einigen Jahren: „Von der Qualität her kann ich die Verbesserung gut einschätzen. Ich habe schon, als ich 2015 nach Augsburg gekommen bin, mit FCA-Jugendspielern trainiert. Aktuell haben wir im NLZ wahrscheinlich mehr Spieler mit mehr Talent.“ Das sollte schon mal jeden Fan positiv auf die Zukunft einstimmen. Janker ist allerdings auch bewusst, dass Talent alleine an vielen Stellen nicht ausreichen wird. „Jetzt müssen wir dieses Talent mit Wille, Mentalität und Biss paaren, damit aus diesen Talenten auch Spieler werden, die uns im Profibereich verstärken. Was diese Mentalität angeht, haben wir mit Frammi da ja auch ein Vorbild, der das vorlebt wie kein anderer.“ erklärte er diesbezüglich.

Es scheint ein Leitsatz zu sein, dass Wille und Einsatz schon im Jugendbereich charakterliche Qualitäten sind, auf die man bewusst achtet. Ich habe in diesem Zusammenhang bewusst nachgefragt, wie hier mit psychologischen Themen und der psychologischen Entwicklung der Spieler umgegangen wird. Hier sieht Janker den FCA sehr gut aufgestellt: „Die psychologische Komponente ist über unseren Sportpsychologen abgedeckt. Das sind Hilfestellungen, die wichtig sind im Alter von 15 bis 20 Jahren. Darüber hinaus muss man die Spieler aber auch selbst in die Pflicht nehmen. Am Ende kann es nur der Spieler selbst schaffen.“

Die Verantwortung liegt bei den Spielern

Und auch wenn man sich im Jugendbereich bei den psychologischen Konzepten etwas von der Konkurrenz abgeschaut und bestimmte Bestandteile von Konzepten nun auch in Augsburg umgesetzt hat, so ist Jankers Rolle doch sehr an die Vertrauensbeziehung mit den Spielern geknüpft. „Die Interessen sind gleichgerichtet. Die Jungs wollen Profis werden und für den FCA in der WWK ARENA auflaufen. Ich lebe hier auch Vertrauen vor und gaukele nichts vor. So hätte ich als Jugendspieler selbst auch nicht behandelt werden wollen.“

Janker ist derweil auch einer, der sich selbst immer weitergebildet hat. Abitur zu Beginn der Profikarriere, Fernstudium BWL mit Schwerpunkt Sportmanagement währenddessen. Dazu die Überzeugung, dass man sich immer weiterentwickelt. Entsprechend formuliert er die Vorstellungen an die Ausbildung der Jugendspieler: „Unser Anspruch im NLZ ist, dass jeder Spieler den höchstmöglichen Schulabschluss macht und auch nach der Schule sich nebenher fortbildet.“ Janker hatte während seiner Profilaufbahn diesbezüglich tolle Vorbilder. Jetzt ist er selbst eins für die nachkommenden Jugendspieler, auch wenn er sie diesbezüglich nicht bevormundet.

Trotzdem ist es wichtig und grundlegend, dass die Spieler ihre abgeschlossenen Verträge respektieren. „Ich habe meine Verträge immer eingehalten, auch wenn die Zeiten manchmal schwierig waren. Das erwarte ich auch von unseren Spielern, weil auch der Verein sich immer an die vertraglichen Zusagen hält“. Janker glaubt an das persönliche Wachstum, auch wenn es mal nicht so gut läuft.

Leihen als Möglichkeit die Perspektive zu verändern

Handwerker sind früher in ihren Gesellenjahren auf Wanderschaft gegangen. Ihr Ziel war es Neues zu sehen, Erfahrungen fernab der Heimat zu sammeln und ihre Perspektive zu wechseln. Einen ähnlichen Zweck erfüllen die Leihen für die Talente des FCA. Einerseits ist es dem FC Augsburg sehr wichtig, den richtigen aufnehmenden Verein für die eigenen Spieler zu identifizieren. „Der Verein muss den Spieler unbedingt wollen. Spielpraxis ist für unsere Jungs elementar wichtig. Das geht ja dann schon früh los, indem wir Perspektiven aufzuzeigen und versuchen einen Verein zu finden. Das hat zum Beispiel bei Lukas Petkov super geklappt. Verl hatte sich intensiv mit ihm beschäftigt und wollte auf dieser Position nur Lukas Petkov haben. Diese Überzeugung braucht es beim aufnehmenden Club, damit eine Leihe für beide Seiten Sinn macht.“

Stefan Reuter und Christoph Janker ist die gute Laune noch nicht abhanden gekommen. (Foto via Imago)

Bzgl. der Leihen hatte Janker in der abgelaufenen Saison nun auch ein gutes Händchen, da viele Spieler bei ihren Clubs zu ordentlich Einsatzzeit gekommen sind. Danso, Malone, Stanic und Götze sind hier zu nennen. Spannend ist derweil, wie sich auch die Sicht auf die eigene Position verändern kann. Maurice Malone kam beim FCA in der Jugend meist als Mittelstürmer zum Einsatz. Bei Wehen Wiesbaden konnte er nun auch auf dem Flügel glänzen. Bei Jozo Stanic sprach ich die große Dichte in der Innenverteidigung beim FCA an und Janker schob direkt ein, dass Stanic in Zwickau vielfach als Rechtsverteidiger eingesetzt wurde. Gerade im Rahmen von Leihen kann es so eben auch passieren, dass sich das Bild des Spielers auf seine eigenen Fähigkeiten und Einsatzmöglichkeiten ändern kann. Und somit auch die Wahrscheinlichkeit, sich im Profifußball durchzusetzen.

Geduld und langfristige Perspektiven

Die Frage ist im Verlauf des Gesprächs dann aus meiner Sicht nicht mehr, ob sich Christoph Jankers Arbeit für den FCA auszahlen wird. Die Frage ist eher: wann? Es können auch in jungen Jahren, wie in der abgelaufenen Saison bei Tim Civeja, Verletzungen geplante Schritte verhindern. Civeja ist zusätzlich gerade noch dabei, die Schule abzuschließen. Und so kommt für ihn eine Leihe in der für diese Saison wohl nicht in Frage, auch wenn sie sportlich vielleicht Sinn ergeben würde. Was für den einen passt, ist vielleicht gerade nichts für den anderen. Dazu sollte man den Jungs die nötige Zeit geben. Was ist schon ein Jahr, wenn man auf eine mögliche Profikarriere mit einer Länge von fünfzehn Jahren vor sich hat?

Mit Christoph Janker haben die Talente nun zumindest einen, der sehr genau ihre Entwicklung und langfristige Perspektive im Auge behält und dem Markus Weinzierl nun schon zum Saisonende wohl gut zugehört hat. Denn als Janker beschrieb, wie sehr sich Lukas Petkov das Bundesligadebüt am letzten Spieltag auf Grund seiner Leistungen verdient hatte, war der Fürsprecher deutlich zu erkennen. Wenn unsere Besten in der Jugend einen solchen Fürsprecher nun regelmäßig vorfinden, der zwar auch mahnt, aber auf der anderen Seite die weitere Entwicklung genau im Blick hat, dann ist den Jungs viel geholfen. Jankers Stelle ist neu geschaffen worden, weil der Verein eine Lücke erkannt und gehandelt hat. Sein Einfluss wird nun nach seiner Beförderung nicht kleiner werden.

Es ist auch deshalb super-spannend Jankers Arbeit zu verfolgen und sich mit ihm auszutauschen, gerade auch weil Janker selbst gerne dazulernt. Offen ist für neue Perspektiven. Aus jedem Gespräch etwas mitnehmen will. Und es für seine Arbeit als nicht unbedingt als notwendig ansieht, selbst im Mittelpunkt zu stehen, auch wenn er es als Profispieler gelernt hat, mit den Medienverpflichtungen umzugehen, die zu seinem Job auch weiterhin gehören. Im Rahmen der Verpflichtung von Lasse Günther habe ich aus dem Münchner Umfeld vernommen, dass man den FCA recht deutlich als die Nummer 2 im Jugendbereich in Bayern wahrnimmt. Auf diesem Niveau kann man sich mit den getroffenen Entscheidungen hoffentlich stabilisieren.

Nicht mehr lange, und dies wird uns deutlich helfen. Es ist wahrscheinlich nicht jedem FCA-Fan bewusst, wie gut wir in manchen Bereichen mittlerweile geworden sind. Als FCA-Fan nehme ich so zusätzlich eine gewisse Vorfreude aus dem Gespräch mit Christoph Janker mit, auf all die Jugendspieler, die in Zukunft den Sprung schaffen könnten und denen Janker nun – sollte die Leistung überzeugen – den Weg ebnen kann. Gerade wo Stefan Reuter und Kollegen schon immer ein gutes Händchen hatten, so manches Talent korrekt zu erkennen, hat es manchmal am gewissen etwas zum Durchbruch gefehlt. Vielleicht kann Christoph Janker für dieses gewisse etwas sorgen, und so wichtige Impulse für den FCA liefern. Und so frage ich mich am Ende des Tages, was Christoph Janker aus unseren Gesprächen mitgenommen hat. Weil am Ende seiner Entwicklung ist Janker auch nach seinem Karriereende, dem Einstieg beim FCA und der gerade geschehenen Beförderung noch lange nicht. Und seine Entwicklung wird für den FCA vielleicht wichtiger, als es seine sportliche Rolle auf dem Platz jemals war.

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