Rumpelstilzchen

Da lag er nun der Fehdehandschuh, auf den Münchens Karl Heinz Rummenigge am Frankfurter Flughafen trotzig verwies. Angefangen haben natürlich immer die anderen. Angesichts der strengen Schelte des pater familias nach dem geheimen-und-dann-doch-wieder-nicht-so-geheimen Treffens von 15 Erstligisten und dem HSV könnte man meinen, die dezidiert ausgeladenen Vereine aus Augsburg, Stuttgart, Bielefeld und Mainz sowie das Gros der Zweitligisten hätten in ihrem gemaßregelten Positionspapier gefordert, ab kommender Saison bei Spielen gegen die Top 5 mit einem 3 Tore-Vorsprung zu starten oder den FCB in die Erste Liga Katars zu versetzen. Doch mitnichten. Den Bayern und ihren medial wirksam zusammengetrommelten Fanclubs war es schon Affront genug, dass die kleinen Vereine da unten schlicht eine eine gerechtere Verteilung der Fernsehgelder vorgeschlagen haben. How dare you Augsburg?

Rummenigge ohne Maske vor dem Mund. Leider versteht man dann zu viel von dem, was er sagt. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Dass man als Bayerns Vorstand in Fragen des Geldes nicht unbedingt die erste moralische Instanz in diesen Landen ist, war dann aber sogar Kalle bewusst und so bemühte man sich emsig, die Kritik damit zu verknüpfen, dass man sich vor allem eine Einflussnahmen auf das unabhängige und integre DFL Präsidium verbitte. Dass in jenem Präsidium unter anderem auch der stellvertretende Vorstandsvorsitzende und Finanzchef des FCB sitzt, bleibt dabei erstaunlicherweise unberührt. Sind wir nicht alle Bayern? So mag man es zumindest in München sehen und zaubert zum Beweis der eigenen Grandeur sogleich den armen Thomas Hitzlsperger aus dem Hut, dem man am Vortag glücklicherweise noch erklären konnte, wie es so läuft in der Fußballwelt.

Thomas Hitzlsperger hat sich gestern bei mir gemeldet, wir hatten ein gutes Gespräch. Ich habe auch gefragt, warum er dieses Papier unterschrieben hat, weil ich das von einem traditionsreichen Verein wie dem VfB nicht verstanden habe. Es war immer die Stärke der DFL, dass alle 36 Klubs an einem Strang gezogen haben. Und das haben diese 14 Klubs mit dem Versenden dieses Papiers, in dem es nicht nur um mögliche Veränderungen bei der TV-Gelder-Verteilung ging, sondern auch um eine Konditionierung des DFL-Präsidiums, vorgenommen. Das ist nicht das, was wir uns unter Zusammenarbeit vorstellen. Ich habe das Thomas auch so erklärt. Und ich sage mal, dass in der Vergangenheit aus manchem Saulus auch ein Paulus wurde.

K. H. Rummenigge zum Zustand der Welt (Kicker Online)
Thomas Hitzlsperger tut dem VfB Stuttgart anscheinend nicht nur sportlich gut. Er hat zudem klare Standpunkte, die er abseits des Rasens vertritt. (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Bongarts/Getty Images)

Und so erwartet der bayerische Vorstandsvorsitzende noch mehr reumütige Rebellen, die in sein Lager zurück kommen werden. Wobei König Karl-Heinz natürlich ostenativ in endloser Redundanz das „wir“ bemühte. Berauscht von der eigenen Größe und Großmütigkeit: die G15, die selbstredend für weitere Vereine offen stehe. Wenn der FCA sein Zimmer aufgeräumt und sich die Hände gewaschen hat, darf er auch beim Abendessen mit am Tisch sitzen, wenn das Familienoberhaupt den Sonntagsbraten anschneidet.

Glücklicherweise gibt es zu Rummenigges Vorstoß nicht nur Kritik von Seiten der Presse sondern auch von ehemaligen Funktionären wie Augsburgs Ex-Manager Andreas Rettig, dem man in fußballmoralischen Fragen derzeit blind vertrauen kann. Unverständlicher ist es allerdings, dass die geladenen Vereine des Club of 15 dieses offensichtliche Bauerntheater freimütig mitmachen und Karls Deutung unkommentiert stehen lassen. Dabei sprechen wir nicht nur von Freiburg oder Frankfurt, die sich eigentlich gerne den Begriff der „Fußballkultur“ auf die Fahnen schreiben, sondern von allen Vereinen, die auf absehbare Zeit ein Interesse an einem ausgeglicheneren Wettbewerb haben und die Wert auf die Meinung Ihrer Fans und Mitglieder legen.

Auch Andreas Rettig schlägt bei Rummenigges Aussagen nur die Hände über dem Kopf zusammen. (Photo by Cathrin Mueller/Bongarts/Getty Images)

Die Verteilung der Fernsehgelder ist ein zentraler Punkt der Kritik von Zuschauern und Fan-Verbänden und sollte damit auch das zentrale Anliegen der Clubs sein. Aber derzeit sieht wieder nicht danach aus, als wird sich hier viel ändern. Das Ungleichgewicht wäre auf Jahre zementiert und dem allzu geläufigen Bild vom Teufel und dem Haufen entsprechen. Verknüpft wird das gerne mit dem Fingerzeig auf den internationalen Wettbewerb und die internationale Wettbewerbsfähigkeit (ergo: das Geld). Aber das Handeln der Liga darf nicht darauf ausgerichtet sein. Kern und Leitbild muss der Samstagnachmittag um 15:30 Uhr bleiben, alles andere ist nachrangig. Und dabei geht es nicht darum, künstlich den Wettbewerb zu verbessern oder den Bayern Steine an die Schuhe zu binden. Auch mit einer gerechten – sprich gleichen – Verteilung der Fernsehgelder werden die Münchener dank beispiellosem Sponsoring und dem schon angeführten Haufenprinzip auf Jahre hinweg Vorteile haben. So ist das eben in einem sportlichen Welt, die allzu lange rein marktwirtschaftlichen Erwägungen gefolgt ist. Aber es würde die gesamte Bundesliga wesentlich attraktiver machen. Und es ist sicherlich nicht zu erwarten, dass ein neuer Schlüssel die Bundesliga im europäischen Vergleich abwerten würde. Ganz im Gegenteil. Dies könnte, einhergehend mit anderen dringend notwendigen Reformen, wie einer Gehaltsobergrenze für Spielergehälter, dafür sorgen, dass die finanziell vollkommen abgehobene Fußballwelt wieder geerdet wird und ein neuer Wettbewerb einzieht. Und hierfür müssen alle Clubs als Vertreter ihrer Mitglieder mit neuem Verve streiten.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Rummenigge das Bild der Solidargemeinschaft bemüht, die die opportunen Clubs, mit ihrem Positionspapier verlassen hätten. Denn man könnte nach seinem Auftritt eher den Eindruck bekommen, die Solidargemeinschaft bestehe darin, dass die Liga gefälligst für die Bayern zu spielen und zu zahlen habe. Es ist an der Zeit, dass sich die Erste und Zweite Liga eindeutig im Sinne der Fans positionieren und dieses Machtgefüge zum Wohle aller Vereine und der Ligen als solcher in Frage stellen. Dass der FCA hier eine Vorreiterrolle einnimmt ist ein gutes Zeichen. Nun seid solidarisch.

(Die Ulrich-Biesinger-Tribüne hat dem FCA die volle Rückendeckung ausgesprochen. Die Forderung nach einer gerechteren Verteilung der TV Einnahmen war hier schon vorher oftmals geäußert worden.)

Money, Money: „Welche Liga wollen wir?“

„Die DFL füttert ihr fettestes Kind 15 Mal mehr als ihr kleinstes. Für die FAIR-Teilung der TV-Gelder!“ Dieses Banner platzierten die Fans von Union Berlin im Heimspiel gegen Mainz gut sichtbar an der Gegengerade. Sie kritisierten damit die Verteilung der Medienerlöse, für die die Deutsche Fußball-Liga (DFL) verantwortlich ist. Auch wir wollen nun einen Blick auf die Ausschüttung der Fernseheinnahmen werfen und stellen wenig überraschend fest: Es muss sich etwas ändern – Ansonsten schaufelt sich die Bundesliga ihr eigenes Grab.

Das „fetteste Kind“, der FC Bayern, kassiert laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung 113 Millionen Euro an TV-Einnahmen, das „kleinste“, Zweitligaaufsteiger Würzburg, etwas mehr als 7,5 Millionen Euro. Das entspricht ziemlich genau einem Fünfzehntel des Bayern-Anteils. Bei diesen Angaben handelt es sich um die Vermarktung der nationalen und internationalen TV-Gelder. Der FC Bayern generiert knapp 40 Prozent seiner DFL-Medienerlöse (42,3 Millionen Euro) durch internationale Vermarktung.

Der FCA profitiert noch immer von 2015

Der FC Augsburg bekam dem Kicker zufolge vergangene Saison 6,8 Millionen Euro aus diesem Topf. Entscheidendes Kriterium ist hier die Qualifikation für Europa. Weil der FCA in den letzten zehn Jahren international vertreten war, gibt es einen Zuschuss von der DFL. Union Berlin hingegen bekommt lediglich einen Solidaritätsbeitrag von 3,4 Millionen Euro. Alle Zweitligisten zusammen erhalten in Summe 6,5 Millionen Euro. Ein ziemlich kleines Stück des Europa-Kuchens.

Die internationale Ausschüttung ist also ganz klar an die Leistungen in Champions League und Europa League gekoppelt. Daraus resultiert zwangsläufig, dass die besseren Klubs mehr Geld bekommen. Geld, mit dem sie sich eher wieder für das internationale Geschäft qualifizieren.

Auch beim Blick auf die nationale Verteilung ist sofort ersichtlich, dass Top-Teams bevorzugt werden. Wie der Kicker (Ausgabe vom 26. Juli) berichtet, erhält der FC Bayern von der DFL 70,64 Millionen Euro und Bundesligaaufsteiger Arminia Bielefeld mit 29,80 Millionen Euro weniger als die Hälfte davon. Der FC Augsburg rangiert im unteren Bundesligamittelfeld und kassiert demnach 42,87 Millionen Euro.

Wie kommt diese Verteilung zustande?

So werden die nationalen TV-Gelder derzeit verteilt (Foto: Screenshot dfl.de)

Das Konzept der DFL fußt auf vier grundlegenden Säulen. Den größten Teil nimmt der Bestand ein, worunter eine klassische Fünf-Jahres-Wertung zu verstehen ist. Die jüngste Saison wird dabei am höchsten gewichtet. Ähnlich sieht es bei der Nachhaltigkeit aus. Hier werden alle Spielzeiten der letzten 20 Jahre in einen Topf geworfen und gleich gewichtet. In der dritten Säule geht es um die Einsatzminuten von U23-Spielern. Sie hat wie Säule 2 aber nahezu keinen Einfluss auf die Endtabelle. Komplizierter gestaltet sich der Bereich Wettbewerb, der knapp ein Viertel des Gesamtbetrages ausmacht. Dieser Bereich wird grundsätzlich gleich ermittelt wie Säule 1, wendet allerdings einen anderen Verteilungsschlüssel an. Es wird mit einem abweichenden Prozentsatz gearbeitet, sodass etwa die ersten sechs Teams denselben Betrag erhalten. Der FC Bayern kassiert hier also nicht mehr als der Sechstplatzierte. Nichtsdestotrotz thront der Rekordmeister natürlich an der Spitze der TV-Tabelle.

Die TV-Tabelle der 1. und 2. Bundesliga

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Die Verteilung der TV-Gelder laut Kicker. (Foto: Screenshot Kicker e-magazine).

Beim Betrachten der Grafik kann man den Verteilungsschlüssel mit viel Wohlwollen nachvollziehen. Nur allzu gerne spricht die DFL hier von einer gesunden Verhältnismäßigkeit im Vergleich zwischen dem Erst- und Letztplatzierten. Die Unterschiede seien letztlich mit sportlichem Abschneiden begründbar. Aber sind sie das wirklich? Eigentlich möchte man ja meinen, dass es schlicht fair ist, dass die Topteams mehr Geld bekommen. Sie haben es sich durch Leistung ja auch verdient. Das stimmt und ist gleichzeitig zu kurz gedacht.

Denn wenn die Großen der Liga mehr Geld einnehmen, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch in Zukunft oben mitspielen. Folglich kassieren sie wieder mehr Kohle, nur um erneut zu den besten der Liga zu gehören. Ein Teufelskreis, der dazu führt, dass die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander driftet. Das ist schlicht Fakt, wie im Bundesliga-Report der DFL öffentlich nachzulesen ist: Der durchschnittliche Umsatz der sechs umsatzstärksten Bundesligisten ist 200 Millionen Euro höher als der durchschnittliche Umsatz der sechs darauffolgenden Vereine.

Ist das noch fair?

Das Ungleichgewicht betrifft im Übrigen nicht nur die Bundesligisten, sondern zieht sich wie ein Rattenschwanz ins Unterhaus. Der durchschnittliche Umsatz der sechs umsatzschwächsten Bundesligisten ist 30 Millionen Euro höher als der durchschnittliche Umsatz der sechs umsatzstärksten Vereine der 2. Bundesliga. Dass das maßgeblichen Einfluss auf den sportlichen Wettbewerb hat, ist am Beispiel der Relegation eindrucksvoll ersichtlich. Seit Wiedereinführung der Aufstiegsspiele zwischen dem 16. der 1. und dem 3. der 2. Bundesliga im Jahr 2009 hat sich in zwölf Partien neun Mal der Erstligist durchgesetzt. (Im Jahr 2010 scheiterte der FC Augsburg in der Relegation am 1. FC Nürnberg.) Wenn wie vergangene Saison ein Klub fast den siebenfachen Marktwert des Kontrahenten vorzuweisen hat, ist das kaum verwunderlich.

2020 musste sich der FC Heidenheim nur aufgrund der Auswärtstorregel gegen Werder Bremen geschlagen geben. Der Klub, der über 34 Spiele hinweg absoluten Murks auf den Rasen gestolpert hatte, durfte in der Bundesliga bleiben, während der FCH für eine starke Saison nicht belohnt wurde. (Photo by CARMEN JASPERSEN/AFP via Getty Images)

Ungerecht? Na und?!

Ja mei, dann sollen die anderen Klubs halt besser wirtschaften, möchte der gemeine Münchner entgegnen. Wenn man nur auf den eigenen Verein blickt, wirken solche Aussagen nachvollziehbar. Der FC Bayern hat es sich sportlich absolut verdient, die Nummer Eins im Land zu sein, weil er seit Jahrzehnten fantastische Arbeit leistet. Es wäre daher unfair, den FCB die alleinige Verantwortung für das Ungleichgewicht in der Bundesliga aufzuhalsen.

Mittlerweile ist Fußball-Deutschland aber eben an einem Punkt angelangt, an dem der übermächtige Rekordmeister schlicht nicht mehr zu schlagen ist. Selbst ein 9-Punkte-Rückstand scheint kein Problem zu sein für den amtierenden Triple-Sieger. Die Bundesliga avanciert somit immer mehr zur Langweil-Show. Wie etwa in Frankreich ist der Titel quasi schon vor der Saison vergeben. Wenn man sich die beiden letzten Spielzeiten ansieht, kann man fast befürchten, dass dies bald auch für die internationalen Plätze gilt.

Daher muss sich etwas ändern. Die TV-Gelder müssen anders verteilt werden. Eine spannendere, ausgeglichenere Liga kann doch eigentlich nur im Sinne der DFL sein. Und im Sinne des FC Bayern? Sind die Roten überhaupt noch auf die nationale Konkurrenz angewiesen? Der Begriff European Super League geistert seit geraumer Zeit durch die Säbener Straße.

Interessant und erschreckend zugleich ist, dass bei den 113 Millionen Euro Einnahmen des FC Bayern die großzügigen Zuwendungen der UEFA noch gar nicht mitgerechnet sind. Bis zu 135 Millionen Euro (!) erhält der FC Bayern für den Gewinn der Champions League. Derartige millionenschwere Beihilfen sorgen dafür, dass die Größenverhältnisse in den nationalen Ligen zementiert werden. Der Dauerdominanz steht nichts mehr im Wege.

Nicht nur sportlich ein immens wichtiges Tor: Kingsley Comans Siegtreffer im Champions-League-Finale gegen Paris bescherte dem FC Bayern einen Rekordgewinn. Noch nie kassierte eine Mannschaft in der Königsklasse mehr. (Photo by MANU FERNANDEZ/POOL/AFP via Getty Images)

Corona als Brandbeschleuniger

Die Corona-Krise erschütterte ganz Fußball-Deutschland und potenzierte die Probleme in einigen Vereinen gewaltig. 13 der 36 deutschen Profiklubs sollen von einer Insolvenz bedroht gewesen sein, als die Saison im Frühjahr unterbrochen war. Fehlende Zuschauereinnahmen, gesunkene TV-Honorare – zwischenzeitlich sah es wohl ziemlich düster aus für so manche Erst- und Zweitligisten.

Das sagt im Grunde genommen zwei Dinge aus: Erstens, viele Vereine lebten offensichtlich jahrelang über ihren Verhältnissen. Im Januar verkündete die DFL stolz einen Rekordumsatz. Mal wieder. Es war der nächste Rekordumsatz nach zuvor bereits 14 Rekordumsätzen. Finanzielle Liquidität sollte also vorhanden sein. Eigentlich. Es kann nicht sein, dass ein ganzes Fußballunternehmen vor dem Ruin stehen soll, nur weil ein paar Wochen nicht gespielt wird. Es scheint also nicht immer die wirtschaftlich intelligenteste Entscheidung getroffen und der Blick mitunter zusehr auf den kurzfristigen Erfolg geworfen worden zu sein. Das ist am Beispiel FC Schalke 04 auf dramatische Art und Weise ersichtlich.

In Augsburg sorgt Corona derweil ebenso für Kopfzerbrechen. Doch dank vernünftigem Wirtschaften steht Rot-Grün-Weiß auch in Pandemiezeiten auf einem vergleichsweise gesunden Fundament.

Die Corona-Krise traf auch den FC Augsburg. Millionenschwere Transfers der Marke Tomas Koubek waren in diesem Sommer nicht drin. Also lotste Manager Stefan Reuter Rafal Gikiewicz, Tobias Strobl und Daniel Caligiuri ablösefrei an den Lech. (Foto: Martin Meissner / POOL / AFP)

Zweitens, Corona fungiert als eine Art Brandbeschleuniger, der die Schere in der 1. und 2. Bundesliga weiter auseinander gehen lässt. Denn es liegt auf der Hand, dass Vereine wie der FC Bayern oder RB Leipzig besser durch die Krise steuern als kleinere Klubs. Beim Branchenprimus in München konnte trotz Corona der Mega-Transfer Leroy Sané eingetütet werden, Leipzigs Hauptsponsor Red Bull stundete den Sachsen mal eben 100 Millionen Euro an Krediten. Somit wurde aus Schulden urplötzlich Eigenkapital. Herzlichen Glückwunsch!

Klein gegen Groß: Ein ungleiches Duell

Die Spitzenteams der Bundesliga werden in den aktuellen Krisenzeiten nicht zugrunde gehen. Womöglich stehen sie aufgrund ihrer vernünftigen Finanzpolitik sogar besser da als die internationale Konkurrenz aus Barcelona oder Turin. Aber den mittelstarken und kleinen Profiklubs wird es immer schwieriger gemacht, langfristig mit „denen da oben“ mitzuhalten. An dieser Stelle sei ausdrücklich erwähnt, wie stolz es einen FCA-Fan machen darf, dass der eigene Klub immer noch in der Bundesliga dabei ist. Denn beim Blick auf die letzten Jahre fällt auf, dass es Aufsteiger eigentlich überhaupt nicht leicht haben.

Seit der FC Augsburg 2011 in die Beletage aufgestiegen ist, haben sich viele Vereine daran versucht, langfristig in der 1. Liga Fuß zu fassen. Das ist auch einigen Klubs wie Hertha BSC, Eintracht Frankfurt, dem SC Freiburg oder RB Leipzig (bei weitem kein klassischer Emporkömmling) gelungen. Gleichzeitig mussten sich aber viele Vereine nach spätestens zwei Spielzeiten wieder verabschieden: Nürnberg, Fürth, Braunschweig, Ingolstadt, Darmstadt, Düsseldorf, Paderborn. Die Liste ist lang. Folgt nun Union Berlin? Ginge es nach den TV-Einnahmen müsste man diese Frage mit einem klaren Ja beantworten, denn dort rangieren die Eisernen auf einem direkten Abstiegsplatz.

Union Berlin ist 2019 in die Bundesliga aufgestiegen – und konnte sich trotz den zweitwenigsten TV-Einnahmen vergangene Saison im Oberhaus halten. Nur der SC Paderborn kassierte weniger. Können die Köpenicker erneut den Branchengepflogenheiten trotzen? (Foto: Adam Berry/Bongarts/Getty Images)

Wie nun hoffentlich klar geworden ist, geht die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander.

Wie könnte man es nun aber besser machen?

Mitte Oktober wurde bekannt, dass insgesamt 14 Klubs der 1. und 2. Bundesliga auf das DFL-Präsidium zugingen, um für eine ausgewogenere Verteilung der Mediengelder ab der Saison 2021/22 zu plädieren. Neben Mainz, Bielefeld und Stuttgart soll den Vorschlag auch der FC Augsburg unterstützen und ein entsprechendes Papier unterschrieben haben. Es ist stark, dass sich der FCA hier so deutlich positioniert – und das nicht erst seit heute. Bereits im Juni meinte Präsident Klaus Hofmann im FCA-Stadionkurier: „Der Fußball muss sich entscheiden, ob er wieder ein sportlicher Wettbewerb werden will oder einfach nur noch Unterhaltungsindustrie sein möchte. Für Ersteres müssen die Parameter geändert werden.“ Die entsprechenden Klubs haben nun Anstoß für ein Umdenken gegeben – nun liegt es an der DFL, sich Gedanken zu machen.

„Der Fußball muss sich entscheiden…“ Klaus Hofmann sieht die derzeitigen Entwicklungen äußerst kritisch. (Foto: Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images).

Gleiches Geld für alle?

Jan Lehmann, kaufmännischer Vorstand von Mainz 05 forderte im Sommer, die Medienerlöse komplett einheitlich zu verteilen. Gleiches Geld für alle! Im Kicker (Ausgabe vom 26. Juli) stellte er unmissverständlich klar, dass Erfolge eines Klubs „in ganz großen Teilen auf dem eingesetzten Geld“ beruhen. Für Lehmann ist klar: „Die Argumentation Leistungsprinzip ergibt keinen Sinn mehr, weil die Erträge in den UEFA-Wettbewerben enorm gewachsen sind.“

Man kann die Deutsche Fußball-Liga durchaus für die Verteilung der TV-Gelder kritisieren. Angesichts der millionenschweren Beihilfen des europäischen Fußballverbandes sollte die DFL allerdings nicht als alleiniger Sündenbock für das nationale Ungleichgewicht verantwortlich gemacht werden. Im Gegenteil. Die UEFA ließ die Medienerlöse in den letzten Jahren explodieren – höher, schneller, größer, weiter. Wohl auch mit dem Gedanken an eine European Super League versuchte sie, dass die Königsklasse für Topklubs der Marke FC Bayern oder Paris Saint-Germain attraktiv bleibt. Womit wir wieder beim viel zitierten Teufelskreis angelangt sind.

Eine gleiche Verteilung des TV-Gelder könnte diese Entwicklung stoppen, so Lehmann. „Man müsste die Medienerlöse der Bundesliga, national wie international, komplett gleich verteilen und der 2. Liga wieder mehr Geld zur Verfügung stellen. Auch von den Einnahmen aus dem internationalen Wettbewerb sollten die nicht beteiligten Vereine einen Teil erhalten. Das mag bei manchen Klubs als nicht gerecht empfunden werden, die Frage ist nur: Welche Liga wollen wir?“ Die Zeit, um eine Antwort zu finden, drängt. 2021 wird die Verteilung der TV-Gelder neu geregelt.

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